Der letzte Winter
Polizeistreife kam, stand die Wohnungstür offen.«
»Ich habe keine Tür offen gelassen!«
»Sie haben gesagt, Sie hätten die Tür geöffnet.«
»Das habe ich niemals gesagt! Wer behauptet das? Aus welchem Grund glauben Sie, dass ich …«
»Halt, stopp«, unterbrach Winter ihn. »Haben Sie die Notrufnummer gewählt?«
»Wie bitte?«
»Haben Sie bei der Polizei angerufen?«
»Natürlich habe ich das. Als ich wach wurde und mir klarwurde, dass Gloria …« Er verstummte. Winter konnte sein Gesicht nicht sehen.
»Sind Sie in den Flur gegangen und haben die Tür geöffnet – damit die Polizisten bei ihrer Ankunft hereinkonnten?«
»Nein!«
»Sie haben die Tür nicht aufgeschlossen?«
»Nein! Warum sollte ich das tun? Das ist doch verrückt. Nein, nein. Die Tür war abgeschlossen.«
»Als die Polizisten kamen, war sie offen«, sagte Winter. »Sie brauchten ihre Spezialwerkzeuge nicht einzusetzen. Die Wohnungstür war angelehnt.«
Lentner schaute Winter an. Sein Blick war klar, aber die Angst darin war nicht zu übersehen.
»Ich habe sie nicht geöffnet«, sagte er.
In Torsten Öbergs Augen war ein besonderer Ausdruck, als Winter ihn in seinem Büro aufsuchte. Davor ging es zu wie in einem Labor. Es war ein Labor. Ein Labor zum Besten der Menschheit.
»Gartenhandschuhe«, sagte Öberg, bevor Winter sein Hinterteil bequem auf einem Stuhl platziert hatte.
»Wie bitte?«
»Sieht aus, als hätte jemand mit Handschuhen an den Büchern und den Bildern gefingert«, sagte Öberg. »Und an den Weinflaschen auch.«
»Das ist ja ein Ding.«
»Kann man wohl sagen.«
»Handschuhe«, sagte Winter.
»In der Tat. Es ist ja wohl nicht sehr wahrscheinlich, dass die beiden Paare den ganzen Tag mit Handschuhen herumliefen, oder was meinst du?«
»Gab es auch Spuren von den Paaren?«
»Ja, an den Büchern. Aber nicht an den Bildern. Nicht an den Flaschen. Daran haben wir nur diese besonderen Spuren gefunden.«
»Warum nennst du sie besonders?«
»Ich hab doch gesagt, Gartenhandschuhe, vermute ich jedenfalls. Damit meine ich diese Sorte mit speziellen Noppen dran, oder wie man das nennt. Du weißt, was ich meine.«
Winter nickte. Er hatte selbst solche Handschuhe benutzt, als er sein Grundstück am Meer von Seegras und Tang befreit hatte.
»Wir haben eine neue Methode ausprobiert, mit der wir der Sache vielleicht näher kommen«, sagte Öberg. »Letztes Mal schien es nichts zu geben, wonach man suchen könnte. Die letzten Male.«
Winter nickte wieder.
»Vielleicht finden wir irgendetwas an diesen Noppen«, sagte Öberg. »Oder auf den Kissen, dem Bettzeug. Das Kriminaltechnische Labor darf jetzt nach DNA suchen.«
»Wird auch Zeit«, sagte Winter.
Öberg antwortete nicht. Er beobachtete einen kleinen Vogel, der sich auf dem Fenstersims niedergelassen hatte. Die Sonne blinkte in dem gelbblauen Gefieder. Es war ein schwedischer Vogel.
»Also in beiden Wohnungen die gleiche Vorgehensweise?«, fragte Winter.
»Genau gleich. Spuren von denselben Handschuhen.«
»Noch mehr?«
»Reicht das nicht?«
Winter antwortete nicht.
»Was sagst du, Erik?«
»Ich sage, dass wir noch mal von vorn anfangen müssen.«
Winter versammelte die kleine Gruppe in seinem Büro. Das geschah nicht oft. Aber er hatte beschlossen, den sogenannten Konferenzraum am Ende des Korridors nie mehr zu benutzen. Der Raum war zu groß und rein gefühlsmäßig zu kalt. Und im Augenblick war es zu hell, trotz der Jalousien.
»Ich hab mit den beiden Polizisten gesprochen«, sagte Halders. »Johnny und Alexander. Sie können nicht beschwören, gehört zu haben, dass die Männer gesagt haben, die Tür sei offen.«
»Seltsam«, sagte Ringmar.
»Inwiefern seltsam?«, fragte Halders.
»Wie sie überhaupt darauf gekommen sind.«
»In so einer Situation glaubt man Sachen zu hören, die man gar nicht hört«, sagte Aneta Djanali. »Das nennt man Stress.«
»Sie hätten kaltblütiger sein müssen«, sagte Halders. »Die Frau, diese Hoffner, war kaltblütig.«
»Sie kann einen Job bei uns kriegen«, sagte Aneta Djanali.
»Was meinst du dazu, Erik?« Halders sah Winter an. »Wollen wir ihr einen Job anbieten?«
»Später«, sagte Winter.
»Sie kann mich ersetzen«, sagte Halders.
»Dummes Geschwätz«, sagte Ringmar. »Du wirst uns nie verlassen.«
»Ach, und woher weißt du das, Bertil?«
»Können wir weitermachen?«, fragte Winter. Er stand auf und ging zu dem Stativ mit den großen Papierblättern, das er in sein Büro hatte bringen
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