Der letzte Wille: Thriller (German Edition)
getratscht und mit ihresgleichen gelacht.
Sie lächelte bei dem Gedanken daran und wirbelte mit der Schuhspitze Staub auf. Doch ihr Lächeln gefror abrupt, als sie ihren Wagen erreichte. Der Kofferraum war aufgebrochen, das gesamte Schloss war herausgebohrt und zurückgeblieben war nur ein klaffendes schwarzes Loch so dick wie ein Männerdaumen.
Sie streckte die Hand aus, steckte einen Finger in das Loch und öffnete den Kofferraum, der leicht federnd hochklappte. Darin lag eine Plastiktüte mit Kleidern für die Reinigung, die sie noch nicht abgegeben hatte, einer von Petes Fußbällen, seine Turnschuhe und eine kaputte Apfelkiste, in der sie Tiefkühlware eingekauft, transportiert und ihrer Mutter gebracht hatte. Terrys Mappe war verschwunden. Seine Fotos waren weg; sein Notizbuch, das er sorgfältig in die Hülle gesteckt hatte, war auch weg.
Ein Windstoß fegte über den grobkörnigen Sandboden um ihre blanken Fußknöchel. Sie starrte in den unaufgeräumten Kofferraum. Auf die Fotos hatten sie es also abgesehen. Egal, was Knox oder Aoife sagten, sie wusste genau, dass es McBree gewesen war. Sie kramte in ihrer Handtasche. Die Fotokopien waren noch da. Sie waren nicht sehr gut, sie hatte jetzt kein richtiges Foto mehr von der Frau, aber sie hatte ein Foto von McBree, wie er an der Wagentür stand und den dicken Mann im blauen Anzug ansah. Das konnte eine große Geschichte werden.
Sie schloss den Kofferraum und ging auf das Gebäude der News zu, zog die Notausgangstür auf und rannte entschlossen die Treppe hinauf.
II
Ihr Auftauchen in der Redaktion entlockte denjenigen, die das Theater am Vormittag mitbekommen hatten, verhaltene Jubelrufe, doch Paddys Gesichtsausdruck erstickte jegliche Freude bereits im Keim. In Buntys Büro brannte Licht.
Sie klopfte einmal und öffnete die Tür, Bunty und sein Schoßäffchen entspannten sich am hinteren Ende des Tisches, aßen Lachsbrötchen und tranken jeder ein kleines Bier aus der Press Bar. Als er sie sah, nahm Bunty die Füße vom Konferenztisch und bemühte sich, die Miene eines entrüsteten Vorgesetzten aufzusetzen.
Sie hob eine Hand und holte tief Luft. »Ich habe gelogen. Ich habe Ogilvy nicht besucht, ich bin ihm gar nicht begegnet. Ich habe im Wagen gewartet und nach Journalisten Ausschau gehalten, Sean war alleine drin.«
Sie wartete einen Augenblick und machte sich darauf gefasst, angeschrien zu werden, aber nichts geschah. Sie fuhr fort: »Aber da ist eine sehr, sehr viel größere Geschichte im Gang. Eine Wahnsinnsgeschichte und ich komme zu Ihnen damit, weil ich keine verdammte Scheißahnung habe, was ich machen soll.«
Interessiert schnippte Bunty mit den Fingern, winkte sie zu sich und signalisierte seinem Schoßäffchen nickend, dass er einen Moment lang mit ihr allein gelassen werden wollte. Schoßäffchen nahm sein Sandwich und sein Bier und trollte sich.
Paddy setzte sich zu Bunty, fühlte sich erschöpft, ihr Magen schmerzte. Sie erzählte ihm von Kevin, von den Prellungen an seinem Arm und seinem Kinn und was Aoife über die Einnahme von Kokain gesagt hatte. »Sie können jeden fragen wegen Kevins Sauferei. Er war kein Mann, der heimlich Drogen nahm und dem dann ein Missgeschick widerfuhr.« Sie erzählte ihm von Kevins Verschwinden im Krankenwagen, von dem an sich unverfänglichen Bildband, von McBree und der Mappe und dem aufgebrochenen Kofferraum.
»Jeder existierende Abzug dieses Fotos wurde gestohlen. Ich habe nur noch ein paar schlechte Fotokopien davon.« Sie zog sie aus ihrer Tasche und breitete sie auf dem Tisch aus.
Bunty sah sie durch, kaute weiter sein Lachsbrötchen und nickte dann wieder Paddy zu, damit sie fortfuhr.
»Also«, sagte sie nervös, »das Interessanteste daran ist Knox.«
Bunty blickte skeptisch. Sie hatte das Thema Knox bereits bei anderen Gelegenheiten zur Sprache gebracht, und er hielt nichts von ihrem Vorhaben, Nachforschungen über ihn anzustellen.
»Da ist aber was dran, hören Sie. Knox hat mich heute Morgen zu einem Verhör abholen lassen. Erst musste ich warten und dann kam Knox reinspaziert, um mir zu sagen, dass ich mich von McBree fernhalten soll; Kevin sei nicht ermordet worden, die IRA habe nichts damit zu tun und ich solle die Finger von der Sache lassen und nach Hause gehen.«
Bunty schluckte einen Bissen herunter, trank von seinem Bier und sah sie an. »Vielleicht wäre das ja das Klügste.«
Sie war schockiert. Er war ein guter Chefredakteur, ein guter Journalist und jeder Volltrottel musste
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