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Der letzte Werwolf

Der letzte Werwolf

Titel: Der letzte Werwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
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muss es tun, auch wenn die Götter tot sind, der Planet stirbt, sich die menschliche Rasse selbst zu tödlicher Gleichgültigkeit durchironisiert hat und es nicht schmerzlos und nicht schnell war) hinauf durch die Bereiche stärker werdender Hitze zu der mit Spitze umflorten, zarten heimlichen Schwellung ihrer Vagina.

25 .
    Jacqueline Delon verfügte über das gesamte Repertoire, die gesamte Galerie sexueller Charaktere, doch obwohl wir von Kokain befeuert mit mehreren davon experimentierten, erreichten wir so etwas wie eine gemeinsame Ausrichtung erst, als ich auf ihr lag und sie mich mit toten Augen ansah, während ich in sie eindrang. Wund und vom Fluch noch völlig erledigt, war ich die ganze Zeit über kurz davor, entweder in hysterisches Gelächter oder in Tränen auszubrechen. Selbst als ich kam (Jacqueline runzelte die Stirn und lächelte leise über den sinistren weiblichen Triumph), war da dieser traurige Bruch, das zerbrechliche Gefühl der Verletzungen und verpassten Möglichkeiten der armen alten Welt und meine eigene jämmerliche Liste der Verluste. Direkt gefolgt von einem Gefühl größten Betrugs: Über den rührseligen Augenblick hinaus hatte ich diesen stinkenden Planeten ebenso satt wie mein fadenscheiniges kleines Ich.
    Alte Gewohnheiten des Anstands kann man allerdings nur schwer ablegen, also besorgte ich es ihr ebenfalls, oral, ohne die geringsten Illusionen, dass sie sich sonderlich dafür interessierte, doch sie hielt meinen Kopf und rieb mir die Lippen mit ihrem Schambein wund und machte ein maskulines Geräusch der Befriedigung, als sie so weit war.
    »Ich werde mir etwas zu essen kommen lassen«, erklärte Jacqueline. »Du willst ja nichts, ich weiß.« Wir waren in der Schlafsuite der Hausherrin im sonnendurchfluteten obersten Stockwerk, ein großer, rechteckiger Raum mit tiefen Teppichen und Chanelduft, und auch hier war eine Wand ganz aus Glas. Das Dekor war Elfenbein, hier und da gab es ein besonderes Stück: eine mit Kuhfell bezogene Chaiselongue, einen Kronleuchter aus rotem Glas, einen echten Miró. Es war noch immer früher Nachmittag, doch die
Hecate
schien Wochen her zu sein. Es waren noch keine achtundvierzig Stunden vergangen, seit ich Harleys Kopf in meinen Händen gehalten hatte. Mein ganzes Leben war so, zu viele Erlebnisse in zu wenig Zeit. Zweihundert Jahre? Man fühlt sich wie zweitausend.
    »Du weißt?«
    »Du bist noch satt. Es wird mindestens eine Woche dauern, bevor du wieder Hunger bekommst. Deshalb rauchst und trinkst du so viel. Dem Mund ist langweilig. Ich habe übrigens zugeschaut. Es scheint mir unehrenhaft, dir das zu verheimlichen.«
    Mir beim Fressen zuzuschauen, meinte sie. Unehrenhaft, wo wir doch jetzt Freunde sein würden.
    »Wir werden keine Freunde«, erklärte ich.
    »Nein? Aber du möchtest doch zumindest was trinken?«
    Sie klingelte.
Pâté de foie gras
, frisches Obst, Joghurt, eine Auswahl an gepökeltem Fleisch und Käse, serviert von einem dunkelhäutigen Burschen von vielleicht dreizehn Jahren mit goldenen Ohrringen und sauberem weißen Pyjama. Stumm lächelnd stellte er das Tablett auf ein niedriges japanisches Lacktischchen an der Glaswand. Stumm lächelnd verschwand er wieder. Jacqueline in einem perlenfarbenen Seidengewand (bedeck dich, das gibt der postkoitalen Phantasie des Herrn neuen Anreiz) mixte Drinks an der minimalistischen Bar. Ich zündete mir eine Camel an.
    »Verrat mir mal eins«, fragte sie, »warum hast du die Suche nach Quinns Tagebuch aufgegeben?«
    O Gott.
    »Was?«
    »Du hast mich schon verstanden. Quinns Tagebuch. Warum hast du aufgegeben?«
    Meine Hände kribbelten wie von Nadelstichen. Vierzig Jahre vergeudet. Als ich anfing, nach dem vermaledeiten Buch zu suchen, saß Queen Victoria auf dem Thron, und Tschaikowski führte seine Ouvertüre 1812 in Moskau auf. Als ich damit aufhörte, regierte George V., und
The Waste Land
war Europas schwärender Tumor der Aufklärung.
    »Wer hätte denn nicht aufgegeben?«, erwiderte ich. »Man wird müde, wenn man nicht das findet, wonach man sucht.«
    »Aber du hast doch daran geglaubt. Wozu sonst die Mühe?«
    »Keine Ahnung, was ich geglaubt habe. Ich wollte Antworten. Ich wollte die Geschichte. Wer will sie denn nicht wissen? Wenn mir jemand gesagt hätte, es gäbe eine blinde und taube einbeinige Waschfrau in Sibirien, die die Herkunft der Werwölfe kennt, dann hätte ich mir ein Yak genommen und mich auf den Weg gemacht. Es gibt eine Zeit, in der man sich mit den großen

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