Der Leuchtturm von Alexandria
darüber zu sprechen«, erwiderte Athanaric. »Leute aus Ephesus und von ausgezeichnetem Ruf.«
»Einhundert Pfund in Gold sind in der Tat gar nicht so schlecht«, meinte Colias und grinste. »Dafür würde ich jeden meiner Gefangenen verkaufen, Frithigern.«
Frithigern schüttelte den Kopf. »Sie ist mehr wert. Sie hat mehr als hundert Leben gerettet, seit sie hier ist. Die Antwort lautet nein.«
»Zweihundert Pfund«, sagte Athanaric. Frithigerns Augen wurden zu engen Schlitzen. Er schüttelte den Kopf.
»Ich brauche Ärzte nötiger als Gold. Wir haben einen Haufen Gold erbeutet, aber keine Ärzte.«
»Vierhundert Pfund«.
Es erhob sich ein lebhaftes Gemurmel. Colias ließ einen Pfiff ertönen. Ich stand da wie eine Sklavin, die versteigert wird, und fragte mich, wie weit Athanaric würde gehen müssen. Ich wußte nicht, ob ich erfreut oder verzweifelt sein sollte.
»Warum ist der Heerführer Sebastianus so an der edlen Frau interessiert?« fragte Frithigern mißtrauisch.
Athanaric warf mir einen flüchtigen Blick zu und zuckte quasi entschuldigend die Achseln. »Er war der Befehlshaber dieser Frau, als man noch dachte, sie sei ein Mann, und er fühlt sich dafür verantwortlich, daß sie in Gefangenschaft geraten ist.«
Ringsum erhob sich Gelächter. »Er war ein Narr, nicht zu merken, wen er da befehligte«, rief Alavivus.
»Es ist leichter, das Geschlecht eines Gefangenen zu entdecken, den man zu allem zwingen kann, als das eines freien Menschen, der es zu verbergen versucht«, erwiderte Athanaric scharf.
»Und die Dame Charis war unter den Römern ein freier Mensch. Sie war frei, als sie König Frithigerns Frau heilte und versucht hat, eurem Volk gegen Lupicinus beizustehen. Jetzt streiten wir darüber, welches Lösegeld ihr für eine Frau nehmen wollt, die euer Gast war und die ihr freilassen solltet, ohne Geld für sie zu verlangen. Ihre Freunde bieten vierhundert Pfund in Gold.«
Frithigern warf mir diesen schwer zu deutenden Blick zu, den ich zu hassen und zu fürchten gelernt hatte. »Da ihre Familie und der Heerführer vierhundert Pfund in Gold für ihre Freilassung bieten, ist sie offensichtlich von hohem Rang. Dame Charis, aus welcher Familie stammst du?«
Ich rang meine Hände. »Wenn meine Leute dir ihren Namen nicht verraten wollen, wer bin dann ich, sie zu hintergehen?«
Der Blick aus den blassen Augen haftete noch einen Augenblick länger auf mir, dann wanderte er zu Athanaric und verhielt dort. Endlich schüttelte Frithigern den Kopf. »Es ist nicht genug.«
»Vierhundert Pfund sind nicht genug für eine Frau?« fragte Colias ungläubig. »Wir könnten dieses Geld gebrauchen. Nimm es, um des Himmels Willen!«
»Wozu brauchen wir Geld?« fragte Frithigern. »Kein Römer wird mit uns Handel treiben, und mit Gold können wir uns nichts kaufen. Unsere einzige Währung ist das Schwert. Außerdem ist sie meine Gefangene, nicht deine. Nein. Es ist nicht genug.«
»Sechshundert Pfund in Gold«, bot Athanaric, aber ich konnte sehen, daß er schwitzte.
»Ihrer Familie muß ganz Ephesus gehören!« rief Colias aus. Frithigern runzelte plötzlich die Stirn. »Theodoros«, sagte er.
»Der Statthalter. Er hatte eine Schwester…«
»… die Festinus heiraten sollte!« beendete Colias den Satz, und alle Anwesenden fingen gleichzeitig an zu sprechen.
»Es gibt viele reiche Familien in Asien!« protestierte Athanaric, doch der Aufruhr erstickte seine Worte. Unsere Familie war die einzige wirklich reiche Familie Asiens, von der die Goten gehört hatten, und daß eine Tochter des Hauses vermißt wurde, war in ihren Augen ein unstrittiger Beweis. Sie reckten ihre Hälse, um mich zu sehen, die berüchtigte Schwester des Theodoros, die Festinus ohne Braut inmitten seiner Hochzeitsgirlanden sitzengelassen hatte.
Frithigern sah Athanaric an und lächelte. »Ich werde sie nicht freilassen.«
»Tausend Pfund in Gold!« rief Athanaric. »Mehr kann ich nicht bieten.«
Ich war sicher, daß dies der Wahrheit entsprach. Thorion hätte sich eine Menge leihen müssen, um diese Summe zusammenzubekommen.
»Der höchst ehrenwerte Theodoros kann sein Gold behalten«, entgegnete Frithigern. »Dieser Teufel Festinus hat seine Braut verloren, und einer meiner eigenen Männer wird sie bekommen.«
»Nein!« protestierte ich energisch.
»Mach dich nicht lächerlich!« sagte Athanaric, an Frithigern gewandt. »Glaubst du denn, Theodoros wolle sie mit Festinus verheiraten? Er haßt ihn ebenso sehr wie du!« Dann
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