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Der letzte Winter

Titel: Der letzte Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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mit Ihrem Sohn gesprochen haben«, sagte Winter.
    »Mir gefällt nicht, dass Sie dort waren«, sagte Näver. »Sie hätten nicht zu ihnen fahren sollen.«
    »Wir haben nach Ihnen gesucht.«
    »Die beiden haben nichts damit zu tun.«
    »Womit?«
    »Das Ganze ist meine Schuld.«
    »Was ist passiert?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Aus welchem Grund sind Sie obdachlos geworden?«
    »Der Schnaps natürlich. Zuerst nimmste einen Schluck zur Brust, dann nimmt der Schluck dich zur Brust. So ist das.«
    Winter nickte.
    »Und dann hatte ich Probleme mit den Knien. Ich war Fliesenleger und hab auf dem Bau gearbeitet, aber mein Körper hat versagt.« Näver bewegte einen Arm, wie um eine besondere Bewegung zu demonstrieren. »Es war wie mit dem Hockey. Mein Körper war nicht dafür geeignet. Weder für den Job noch fürs Hockey. Verstehen Sie?«
    Winter nickte.
    »Sie haben Ihrem Sohn von einer Person erzählt, die ermordet wurde«, sagte er.
    Näver hatte seinen Arm unablässig bewegt, jetzt hörte er auf. Er schaute ihn an, als sähe er ihn zum ersten Mal.
    »Was haben Sie gesagt? Können Sie das noch mal wiederholen?«
    »Johan hat erzählt, Sie hätten über diesen Mann gesprochen.«
    Näver schwieg. Er schien an etwas zu denken, das schon lange her war. Oder sehr nah.
    »Es war blöd, darüber zu reden«, sagte er.
    »Worüber?«
    »Über die Sache. Den Mann … der verschwunden ist. Er ist ja auch verschwunden.« Nävers Blick glitt zum Fenster hinaus. Draußen floss der Fattighusån vorbei. »Dann habe ich etwas über ihn gelesen, und da ist er mir wieder eingefallen.«
    »Inwiefern?«
    Näver sah Winter an.
    »Wie er vorbeigegangen ist. Er ist hin und wieder vorbeigekommen.«
    »Haben Sie mit ihm gesprochen?«
    »Das hat sich manchmal ergeben. Ich quatsch doch alle an. Das wissen Sie ja.«
    Winter nahm das Foto von einem Stapel Unterlagen auf seinem Schreibtisch. Anders Dahlquist lächelte ihm vorsichtig entgegen.
    »Ist er das?«
    Näver betrachtete das Bild und schaute auf. »Ja. Das ist der, den ich meine.«
    »Er heißt Anders Dahlquist.«
    Näver nickte.
    »Wann haben Sie ihn das letzte Mal gesehen?«
    »Keine Ahnung.« Näver hob einen Arm. »So weit reicht mein Gedächtnis nicht zurück.«
    »So weit liegt das gar nicht zurück«, sagte Winter.
    »Wenn Sie es schon wissen, brauchen Sie mich doch nicht zu fragen.«
    »Warum haben Sie Johan von ihm erzählt?«
    »Ich weiß es nicht. Es war verdammt dämlich von mir. Ich wollte wohl … Ich weiß nicht.« Näver verstummte und sah wieder aus dem Fenster. Der Fluss auf der anderen Seite des Parks wurde von sämtlichen Lichtern der Nacht beleuchtet. Das Wasser glänzte wie Eisen. »Ich hab ihm ja kaum was … zu erzählen.« Sein Gesicht verzog sich, als hätte er plötzlich schreckliche Schmerzen. Schwere Tränen rollten über seine Wangen. Wie Eisen. Wie Eisen auf einer rauen Oberfläche. Näver versuchte nicht, sie wegzuwischen. »Scheiße«, sagte er. »Verdammte Scheiße.«
    Winter wartete. Er hörte Nävers Verzweiflung, sie war wie ein Ruf aus dem tiefsten Innern seines Körpers. Sein ganzer Körper schien jetzt vor Schmerzen zu zittern. Vielleicht war er allzu lange nüchtern gewesen.
    Näver putzte sich die Nase. Von irgendwoher hatte er ein Taschentuch gezaubert.
    »Entschuldigung«, sagte er.
    »Möchten Sie etwas trinken? Wasser? Kaffee?«
    »Nein, nein. Ich muss los.« Er sah Winter an. »Darf ich jetzt gehen?«
    »War Dahlquist allein?«
    »Was?«
    »Der Mann, von dem wir reden, Anders Dahlquist. Haben Sie ihn mit einer anderen Person zusammen gesehen?«
    Näver verstaute sein Taschentuch. Er strich sich über die Augen und dann über das Haar. Er richtete einen Ärmel seines karierten Hemdes, als bereitete er sich auf die Rückkehr in die Welt vor.
    »Haben Sie meine Frage gehört, Herr Näver?«
    »Ja, ich habe sie gehört.« Er sah Winter an. »Ja, er hatte wohl einen Freund.«
    »Freund?«
    »Wenn ich mich richtig erinnere, ist er einige Male mit jemandem vorbeigekommen.«
    »Wo vorbei? Beim Tvåkanten?«
    »Ja. Und auch auf der Kristinelund.«
    »Der Kristinelundsgatan?«
    »Ja.«
    »Wie sah der Freund aus?«
    »Tja … hübscher Kerl. Gut gekleidet. Oberschicht. Sonnengebräunt.«
    »Wie alt?«
    »Vielleicht vierzig. Aber das ist schwer zu schätzen.«
    »Hatten Sie den Eindruck, sie wären Freunde?«
    »Sie haben sich jedenfalls unterhalten.«
    »Haben Sie sich schon einmal Gedanken über die beiden gemacht?«
    »Was? Nein …«
    »Sie wussten,

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