Der letzte Weynfeldt (German Edition)
werden.
Ich glaube, ich bin so etwas wie glücklich, dachte er. Nicht dass er bisher unglücklich gewesen wäre. Aber zwischen nicht unglücklich und glücklich bestand doch ein erheblicher Unterschied, musste er sich sagen, draußen vor der Tür wie ein bestrafter Schüler.
»Jetzt!«, rief sie, und Weynfeldt trat ein.
Das Licht im Raum war gedämpft. Die einzige Lichtquelle war einer der Spots, die sonst die Kunst an den Wänden anleuchteten. Jetzt war er auf Lorena gerichtet. Sie kniete vor dem Kamin, hatte die Haare hochgesteckt und war nackt.
Adrian wagte es nicht, sich zu bewegen. Kaum zu atmen getraute er sich, aus Angst, das Bild zu zerstören.
Es war sie, die den Bann brach, indem sie bemerkte: »Arschmäßig kann ich leider nicht mithalten.«
Sie liebten sich gleich an Ort und Stelle. Und zwar mit einer Leidenschaft, die Weynfeldt bei sich nie vermutet hätte.
»Du überraschst mich«, sagte sie, als er mit Decken und Kissen aus dem Schlafzimmer zurückkam. »Erst das mit dem Vallotton und jetzt das.«
»Was mit dem Vallotton?«, fragte er, zündete eine ihrer Zigaretten an, nahm einen Zug und reichte sie ihr, bevor er zu ihr schlüpfte.
»Das hätte ich dir nicht zugetraut, dass du das… ähm… Neuere gibst.«
»Hab ich doch gar nicht.«
»Hast du doch. Dein Freund Strasser hat mir den kleinen Unterschied gezeigt.«
»Der zweite Punkt.«
»Den hast du wegretuschiert, gib’s zu.« Sie erklärte ihm die Sache mit dem kleinen gusseisernen Hinterteil. Weynfeldt ging in sein Arbeitszimmer und brachte einen Katalog.
Lorena warf einen Blick darauf und sagte dann kennerhaft: »Das Original. Arsch von links. Und morgen schaust du dir die Kopie im Imperial an. Dort siehst du ihn dann von rechts.«
Lorena lachte wie ein übermütiges Kind.
Adrian beglückwünschte sich im Stillen und hatte plötzlich wieder Lust, sie zu küssen. Aber sie drehte den Kopf weg und entwand sich ihm. »Nur, wenn du es zugibst«, lachte sie.
Schließlich gab es Weynfeldt zu und überraschte sich und sie ein weiteres Mal.
31
Adrian stand in der Lobby und plauderte lässig mit einem Grüppchen Auktionsbesucher. Er sah gut aus in einem Anzug aus leichter Wolle in der Farbe von Zigarrenasche. Er hatte die linke Hand in der Tasche, und sein Blick schweifte immer wieder ab von seinen Gesprächspartnern und glitt suchend durch die Lobby.
Jetzt sah er Lorena, entschuldigte sich und kam lächelnd auf sie zu. Sie begrüßten sich wie ein sich noch etwas fremdes Liebespaar. »Ich bring dich rein, es geht bald los«, sagte er. Sie hakte sich ihm unter, und er führte sie zum großen Ballsaal.
Beim Eingang stand die Dicke mit dem Pagenschnitt. »Darf ich vorstellen: Véronique Graf, meine Assistentin; Lorena Steiner, eine gute Freundin.«
Die beiden Frauen gaben sich die Hand. »Wir haben uns bei der Vorbesichtigung schon kurz getroffen, nicht wahr?«, sagte Véronique. Das war also seine Assistentin.
In der Mitte des Raumes befanden sich jetzt Stuhlreihen wie in einem Konzertsaal. Die Ausstellwände waren an die Peripherie geschoben. Vor dem Publikum war ein Podium aufgebaut, in dessen Zentrum ein Rednerpult stand mit der Aufschrift »Murphy’s«. An den Fuß des Podiums waren Bilder gelehnt, Lose mit frühen Nummern.
Der Saal war erfüllt von gedämpftem Gemurmel. Es befanden sich etwa hundert Personen darin, und es kamen immer noch welche hinzu.
Weynfeldt brachte Lorena zu einem Sitz am Zwischengang in der zweitvordersten Reihe. Er entfernte einen Zettel mit der Aufschrift »Reserviert Murphy’s«.
»Und du?«, fragte Lorena.
»Ich werde dort sein«, er deutete auf einen Tisch an der Seite des Podiums, an welchem soeben die Assistentin Platz nahm, »am Telefonieren.«
»Mit wem?«
»Mit Bietern. Ein paar gute Kunden bieten telefonisch mit. Wenn du mich jetzt entschuldigst, wir sehen uns in der Pause.«
Sie sah ihm nach, wie er da und dort Leute begrüßte und sich langsam zu dem Tisch begab, an dem jetzt außer Véronique noch ein junger Mann saß. Auf der Tischplatte standen sechs weiße Telefone. Weynfeldt setzte sich und lächelte ihr zu. Lorena sah, wie Véronique ihm von der Seite einen prüfenden Blick zuwarf.
Am Rednerpult auf dem Podium stand jetzt ein grauhaariger untersetzter Mann, der sich mit ein paar Helfern, alles Männer in Anzug und Krawatte, unterhielt. Plötzlich wandte er sich zum Publikum und klopfte mit einem kleinen Hammer auf das Rednerpult.
Das Stimmengewirr verstummte, aber die
Weitere Kostenlose Bücher