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Der letzte Winter

Titel: Der letzte Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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nicht normal?«, fragte Edlund. »Dass ein Angehöriger einen Schlüssel zur eigenen Wohnung hat? Bei mir ist das so.«
    Barkner sah ihn geradewegs an. »Ich weiß nicht mehr, was hier noch normal ist.«
    Sverker Edlund und Bent Mogens fuhren mit dem Lift zur Spurensicherung hinauf. Kriminalkommissar Torsten Öberg, der stellvertretende Chef, winkte ihnen aus seinem Zimmer zu, als sie durch den Korridor gingen.
    »Wir wollen sowieso zu dir«, sagte Mogens.
    »Na, dann setzt euch mal.«
    »Der Mann will nicht gestehen«, sagte Edlund und ließ sich auf einem harten Stuhl nieder.
    »Dann war er es vielleicht nicht«, sagte Öberg.
    »Aber wen schützt er dann?«, fragte Mogens.
    »Muss er denn jemanden schützen?«
    »Wenn nicht er der Täter ist, müsste er sich ja bewusst sein, dass es ein anderer getan hat.«
    »Warum?«
    »Sonst wäre er bewusstlos gewesen.«
    »Vielleicht war er bewusstlos«, sagte Öberg.
    »Wovon?«, fragte Edlund.
    »Ich weiß es nicht«, sagte Öberg. »Vielleicht hilft uns die Gerichtschemie weiter.«
    »Und wenn nicht?«
    »Dann können sie es eben nicht«, sagte Öberg.
    »Gibt es Drogen oder Ähnliches, die keine nachweisbaren Spuren im Körper hinterlassen?«, fragte Mogens.
    »Hm«, machte Öberg. »Es ist schon ziemlich schwer, zum Beispiel Chloroform nachzuweisen. Man übersieht es leicht.«
    »Chloroform?«
    »Ja.«
    »Könnte sie jemand mit Chloroform betäubt haben?«
    »Ich weiß es nicht, Bent. Ich weiß nur, dass es schwer nachweisbar ist. Fast unmöglich. Wenn es in diesem Fall eingesetzt wurde.«
    Öberg stand auf, kratzte sich am Kopf, ließ die Hand sinken.
    »Chloroform wird kaum noch benutzt«, sagte er. »Ist auch schwer aufzutreiben. Möglicherweise via Internet. Da kriegt man ja alles.« Er kratzte sich an der Nase. »Und Äther wird in der Krankenpflege auch nicht mehr eingesetzt, wenn man nicht die Betäubung von Tieren zu Forschungszwecken zur Krankenpflege zählt.«
    »Nein, das ist keine Krankenpflege«, sagte Edlund.
    »Aber Äther wäre denkbar?«, fragte Mogens.
    »Ja. Ein feuchtes Tuch über die Nase, das wirkt in Sekunden. Effektive Dämpfe. Man muss sich aber auch selber schützen.«
    »Können wir Spuren davon finden? Oder andere Substanzen?«
    »Das ist tatsächlich das Schwierigste, was es gibt«, sagte Öberg. »Mal sehen, was die Gerichtschemie schafft. Zum Beispiel ist uns nicht bekannt, ob nicht gewisse Substanzen postmortal verschwinden. Oder nicht verschwinden. In einem lebenden Körper werden Substanzen normalerweise schneller abgebaut. Ich glaube nicht, dass wir im Blut des Mannes etwas finden werden. Selbst wenn es etwas zu finden gegeben hätte.«
    »Und bei der Frau?«
    »Vielleicht. Nach Eintritt des Todes werden keine Substanzen mehr abgebaut. Aber im Moment haben wir nicht die geringste Ahnung. Und wir wissen nicht, was es war. Ob es etwas war.«
    »Kann uns die Gerichtschemie darauf eine Antwort geben?«
    »Wir werden ja sehen«, sagte Öberg.
    »Wie zum Teufel hätte das ablaufen sollen? Praktisch gesehen? Man lässt sich doch nicht einfach betäuben?«, fragte Edlund.
    »Normalerweise nicht«, sagte Öberg.
    »Habt ihr was am Kissen gefunden?«, fragte Mogens. »Abdrücke?«
    »Nein, noch nicht.«
    »Werdet ihr etwas finden? Ist das überhaupt nicht das Allerschwierigste?«
    »Es ist sehr schwierig«, bestätigte Öberg. »Stoff ist schwierig.«
    »Anzeichen von Gegenwehr bei der Frau?«
    »Nein.«
    »Nein?«
    »Nichts.«
    »Sie hat es ja nicht einmal gemerkt«, sagte Mogens.
    »Sie hat sich also nicht gewehrt?«, fragte Edlund.
    »Es hat ganz den Anschein«, sagte Öberg.
    »Sie hat geschlafen«, sagte Mogens.
    »Scheiße«, sagte Edlund, »im Schlaf ermordet zu werden. Vielleicht hat sie gerade etwas geträumt.«
    Winter wartete auf die Spurensicherung. Es würde noch eine Weile dauern. Der Tote lag still am Ufer wie ein Stück Treibholz, das am Ende des Weges angekommen war. Winter schaute über die Askimsbucht. Von wo war der Tote gekommen? Warum hierher? An diesem schmalen Küstenstreifen gab es Tausende kleiner Strände. Warum hatte der Tote sich entschlossen, bei ihnen angetrieben zu werden, bei ihm und seiner Familie? Es wirkte wie eine Entscheidung. Hatte jemand dort draußen bestimmt, dass er bei ihnen angetrieben werden sollte? Soweit er gesehen hatte, war kein Boot auf dem Wasser gewesen. Er schaute auf die Leiche hinunter. Das Gesicht war dem klaren Dezemberhimmel zugewandt. Der Schlips hatte sich gelockert und den Hals unter

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