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Der letzte Wille: Thriller (German Edition)

Der letzte Wille: Thriller (German Edition)

Titel: Der letzte Wille: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Mina
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Augenblick lang, es sei jemand, den sie vor langer Zeit gekannt hatte, ein Gewerkschaftsfunktionär, der seine Kündigung bekommen hatte, am Abend bevor ihr erster Chef Farquarson gefeuert wurde. Aber das war sehr lange her und eine ganz andere Geschichte.

III
    Noch bevor sie die Tür erreichte, wusste sie, dass etwas Schlimmes passiert war. Das Licht war falsch, im Hausflur war es viel zu grell und von oben drang warme Luft aus ihrer Wohnung, aus der offenen Tür heraus. Das Holz um das Schloss war nach einem heftigen Tritt gesplittert, und die Tür hing schief.
    Die letzten Stufen nahm sie im Laufschritt und sah das Durcheinander im Flur. Dubs Plattenkisten waren umgestoßen, auf einigen hatte jemand herumgetrampelt und die Splitter über den Boden getreten. Terrys Truhe war aufgebrochen und der Inhalt ausgekippt worden, die Mülltüten mit seinen Papieren ausgeleert. Im Wohnzimmer herrschte noch größeres Chaos, die Bücherregale waren durchwühlt, Sessel- und Sofapolster aufgeschlitzt und der Fernsehbildschirm eingetreten.
    »Hey, da bist du ja.« Dub kam aus der Küche. »Ich hab schon den ganzen Tag versucht, dich zu erreichen.«
    Paddy warf die Hände in die Luft, war zu schockiert, um zu sprechen.
    »Ich weiß. Die Polizei war hier und hat sich umgesehen, die haben alles aufgenommen, aber ich konnte nicht genau sagen, was fehlt. Geklaut wurde nichts, nur alles Mögliche kaputt gemacht. Die Platten sind noch da, das Radio, die haben nicht mal den Fernseher mitgehen lassen – ihn nur eingetreten. Meine Uhr lag im Badezimmer, nicht mal die haben sie genommen.«
    Sie schob sich an ihm vorbei ins Schlafzimmer. Überall lag ihre Unterwäsche verstreut, ihr Bettzeug auf dem Boden, und auf ihrer Matratze prangte ein dunkler, feuchter Fleck.
    »Pisse«, sagte Dub. »Die meinten, wir können noch von Glück sprechen, manche kacken auch. Die Aufregung bringt ihren Stuhlgang auf Trab.«
    Sie lehnte im Türrahmen und starrte auf die Unordnung.
    »Willst du gar nichts sagen?« Sie wollte nicht, und Dub streichelte ihr verlegen übers Haar. Sie waren selten zärtlich zueinander, wenn das Licht noch nicht ausgeschaltet war. Seine Hand fand einen Rhythmus, eine Mischung aus der Intimität eines Geliebten und der Zuneigung eines hilfsbereiten Freundes.
    Sie sah zu ihm auf. »Was haben sie gesagt?«
    »Die Polizei? Rowdies. Sie haben die Nachbarn befragt und einer hat einen kleinen Mann in einem Trainingsanzug auf der Treppe gesehen.«
    »War der Trainingsanzug schwarz?«
    Er war überrascht, dass sie das wusste. »Ja, war er.«
    Sie nahm seinen Arm. »Du musst mitkommen. Hier sind wir nicht sicher.«
    »Ich hab keine Angst vor Vandalen.«
    »Es geht um mehr. Viel mehr. Nimm deine Jacke.«
    Sie zogen die Tür zu, damit es so aussah, als sei sie verschlossen, drückten das gesplitterte Holz wieder an das nun funktionslose Schloss.
    Dub betrachtete ihr Werk. »Paddy, damit kannst du niemanden, der was klauen will, hinters Licht führen.«
    »Die wollen nichts klauen«, sagte sie. »Die wollen mir Angst machen.«

IV
    Seit ihrem letzten Besuch war ein Eimer weiße Farbe über die Fenster des Shammy gekippt worden, wahrscheinlich das Werk eines Loyalisten. Halbherzig hatte man versucht, die Farbe abzuschrubben, sie dabei aber nur über die gesamte Front verteilt und mit dem Dreck vermischt, der sich auf der Scheibe angesammelt hatte. In den oberen Fenstern hingen irische Flaggen.
    Sie stellte den Motor ab und Dub sah sie an. »Du willst doch nicht etwa da rein?«
    »Warte hier«, sagte sie und stieg aus dem Wagen.
    Er stand neben ihr auf dem Bürgersteig. »Geh nicht rein. Die sind alle irre da drin.«
    Aber sie schüttelte seine Hand ab. »Ich war schon drin.«
    Sie ließ ihn am Wagen stehen. Er sah ihr hinterher und rang mit sich, hatte Angst, sie alleine hineingehen zu lassen, sorgte sich andererseits in einer so gefährlichen Gegend auch um den Wagen.
    Sie drückte die schwarz gestrichene Tür auf und prallte gegen eine Mauer aus Zigarettenqualm und Gesprächen. Frauen waren kaum welche da, aber schlimmer als in den guten alten Zeiten in der Press Bar sah es auch nicht aus. Die Klamotten waren billiger, die Gespräche weniger inhaltsschwer, hier lallten sich Betrunkene gegenseitig an. Im Hintergrund spielte Musik, eine hohe, blecherne irische Melodie auf einem Dudelsack, ein altes Lied über das Grün der Heimat und Briten, die auf Kinder schießen.
    Sie betrachtete die Reihe an der Bar, jede einzelne Lederjacke, aber

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