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Der letzte Winter

Titel: Der letzte Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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teuer.
    »Darauf können Sie Gift nehmen. Ich hab selber Hockey gespielt, mit Bäcken. Wissen Sie, wer das war?«
    »Ja.«
    »Nee, das wissen Sie nicht. Das glaub ich Ihnen nicht.«
    Der Mann schien im Geist einen Schritt zurückzutreten und Winter zu mustern, um herauszufinden, mit was für einem Kerl er Konversation machte und kostbare Zeit verdaddelte, die er zum Zeitungsverkauf nutzen sollte, um die Anschaffung eines Fahrrades für seinen Sohn zu finanzieren. Es würde ihm sicher gelingen. Das Zeitungssterben ging weiter, wie alle anderen Tode, aber die Zeitung der Obdachlosen lief gut, immer besser. Bald würde sie sich am besten von allen Zeitungen verkaufen. Vor jeder Kneipe, jedem Schnapsladen in der Stadt standen jetzt Verkäufer. Im vergangenen Jahr waren es mehr geworden.
    »Ulf Sterner hat dort am Ende seiner Karriere gespielt«, sagte Winter.
    »Was? Nee … was zum Teufel?! Das wissen Sie?«
    »Klar weiß ich das.«
    »Hier meine Pfote, Kumpel! Tommy Näver mein Name. Bei Gott, ich hab mit dem taffen Uffe zusammen gespielt.«
    Winter drückte seine Hand. Er spürte einen festen Händedruck durch seinen Handschuh aus Elchleder. Vielleicht sollte er dem Mann die Handschuhe schenken. Ein wunderbares Weihnachtsgeschenk. Mit reinem Gewissen von dannen gehen. Als wäre er plötzlich katholisch geworden.
    »Dann müssen Sie schon in der Wiege unterschrieben haben«, sagte Winter.
    »He, glauben Sie mir etwa nicht?«
    »Kein Wort«, sagte Winter.
    Tommy Näver sah ihn überrascht an. Dann brach er in Gelächter aus.
    »Ha, ha, ha, Sie haben recht. Die Wiege, ha, ha, ha. Aber ich hab bei Bäcken gespielt, ehrlich. Ich war fest angestellt.«
    »Das glaube ich Ihnen«, sagte Winter.
    »Spielen Sie selber? Hockey?«
    »Landesmannschaft. Ich war dabei, als wir die Weltmeisterschaften 1957 in Moskau gewonnen haben.«
    »W… Ha, ha, ha. Das ist gut. WM  ’ 57 !«
    »Ich hab bei Sandarna BK Fußball gespielt«, sagte Winter. »Aber mein Knie ist kaputtgegangen. Aus mir hätte was werden können.«
    »Sandarna, Mann. Ich hab ja in Sandarna gewohnt! Jetzt wohn ich da auch noch manchmal. Ein Kumpel von mir hat eine Bude in der Öckerögatan.«
    Winter nickte. Vielleicht war es jetzt Zeit zu gehen. Sie hatten sich noch viel zu erzählen, aber Tommy musste arbeiten. Winter musste auch arbeiten. Und in gut einer Woche war Weihnachten. Er hatte noch kein einziges Weihnachtsgeschenk besorgt.
    »Ich muss gehen«, sagte er.
    »Was machen Sie denn so?«, fragte Tommy Näver. »Arbeiten wohl bei der Bank, was?« Er zeigte über die Avenyn. »Ich hab Sie aus der Bank kommen sehen. Sie haben das Fahrrad aufgeschlossen.«
    »Gut beobachtet«, sagte Winter.
    »Ich sehe alles«, sagte Näver. »Mir entgeht nichts.« Er machte eine Kreisbewegung mit der Hand. »Das ist mein Platz. Hier stehe ich immer. Wenn Sie was von mir wollen, finden Sie mich hier.«
    »Bis dann«, sagte Winter und ging los mit seinem Fahrrad.
    »Aber was ist denn nun Ihr Job?«, hörte er Nävers Stimme hinter sich.
    Winter drehte sich um. »Das spielt eigentlich keine Rolle«, sagte er. »Aber ich bin Polizist.«
    Näver sagte noch etwas, Winter winkte ihm nur ein Adieu zu und ging weiter zu Wettergrens Buchhandel. Er sah auf seine Armbanduhr. Vielleicht hatte er noch Zeit, hineinzugehen und zu fragen, ob der Sebald gekommen war, den Angela sich wünschte. Er hatte das Buch letzte Woche zusammen mit Max Hastings Nemesis für sich selbst bestellt.
    Sein Handy klingelte.
    »Ja?«
    »Bertil hier. Wo bist du?«
    »Kurz vor Wettergrens.«
    »Wie war’s in dem Immobilienbüro?«
    »Eine Kollegin hatte eine außereheliche Affäre mit Dahlquist.«
    »Das ist ja ein Ding.«
    »Du sagst es. So geht es in der richtigen Welt zu, Bertil.«
    »Ein Glück, dass wir in einer anderen Welt leben. Übrigens hat vor einer halben Stunde ein Bekannter von ihm angerufen.«
    »Ein Bekannter von Dahlquist?«
    »Er sagt, er hat an dem Tag mit ihm gegessen, als er verschwunden ist.«
    Hans Rhodin war um die vierzig, vielleicht etwas jünger. Neuerdings schien die ganze Welt zwischen dreißig und vierzig Jahre alt zu sein. Nur Winter und Ringmar waren älter geworden. Sie saßen Rhodin gegenüber, oder er saß ihnen gegenüber, in Winters Büro mit dem prachtvollen Blick auf den Fattighusån. Die Sonne leuchtete noch immer unbeschreiblich von dem unbeschreiblich blauen Himmel, der immer schöner wurde, je weiter der Tag fortschritt. Plötzlich hing ein Versprechen nach Schnee in der

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