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Der Leuchtturm von Alexandria

Der Leuchtturm von Alexandria

Titel: Der Leuchtturm von Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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mißtrauisch, wenn du jetzt verschwindest. Geh einfach deinen üblichen Pflichten nach; ich werde dir eine Nachricht zukommen lassen, wenn ich eine Möglichkeit sehe, den Erzbischof herauszubekommen.«
    »Was ist mit den Büchern?«
    »Ach ja! Ich werde dir Petrus’ eigene Sammlung von Evangelien schicken lassen, und du kannst sie morgen in der Zitadelle abgeben. Oder vielleicht… kann ich deinen Passierschein einmal sehen?«
    Ich händigte ihm das Stück Papyrus aus, und er las es sich durch, dann faltete er es zusammen und steckte es lächelnd in seine Geldbörse. »Dieser Brief ermächtigt den Überbringer, einige Evangelien in dem Haus, in dem Petrus gefangengehalten wird, abzugeben. Ich werde ihn einem der Freunde des Bischofs geben. Dann kann er jemanden schicken, der die Bücher heute abend abgibt.«
    Er saß einen Augenblick still da und starrte auf einen der Siegelringe an seiner Hand; er drehte ihn vor und zurück, dann sah er mich wieder an und lächelte erneut. Es war ein seltsames Lächeln. »Wie kann ich dich erreichen, falls ich dich kurzfristig warnen muß?« fragte er.
    Ich sagte ihm, ich würde eine Liste meiner Patienten zu Hause hinterlegen, und er nickte. Dann dankte er mir noch einmal, und ich ging.
    Zwei Tage später kehrte ich spätabends nach Hause zurück. Es schien niemand da zu sein. Die Tür war unverschlossen. Ich ging hinein und rief nach den Nonnen, aber keine Menschenseele antwortete. Ich machte mich auf den Weg nach oben. Als ich im zweiten Stock angelangt war, öffnete sich die Tür zu meinem Zimmer, und ein Soldat blickte auf mich herab. Ich blieb stehen, er rannte die Stufen herunter und packte mich am Umhang.
    »Chariton von Ephesus?!« fragte er und kam mit seinem Gesicht ganz nahe an das meine heran. Das Weiße seiner Augen hatte eine gelbliche Färbung angenommen, und unter dem bronzenen Visier seines Harnischs hatte er eine gebrochene Nase.
    »Ja«, sagte ich. »Was ist los?«
    Er schnaubte verächtlich und zog mich ohne eine Antwort die Stufen hinauf. Mein Zimmer war durch meine eigenen Öllampen und eine zusätzliche Fackel hell erleuchtet. Zwei weitere Soldaten durchsuchten meine Sachen. Derjenige, der mich festhielt, schob mich durch die offene Tür, dann kam er nach und schloß die Tür hinter sich. »Hier ist er«, sagte er zu seinen Kameraden. »Immerhin ist er nicht abgehauen.«
    »Ich habe Patienten besucht«, erzählte ich ihnen und versuchte, die Fassung zu bewahren. »Wer seid ihr, und was wollt ihr? Ich habe nichts Schlechtes getan.« Ich versuchte, selbstsicher zu klingen, aber ich hatte Angst. Ich glaubte nicht, daß man mich nur deshalb bestrafen könnte, weil ich der Arzt eines bestimmten Mannes gewesen war. Aber Bischof Lucius war zu allem fähig.
    »Petrus von Alexandria«, sagte der Soldat, der mich gepackt hielt. »Wo ist er?«
    Ich starrte ihn an. Theophilos hatte mir versichert, daß er mich aus der Stadt schaffen und nicht zulassen würde, daß sie mich erwischten. Es konnte ihm doch noch nicht gelungen sein, Petrus zu befreien? Er hätte es mir doch sicherlich erzählt, bevor er etwas dergleichen in Szene setzte? »Er ist… er ist im Gefängnis«, sagte ich. »In der Zitadelle. Dort habe ich ihn vorgestern noch besucht.«
    Die Soldaten grinsten höhnisch. »Das wissen wir. Du warst der einzige von seiner Sippschaft, der ihn dort besucht hat. Wo ist er jetzt?«
    »Ich weiß nicht, wovon ihr sprecht.«
    Einer der Soldaten packte mich und drehte mir die Arme auf den Rücken. Ein anderer schlug mir zweimal mitten ins Gesicht. Ich war wie betäubt und drauf und dran, in Ohnmacht zu fallen, doch der Schmerz in meinen Armen brachte mich wieder zu mir. »Heiliger Jesus Christus«, sagte ich.
    »Hör mit dem Beten auf«, sagte der Soldat und versetzte mir einen Stoß in den Magen. Ich krümmte mich vor Schmerzen; der andere ließ mich los, und ich fiel auf den Fußboden. Der Soldat versetzte mir zwei Fußtritte, einen in die Rippen und einen zwischen die Schenkel; wenn ich wirklich ein Mann gewesen wäre, wäre ich ohnmächtig geworden, aber auch so tat es höllisch weh. Ich schrie auf, und der Soldat hinter mir ergriff mich und zerrte mich wieder hoch, wobei er mir die Arme verdrehte.
    »Ich bin ein Mann von vornehmer Abkunft«, sagte ich, als ich wieder sprechen konnte. »Das könnt ihr nicht tun.« Ich zitterte fürchterlich und fühlte, wie mir etwas das Kinn herunterrann: Wahrscheinlich bluteten meine Lippen.
    »Du? Eunuchen sind Sklaven.«
    »Ich bin

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