Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der letzte Winter

Titel: Der letzte Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
Vom Netzwerk:
meine, in seinem Umfeld.«
    »Früher oder später kommt es heraus.«
    Gerda Hoffner hatte bis weit in den Nachmittag geschlafen. Draußen war das Licht auf dem Wege, jenseits des Meeres herabgezogen zu werden. Sie sah die glühende Sonne Muster auf die Wand neben dem Bett malen. Gerda Hoffner war erst seit wenigen Minuten wach. Die Sonne bewegte sich weiter über die Wand wie ein bewegliches Gemälde. Eine Installation an meiner Wand.
    Im Zimmer wurde es rasch dunkel, was bewirkte, dass die Installation stärker leuchtete, aber nur einen kurzen Moment. Sie sah die Sonne an der Wand versinken. Ein versinkendes Gemälde.
    Eine Wand. Ein Gemälde. Eine Wand.
    Mit einem Ruck richtete sie sich auf.
    Was hatte sie gesehen? Was war das? Woran hatte sie gedacht?
    Ein Gemälde.
    Eine Wand.
    Zwei Gemälde.
    Zwei Wände.
    In beiden Wohnungen.
    Sie stellte die Füße auf den Boden, der sich angenehm unter ihren Fußsohlen anfühlte. Ihr Vormieter hatte die Holzfußböden bearbeitet und sie weich und warm geschliffen.
    Die Wohnungen.
    Die beiden Wohnungen in Vasastan.
    Wie war es gewesen?
    Als sie darin gestanden hatte?
    Hatte sie die Taschenlampe eingeschaltet?
    Ja. In der ersten Wohnung. Im Zimmer hatte Licht gebrannt, aber sie hatte ihre Taschenlampe benutzt.
    Der Lichtkegel war über die Wand geglitten.
    Über dem Bett hatte ein Bild gehangen, links vom Bett.
    Es war berührt, bewegt worden.
    Jetzt erinnerte sie sich, dass sie das Gleiche später in der anderen Wohnung in der Götabergsgatan wahrgenommen hatte. Ein Bild am Bett, das verschoben, berührt worden war.
    Wie waren die Bilder bewegt worden? Woher wusste sie das?
    Gerda Hoffner stellte sich hin. Sie schloss die Augen, versuchte, in die schrecklichen Zimmer zurückzukehren, sie im Geist erneut vor sich zu sehen. Die Bilder. Das erste Bild. Der Lichtkegel der Taschenlampe darauf. Der untere Teil. Unter dem Bild war ein Strich gewesen, dunkler als die Wand.
    Das Gleiche in der anderen Wohnung.
    Ein Strich unter dem Bild.
    Was bedeutet das? Sie presste die Augen fest zusammen. Es hat etwas zu bedeuten. Was? Sie öffnete die Augen, ging durch ihr Zimmer. An der Wand hing ein Bild, eine Dalí-Reproduktion. Uhren, die in der Sonne schmolzen. Das Bild hing ein wenig schief. Sie richtete es gerade.
    Dadurch entstand unter dem Bild ein Strich.
    Eine Spur von Staub, dunkler als die Wand. Das Bild musste schon lange schief gehangen haben, sonst wäre nicht eine so deutlich sichtbare Linie entstanden.
    Ein frisches Zeichen.
    Das hatte sie gesehen.
    Jemand hatte gerichtet, was gerichtet werden musste. Schiefes sollte gerade werden.
    Und es war an beiden Tatorten geschehen. Erst kürzlich. Es musste kürzlich gewesen sein, denn sonst wäre der Staub verschwunden gewesen. Kürzlich. Wieder schloss sie die Augen. Sie versuchte, die beiden Wohnungen vor sich zu sehen, sich zu erinnern. Wie aufnahmefähig war sie gewesen? Was hatte sie gesehen? Neben dem Furchtbaren im Zentrum. Darüber hatten sie an der Polizeihochschule gesprochen: wie wichtig es war, so viel wie möglich gleichzeitig zu erfassen, alles zu registrieren, wenn man ein Zimmer betrat. Sich nicht allzu sehr von einem Zentrum , dem eigentlichen Anlass verwirren zu lassen, aus dem man hier war, falls es nicht darauf ankam, sich selbst zu verteidigen. Sein Leben zu verteidigen. Aber das war in keiner der beiden Wohnungen nötig gewesen. Angst um ihr Leben hatte sie nicht gehabt. Es war unheimlich gewesen, schrecklich unheimlich, doch nicht lebensbedrohlich.
    Wie hatte es in den Zimmern ausgesehen? In beiden Wohnungen hatte eine Art … charmante Nachlässigkeit geherrscht. Wie man es sich bei Leuten, die Geld besaßen, vorstellte. Junge erfolgreiche Menschen, die sich um nichts zu kümmern brauchten. Sie lebten nicht im Chaos, aber sie konnten sich eine gewisse Schlampigkeit leisten, die hip wirkte. Nicht dass sie in vielen »richtigen« Wohnungen gewesen wäre, und nie privat. Gerda Hoffner hatte keine schicken Freunde, nicht in dieser Schicht. Aus dieser Gesellschaftsschicht zu stammen und Polizist zu werden wurde von denen vermutlich für fast kriminell gehalten. Wenn nicht für noch Schlimmeres. Manche Liberalen waren sozusagen schick kriminell, und darauf waren sie auch noch stolz. Wie manche Leute stolz darauf waren, dass sie nie Bücher lasen. Oder Bilder kauften, weil ihnen gerade diese Bilder gefielen.
    Diese Wohnungen passten zu schief hängenden Gemälden. Oder umgekehrt.
    Es waren ein paar Kleidungsstücke im

Weitere Kostenlose Bücher