Der Leuchtturm von Alexandria
Charitons Anweisungen zu folgen. Ich halte sehr viel von seinen Methoden.«
»Aha. Dann bist du also der Sklave, von dem Chariton wünscht, daß er künftig nur noch medizinische Pflichten übernimmt? Ein weiterer guter Gedanke: Für die Hausarbeiten haben wir einen Haufen weniger wertvoller Sklaven. Wenn in Zukunft jemand etwas von dir will, was außerhalb deiner Pflichten liegt, dann befehle ich dir, ihm nicht zu gehorchen.« Arbetio schluckte, starrte ihn an und verbeugte sich. Sebastianus lächelte. »War da nicht noch ein anderer?«
»Er ist in Histria, Vortrefflicher«, entgegnete Valerius.
»In Histria? Was macht er denn da?«
Es entstand eine verlegene Pause. Ich sagte nichts. »Er besucht seine Privatpatienten«, gab Valerius widerwillig zu.
»Privatpatienten in Histria! Das ist ein weiter Weg für einen Besuch! Bestell ihm von mir, daß jeder Privatpatient, den er annimmt, nicht weiter als eine halbe Tagesreise von Novidunum entfernt wohnen darf. Wir zahlen ihm seinen Sold nicht dafür, daß er seine ganze Zeit weit weg in Histria verbringt. So, ich denke, das war’s dann. Valerius, Chariton, vielleicht wollt ihr mit mir zusammen Mittag essen? Obwohl ich es zu schätzen wüßte, Chariton, wenn du dich erst einmal waschen würdest.«
Ich sah an mir herunter und bemerkte, daß meine Hände immer noch von dem Blut meiner Patienten besudelt waren.
»Natürlich, Heerführer Sebastianus«, sagte ich und lächelte noch einmal. »Danke dir.«
3
Danach verlief alles reibungslos. Xanthos schluckte seinen Stolz hinunter und blieb. Obwohl es eindeutig war, daß er mich haßte, hatte ich wegen der Patienten keinerlei Ärger mehr mit ihm. Diokles war ebenfalls wütend, als er aus Histria zurückkam, doch er bereitete mir keinen Ärger, erklärte lediglich großspurig, er werde seine Privatpatienten besuchen, wann es ihm passe, und der Heerführer solle sich zum Teufel scheren. Arbetio war von rührender Dankbarkeit.
Ich versammelte meine Schar Pfleger um mich und brachte ihnen das Reinigen von Wunden sowie einige grundsätzliche Regeln der Krankenpflege bei. Zu meiner großen Freude machten sich die Veränderungen sofort und auf drastische Weise bezahlt, was man am Prozentsatz derjenigen Patienten ablesen konnte, die gesund wurden. Ich schrieb einen Brief an Thorion und schickte ihn durch einen offiziellen Kurier – als Armeearzt, der an einen kaiserlichen Beamten schrieb, war ich dazu befugt. Ich hatte ihm kurz vor meiner Abreise aus Alexandria geschrieben und ihm von den dortigen Vorfällen berichtet, und jetzt erzählte ich ihm von der Festung und bat ihn, mir ein wenig Opium zu besorgen und es mir durch die Staatspost zukommen zu lassen, wozu er sicherlich berechtigt sei.
Mitte Dezember, als wir nur ein paar pflegebedürftige Patienten hatten, ging ich zu den Ställen, um mir ein Pferd für meinen ersten Ausflug flußaufwärts auszusuchen. Bei meinem Auftauchen warfen mir die Reitknechte abschätzige Blicke zu. Die Soldaten mochten mich nicht, weil ich ein Eunuch war und außerdem ein Zivilist, der aus einer für ihre Verweichlichung berüchtigten Provinz stammte. Und meine Erfolge im Hospital waren noch nicht bis zu ihnen vorgedrungen. Der Stallmeister war korrekt und höflich und zeigte mir die wenigen Pferde. Er empfahl mir eines, eine schlanke, gedrungene Stute. Ich warf einen Blick auf sie.
»Sie wird es nicht schaffen«, sagte ich dem Mann. »Sie ist kurzatmig.«
Einen Augenblick lang herrschte Schweigen, dann meinte er:
»Das ist richtig. Vielleicht möchtest du statt dessen dieses Pferd?« Und er zeigte auf einen rotbraunen Wallach. Ich machte ihn darauf aufmerksam, daß dieses Pferd sich gerade erst von einem gespaltenen Huf erholte; deshalb eigne es sich nicht für einen langen Ritt. Er empfahl mir noch ein Pferd, gesund, aber nach seinen Zähnen zu urteilen, viel zu alt; dann eines, das am Spat, einer Gelenkerkrankung, litt. Ich lehnte alle beide ab und schlug ein Heilmittel gegen den Spat vor. Jemand lachte.
»Verstehst du denn etwas von Pferden?« fragte der Stallmeister ungläubig.
»Ich bin im Haus eines reichen Mannes aufgewachsen, der eine große Vorliebe für Wagenrennen hatte«, erwiderte ich.
»Meine ersten Patienten waren Pferde.«
Mein Ansehen stieg enorm. Die Reitknechte ereiferten sich über Würmer, Hufabschürfungen und Koliken; der Stallmeister gab mir ein anständiges Reitpferd; der Veterinär tauchte aus dem Nichts auf und begann über Spat und Gelenkdegeneration zu
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