Der letzte Weynfeldt (German Edition)
begeisterten Ausführungen stockte der Architekt. »Ich würde das nicht aushalten«, sagte er.
»Was?«, fragte Weynfeldt.
Casutt deutete auf das Bild über dem Sofa: »Sie lässt einen nicht aus den Augen.«
23
Jede Pechsträhne geht einmal vorbei, dachte Lorena, als sie das Gespräch mit Barbara beendete und das Handy auf das ungemachte Bett warf.
Wow! Mallorca!
Barbara. Ausgerechnet Barbara, die sie Dreckschlampe genannt hatte bei ihrer letzten Begegnung, sie wusste nicht einmal mehr, wie lange das her war.
Sie waren einmal dicke Freundinnen gewesen, soweit es unter Katalogmodels so etwas gab. Barbara war die Einzige gewesen, die nicht um die Fotografen und Auftraggeber herumscharwenzelt war und die sich nicht an das Alkohol-und Jointverbot während der Arbeitszeit gehalten hatte. Die Einzige außer Lorena.
Sie hatten es oft lustig zusammen gehabt. Der Streit hing, wie fast jeder Streit in jenem Milieu, mit einer Bettgeschichte zusammen. Barbara hatte das getan, wofür sie beide zuvor ihre Kolleginnen aus tiefstem Herzen verachtet hatten: Sie hatte sich eine Sonderbehandlung erschlafen. Sie hatte sich mit dem Werbeleiter des Versandhauses eingelassen und war über Nacht zum Star der Truppe geworden. Da nützte es nichts, dass Barbara versicherte, sie habe sich tatsächlich bis über beide Ohren verliebt: Lorena nannte sie Dreckschlampe.
Und die rief sie an und fragte: »Hast du Lust auf zwei Wochen Mallorca? Abflug in zwei Tagen? Du musst dich aber jetzt entscheiden. Last Minute.«
»Keine Kohle«, hatte Lorena geantwortet.
»Brauchst du nicht. Mein Mann bezahlt.«
»Du bist verheiratet?«
»Rate mal, mit wem.«
»Nein!«
Zwei Wochen Mallorca waren genau das, was sie jetzt brauchte. Zwei Wochen Karibik wären noch besser gewesen, aber Mallorca war auch okay. Sie kannte es zwar nicht, aber Mittelmeerinsel Ende Februar war immer gut, besonders kurz vor einem Kälteeinbruch. Wenig Leute, lange Wanderungen an leeren Stränden, Discos geschlossen, gesund leben.
Sie überlegte sich, wen sie anpumpen könnte. Auch wenn Flug und Hotel bezahlt waren, ganz ohne Geld konnte sie nicht reisen. Der Einzige, der ihr einfiel, war der Mann mit dem Siegelring, Adrian Weynfeldt. Sie fand seine Karte und rief ihn in seiner Wohnung an. Telefonbeantworter. Sie legte auf.
Sie wählte seine Büronummer. Ohne große Hoffnung, denn heute war Samstag.
Aber die Glückssträhne hielt an, seine Sekretärin meldete sich. Weynfeldt hatte doch ein Handy, und die Frau gab ihr sogar die Nummer.
Sie wählte sie, ließ lange klingeln. Endlich hob er ab. »Hallo?«, fragte sie. Nichts, nur Stimmengemurmel. »Ich bin’s, Lorena!«
Immer noch Stimmengemurmel. Dann plötzlich tote Leitung. Sie wählte noch einmal. Der Teilnehmer sei nicht erreichbar, sagte eine Stimme. Weynfeldt hatte sein Handy ausgeschaltet. Wahrscheinlich war er in einer Sitzung.
An einem Samstagvormittag? In einer Sitzung? Es hatte eher nach einer Versammlung geklungen.
Sie würde es in einer Stunde wieder versuchen und bis dahin schon mal ein wenig packen.
Nach einer Stunde war Weynfeldts Handy noch immer ausgeschaltet. Aber Lorena wusste jetzt, dass sie Schuhe brauchte für Mallorca. Und einen Badeanzug, falls auch dort so etwas wie Sommer herrschte. Und sonst noch ein paar Kleinigkeiten.
Wenn sie Geld gehabt hätte und die Geschäfte nicht in gut fünf Stunden schließen würden, hätte sie Pedroni nicht angerufen und vielleicht nie mehr im Leben etwas mit ihm zu tun gehabt.
Aber so rief sie ihn an und bot ihm das noch nie getragene Issey Miyake zum halben Preis an, falls er den Deal innerhalb der nächsten Stunde abwickeln könne.
»In ein paar Wochen ist es sowieso nur noch den halben Preis wert«, sagte er, »aber ich kann dir was leihen.«
Eine Stunde später traf sie ihn in einer Piadini-Bar in der Nähe des Spotlight. Sie erzählte ihm von ihren Mallorca-Plänen.
»Und weshalb fragst du nicht deinen Freund?«, wollte er wissen.
»Auf Geschäftsreise«, antwortete sie.
»Schlechtes Timing«, sagte er nur und steckte ihr einen Tausender zu.
»Keine Angst, dass ich ihn dir nicht zurückzahle?«, fragte sie.
Pedroni schüttelte den Kopf. »Geschäftsreisen dauern nicht ewig.«
Den ganzen Abend versuchte sie Weynfeldt zu erreichen. Sein Handy war jetzt offenbar eingeschaltet, aber er ging nicht ran. Im Büro meldete sich niemand, und in seiner Wohnung kam noch vor dem ersten Klingeln ein Rauschen und sonst nichts.
Am Sonntagmorgen um acht
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