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Der letzte Wunsch

Der letzte Wunsch

Titel: Der letzte Wunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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vielleicht besteht sein Talent gerade darin, von ergreifender Lyrik fließend zu obszönen Schweinereien überzugehen. Lassen wir das. Entschuldige, aber ich werde euch keine Gesellschaft leisten. Mir ist heute weder nach seiner Poesie noch nach seinen vulgären Späßen zumute.«
    Aus dem Korridor klang perlendes Lachen, ein Lautenakkord, und auf der Schwelle der Bibliothek erschien Rittersporn in einem lila Wams mit spitzenbesetzten Manschetten und einem aufs Ohr geschobenen Hütchen.
    Als er Nenneke erblickte, verneigte sich der Troubadour tief und fegte mit der am Hut befestigten Reiherfeder über den Boden. »Meine tiefste Verehrung, ehrwürdige Mutter«, plapperte er dümmlich. »Gelobt seien die Große Melitele und ihre Priesterinnen, die Borne von Tugend und Weisheit . . .«
    »Hör auf zu spotten, Rittersporn«, knurrte Nenneke. »Und nenn mich nicht Mutter. Weißt du, bei dem Gedanken, dass du mein Sohn sein könntest, gerate ich in Wut.«
    Sie machte auf der Stelle kehrt und ging mit rauschendem Umhang hinaus. Mit einer Grimasse äffte Rittersporn eine Verbeugung nach.
    »Sie hat sich überhaupt nicht verändert«, sagte er versöhnlichen Tones. »Sie hat immer noch nicht die Spur eines Sinnes für Scherze. Sie ist mir böse, weil ich bei der Ankunft einen Augenblick mit der Pförtnerin herumgealbert habe, so einer netten Blondine mit langen Wimpern und einem Zopf bis zu dem hübschen Po hinab, in den nicht zu kneifen einfach Sünde gewesen wäre. Also hab ich hineingekniffen, und Nenneke, die gerade vorbeikam ... Ach, was soll’s. Grüß dich, Geralt.«
    »Grüß dich, Rittersporn. Woher wusstest du, dass ich hier bin?«
    Der Dichter reckte sich, zog die Hosen hoch. »Ich war in Wyzima«, sagte er. »Ich habe von der Striege gehört und erfahren, dass du verwundet bist. Ich konnte mir denken, wohin du dich zur Erholung begeben würdest. Wie ich sehe, bist du schon gesund?«
    »Du siehst richtig. Aber versuch das Nenneke beizubringen. Setz dich, wir wollen uns unterhalten.«
    Rittersporn setzte sich und warf einen Blick auf das Buch, das auf dem Pult lag. »Geschichte?« Er lächelte. »Roderick de Novembre? Kenn ich, kenn ich. Als ich an der Akademie in Oxenfurt studierte, war Geschichte die Nummer zwei unter meinen Lieblingsfächern.«
    »Was war die Nummer eins?«
    »Erdkunde«, sagte der Dichter ernst. »Der Weltatlas war größer, und dahinter ließ sich die Schnapsflasche besser verstecken.«
    Geralt lachte trocken, stand auf, nahm die 
Arkana der
 
Magie und Alchimie
 von Lunini und Tyrss aus dem Regal und zog ein hinter dem dicken Band verborgenes bauchiges, mit Stroh umwickeltes Gefäß ans Tageslicht.
    »Oho!« Die Stimmung des Barden besserte sich zusehends. »Wie ich sehe, sind Weisheit und Inspiration immer noch in den Buchregalen zu finden. Ooch! Das gefällt mir! Aus Pflaumen, nicht wahr? Ja, das ist Alchimie, alles was recht ist. Da haben wir den Stein der Weisen, der das Studium wirklich lohnt. Auf dein Wohl, Bruderherz. Ooch, ist das Zeug stark!«
    »Was führt dich hierher?« Geralt nahm dem Dichter die Flasche ab, setzte sie an und begann zu husten, wobei er sich den verbundenen Hals rieb. »Wohin willst du?«
    »Nirgendwohin. Das heißt, ich könnte dorthin gehen, wo du hingehst. Dir Gesellschaft leisten. Hast du vor, es dir hier lange gemütlich zu machen?«
    »Nein. Der hiesige Herzog hat mir zu verstehen gegeben, dass ich in seinen Ländereien unerwünscht bin.«
    »Hereward?« Rittersporn kannte alle Könige, Fürsten, Herrscher und Lehnsherren von der Jaruga bis zu den Drachenbergen. »Pfeif drauf. Er wird es nicht wagen, sich mit Nenneke anzulegen, mit der Göttin Melitele. Das Volk würde ihm die Burg in Schutt und Asche legen.«
    »Ich will keine Scherereien. Und ich sitze sowieso schon zu lange hier. Ich reite nach Süden, Rittersporn. Weit nach Süden. Hier finde ich keine Arbeit. Die Zivilisation. Was soll denen hier ein Hexer? Wenn ich nach einer Beschäftigung frage, sehen sie mich an wie ein Wundertier.«
    »Was du für ein Zeug redest! Wo soll denn hier Zivilisation sein? Ich bin vor einer Woche über die Buina gekommen, und auf dem Ritt durchs Land habe ich alle möglichen Geschichten gehört. Hier soll es Wassermänner, Winder, Greulen, Flatterer geben, alles mögliche Viehzeug. Du müsstest alle Hände voll zu tun haben.«
    »Solche Geschichten habe ich auch gehört. Die Hälfte davon ist entweder erfunden oder übertrieben. Nein, Rittersporn. Die Welt ändert

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