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Der letzte Winter

Titel: Der letzte Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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altmodisch aus, als hätte sich diese Straße in einer Zeit, in der sich alles rasant veränderte, kaum verändert. Als hätte die Straße unter Denkmalschutz gestanden. Vielleicht waren es die hohen Häuser, die alten Häuser. Die schönen Häuser, die sie geschützt hatten.
    Jetzt ging sie an einem von ihnen vorbei, an einer Tür, die sie kannte, an einem Haus, das sie zweimal betreten hatte, oder sogar dreimal? Sie hatte jemanden herauskommen sehen. Das Licht von drinnen wirkte plötzlich warm, als wollte es sie zum Eintreten einladen. Letztes Mal hatte es kalt gewirkt. Sie legte die Hand auf die Klinke, schob die Tür auf, die nicht richtig eingerastet war. Jeder konnte in das Haus gelangen. Jetzt stand sie im Treppenhaus. Hier drinnen war alles sehr hübsch, eine alte Schönheit. Das Licht war immer noch warm. Hatten sie etwas an der Beleuchtung verändert? Warum stehe ich wieder hier? Weil ich es wissen will. Ich finde mich nicht damit ab, nicht zu wissen. Ich gehe. Ich habe hier nichts zu suchen. Das ist nicht mein Job. Ich bin ja nicht selbst hineingegangen, das war nicht ich. Jetzt gehe ich, dachte sie, als sie die Treppe hinaufstieg. Von oben hörte sie ein Geräusch, als würde eine Tür geöffnet, ein Knarren, das im Treppenhaus widerhallte. Das Haus war eigens für das Echo gebaut. Nur ein Schwerhöriger würde hier keine Geräusche wahrnehmen. Sie hörte ihre eigenen Schritte. Sie waren sicher im ganzen Haus zu hören. Sie stieg weiter die Treppen hinauf.
    Sie war angekommen. Hier oben herrschte ein anderes Licht, es war kälter. Sie schauderte. Hinter ihr strich ein kühler Wind vorbei, als hätte jemand die Haustür weit offen gelassen. Aber sie hatte nichts gehört. Vor der Wohnungstür hingen noch die Absperrbänder, schon verblasst, als hätte das kalte Licht im Treppenhaus sie ausgeblichen, wie Sonnenschein. Die Lampe an der Decke war eine kalte Sonne. Es gab noch zwei weitere Wohnungstüren auf diesem Treppenabsatz. Wie eingehend hatte sich die Kripo mit den Mietern unterhalten? Sicher gründlich. Sie war nicht bei der Kripo, aber sie wusste, dass in einem Fall wie diesem viele Verhöre mit Nachbarn und Zeugen nötig waren, immer wieder von vorn. Das gehörte zu den Aufgaben der Kripo und war sicher aufregend und gleichzeitig langweilig. Alles durchzugehen, Aufnahmen abzuhören, Videofilme anzusehen, die Berichte zu lesen, die Gesprächsprotokolle. Hätte ich dafür Geduld? Ich weiß es nicht. Kaum. Es kann auch langweilig sein, Stunde um Stunde im Auto zu verbringen, aber es bewegt sich wenigstens etwas, selbst wenn man still sitzt.
    Sie stand nah bei einer der Türen. Darauf stand ein Name. Sie musste ihn zweimal lesen. Es war kein gewöhnlicher schwedischer Name. Das Licht verlosch. Sie zuckte erschrocken zusammen. Angst hatte sie nicht. Es war ja nur das Licht ausgegangen, das kalte Licht. Vielleicht würde es jetzt etwas wärmer werden. Sie ließ sich Zeit, bevor sie auf den Schalter drückte. Unter der Tür, vor der sie stand, schimmerte ein Lichtstreifen. Die anderen Türen waren dunkel. Wäre es unter der abgesperrten Tür hell gewesen, hätte das Aufregung bedeutet. Falls die Polizei nicht irgendeine Lampe in der Wohnung brennen gelassen hatte. Sie hörte Geräusche aus der Wohnung, in der Licht war. Eine Stimme? Und noch einmal, als wollte jemand etwas sagen, das er nicht herausbrachte. Ein unheimliches Geräusch. Oder war es womöglich ein Hilferuf? Im Dunkeln klang er deutlicher, vielleicht war es bei Dunkelheit mit allen Geräuschen so. Plötzlich wurde es still hinter der Tür.
    Sie ging zu dem feuerroten Schalter und drückte darauf. Das kalte Licht kehrte zurück, das Licht unter der Tür war nicht mehr zu sehen. Sie trat näher. Warum sollte sie nicht einen kleinen Einsatz leisten. Schließlich war sie Polizistin, oder nicht? Ich habe nur ein paar Fragen. Nein, nein, bloß nicht. Das würde Ärger geben. Der Wohnungsmieter oder Besitzer würde sich bei der Landeskriminalpolizei beschweren. Sie würde einen Verweis bekommen, möglicherweise gefeuert werden. Vielleicht würden sie glauben, dass sie nicht ganz richtig im Kopf sei. Vielleicht war sie ja verrückt. Die Tür vor ihr knackte und öffnete sich einen Spalt. In der Tür war ein Spion. Jemand hatte sie beobachtet. Daran war nichts Besonderes. Sie trug keine Uniform. Sie war eine Fremde, die in einem fremden, dunklen Treppenhaus herumlungerte. Das musste ja verdächtig wirken. Die Leute in der Wohnung hatten vielleicht schon

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