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Der letzte Winter

Titel: Der letzte Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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Zimmer verstreut gewesen, in den Zimmern, einiges auch im Flur, ein Schal, ein Pullover. Überall hatten Sachen herumgelegen. Nichts war rechtwinklig angeordnet. Sie schloss die Augen wieder. Presste sie zusammen.
    Es war etwas anderes.
    An beiden Orten hatte sie noch etwas gesehen.
    Plötzlich hatte sie Angst. Wovor? Warum zerbreche ich mir eigentlich den Kopf darüber? Sie riss die Augen auf, als fürchtete sie, mit geschlossenen Augen nicht zu wissen, wo sie sich befand oder was sie tat.
    Ich bin die Einzige, die an beiden Orten gewesen ist.
    Beim ersten Mal mit Johnny Eilig, das zweite Mal mit Alexander. Es waren verschiedene Leute von der Spurensicherung da gewesen, die erste Crew war aus Uddevalla gekommen. Beim zweiten Mal war es nicht dieselbe Gerichtsmedizinerin gewesen, sondern ein Mann.
    Ich bin allein. Mit diesen Fragen bin ich allein.
    Wieder sah sie die Bilder vor sich, die Frauen im Bett, die Männer daneben. Das Verhalten der Männer. Das unterschiedliche Verhalten, der eine war zutiefst schockiert, der andere wirkte ruhiger. Trotzdem hatte er sich blutig gekratzt.
    Die Betten. Es waren Doppelbetten gewesen oder Twin beds, wie die auf Schwedisch hießen. Jedenfalls hatten sie nebeneinander gestanden, mitten im Zimmer, nicht an die Wand gerückt, die Gemälde hingen links an der Wand. Ja, beide hatten links gehangen. Sie hatte den Strahl der Taschenlampe nach links gerichtet. Was hatte sie dann getan? Sie hatte die Betten angeleuchtet, neben die Betten geleuchtet, eine einzige Armbewegung, die Taschenlampe war ihr gefolgt, der Lichtkegel war über die Betten geglitten, dann über den Boden, wieder über die Wände, ein Stuhl, hier und da hatten Sachen herumgelegen, vielleicht war das gemütlich, sympathisch schlampig, sie hatte … wieder auf die Betten geschaut, nein, nicht nur, es war noch etwas anderes, neben den Betten, die Nachttische. Darauf hatten auch Sachen gelegen. Auf Nachttischen liegt immer etwas, Bücher, mehrere Bücher auf beiden Tischen, Bücher, die man liest, keine Coffeetablebücher , nicht diese großen, anderen Bücher, vier, fünf, sechs auf jedem Tisch. Ja, sie hatte es gesehen und … irgendetwas stimmte nicht richtig mit dem übrigen Zimmer oder etwas anderem im Zimmer überein, etwas, das …
    Gerda Hoffner öffnete die Augen. Sie stand im Dunkeln. Die Sonne war hinter dem Meer versunken wie ein glühendes Stück Kohle, über dem Sannabacken lag nur noch schwarzer Dezember. Nicht einmal Straßenbahnen fuhren mehr. Keine Autoscheinwerfer. Sie war allein mit ihren Bildern. Die Nachttische. Ein paar Bücher. Bücher. Ordentliche Stapel. Ordentlich ausgerichtet. Fünf oder sechs Bücher. Auffallend ordentlich gestapelt. Das hatte sie gesehen. Jetzt reagierte sie darauf. Es hatte … anders ausgesehen. Ihr fiel ein, dass sie es schon in dem Moment seltsam gefunden hatte. Aber sie hatte es nicht bewusst registriert. Und in der zweiten Wohnung? Auch dort hatte sie es irgendwie registriert. Vielleicht ein bisschen stärker. Jetzt fiel der Groschen. Was immer das wert war. Wahrscheinlich war es gar nichts wert.
    Eine Flasche auf einer Arbeitsplatte.
    Himmel, nun mal ganz ruhig, kleine Gerda. Ja, du hast im Vorbeigehen vom Flur aus in beiden Küchen eine Flasche auf einer Arbeitsplatte stehen sehen. War eine von ihnen geöffnet? Hab ich nicht gesehen. Sie sah das Glas vor der Flasche. Ja, in beiden Küchen hatte ein Glas neben der Flasche gestanden. Nur jeweils ein Glas an beiden Orten.
    Ganz ruhig. Sicher stehen in jeder Küche in Göteborg Weinflaschen auf Arbeitsplatten.
    Ein Glas. Warum war es nur ein einziges Glas? War die Flasche geöffnet gewesen oder nicht? War Wein im Glas gewesen? Sie drehte sich um und ging zurück ins Schlafzimmer. Endlich kroch eine Straßenbahn mit glitzernden Lichtern den Sannabacken herauf, die Lichter huschten über die Wand. Sie hatte den ganzen Tag verschlafen, den ganzen Nachmittag mit Nachdenken verbracht. Sie war gezwungen gewesen, den Tag zur Nacht zu machen, das brachte der Job nun einmal mit sich. Kein Grund zum Klagen. Die Gemälde. Die Bücher. Die Flaschen. Was soll ich tun? Nachdenken, ich muss noch ein bisschen nachdenken. Sie folgte einem weiteren Straßenbahnlicht mit dem Blick. Es glitt wie ein Suchscheinwerfer über ihre Wand und floss abwärts, zu ihrem Bett. Es strich über den Nachttisch. Den Nachttisch. Jetzt gehe ich zum Telefon und rufe an, dachte sie.

7
    S ie hatten gehofft, dass ihnen der Name des im Wasser Treibenden zu

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