Der letzte Walzer in Paris - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a
am Tatort nicht nachgewiesen werden, ebenso wenig Fingerabdrücke.
Seinerzeit lagen die Ermittlungen bei den Kollegen der 1. und 3. Abteilung der Police Judiciaire«, schloss Claudine ihren Bericht. »Nach dem zweiten Mord wurde eine Sonderkommission gebildet, da die Vermutung nahelag, dass es ein und derselbe Täter sein könnte. Aber die Ermittlungen verliefen im Sand, und die Kommission löste sich Anfang 2007 wieder auf.«
LaBréa hatte aufmerksam zugehört und sich einige Stichpunkte notiert.
»Es sind tatsächlich ähnlich gelagerte Fälle«, stellte er fest. »Griseldis Geminard und Annie Normand
wurden erdrosselt, Leonore Foures erschlagen. Alle Frauen lebten allein. Alle hatten vor ihrem Tod größere Beträge abgehoben, die spurlos verschwunden sind.«
»Die drei hatten ihre Konten bei verschiedenen Banken«, meinte Jean-Marc und wandte sich dann an Franck. »Du musst rauskriegen, wo der Bankkassierer Christian Trichet 2003 und 2006 gearbeitet hat.«
Franck kreuzte die Arme über der Brust.
»Nichts einfacher als das. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er der Täter ist. Die Kollegen damals haben doch die Angestellten der Bank gecheckt, genau wie wir. Da wäre er aufgeflogen.«
»Er kann einen Komplizen gehabt haben«, wandte Jean-Marc ein. »Dem hat er vielleicht einen Tipp gegeben, nachdem die Frauen diese Beträge abgehoben hatten.«
Franck schniefte.
»Der Typ hat eine blütenweiße Weste. Keine Vorstrafen, nichts. Das hab ich vorhin gecheckt.«
LaBréa stand auf und ging zum Fenster. Inzwischen hatte der Himmel seine Schleusen geöffnet, und ein leichter Wind war aufgekommen. Das gelbe Licht der Straßenlaternen auf der Pont St. Michel drang kaum noch durch den Regen, der wie ein dichter Vorhang vom dunklen Grau des Himmels fiel. Nur wenige Autos passierten die Brücke. Kein Wunder, wer wollte bei diesem Wetter auch schon unterwegs sein.
»Wenn wir davon ausgehen, dass wir es in allen drei Fällen mit ein und demselben Täter zu tun haben, müssen wir herausfinden, was die drei Opfer mit dem Täter verbunden haben könnte. In jedem Fall war der Mörder den Frauen bekannt. Dass alle drei von einem Unbekannten beobachtet wurden, als sie das Geld holten, halte ich für unwahrscheinlich. Ich glaube, dass der Mörder die Opfer auf irgendeine Weise dazu bringen konnte, diese Beträge abzuheben.«
»Vielleicht ist er ein Heiratsschwindler«, warf Claudine ein. »Die machen sich doch oft an alleinstehende ältere Frauen heran und ziehen ihnen das Geld aus der Tasche.«
»Aber in den wenigsten Fällen töten sie die Frauen«, gab Jean-Marc zu bedenken. »Wenn sie haben, was sie wollen, verschwinden sie einfach. Denen geht es nur ums Geld.«
»Richtig.« LaBréa ging zurück zum Konferenztisch und nahm wieder Platz. »Ich glaube, hier geht es nicht nur ums Geld. Der Täter hätte ja mit dem Geld untertauchen können. Dass er seine Opfer, und zwar ganz bestimmte Opfer, nicht nur ausraubt, sondern auch tötet, weist auf etwas anderes hin.« Er blickte seine Mitarbeiter an. Franck reagierte als Erster.
»Sie meinen, er hat irgendein Problem mit alten Frauen, Chef?«
»Nicht unbedingt mit alten Frauen, aber vielleicht mit Frauen generell. Hier wird das Motiv zu suchen sein, denke ich.«
»Es kann auch schlicht und einfach Habgier gewesen sein«, sagte Jean-Marc. »Er hat sich bewusst schwache Opfer ausgesucht, alte Menschen, die leichtgläubig und naiv waren und ihm auf den Leim gegangen sind.«
»Aber wie kam er mit ihnen in Kontakt?«
»Die Kollegen haben seinerzeit auch überprüft, ob irgendwelche Handwerker im Haus waren«, bemerkte Claudine. »Die Telefonlisten wurden durchgesehen. Keine verdächtigen Anrufe, nichts.«
LaBréa nickte und atmete tief durch.
»Da wartet eine Menge Arbeit auf uns. Franck, fragen Sie gleich morgen nochmal in der Nachbarschaft der beiden ersten Tatorte herum. Vielleicht ergibt sich irgendetwas, was uns beim jetzigen Fall weiterhilft. Und fordern Sie bei France Telecom die Anruflisten der letzten sechs Monate von Madame Geminars Festnetzanschluss an.«
»Ist schon passiert. Das Material kommt am Montag.«
»Umso besser. Claudine bleibt an der Tochter Augustine dran. Die kann sich ja nicht in Luft aufgelöst haben. Durchforsten Sie deren Biografie. Rollen Sie die Vergangenheit der Frau auf. Wo wurde sie eingeschult, welche Ausbildung durchlief sie, hat sie möglicherweise studiert? Erkundigen Sie sich landesweit bei den Einwohnermeldeämtern. Wo hat sie
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