Der Leuchtturm von Alexandria
hielt er inne und biß sich auf die Zunge; er hatte zugegeben, daß Frithigerns Vermutung über meine Herkunft richtig war.
Frithigern nahm keine Notiz davon: Er war sich sowieso sicher gewesen. »An wen will er sie dann verheiraten?« fragte Frithigern. »An den Heerführer Sebastianus?« Er beobachtete Athanaric aufmerksam, dann nickte er und meinte bekräftigend:
»Ich werde diese Frau keinem meiner Feinde aushändigen.«
»Das ist ja lächerlich«, sagte ich und unterbrach ihn erneut.
»Sebastianus ist ein Edelmann von allerhöchstem Rang. Er kann sich wirklich etwas Besseres antun, als eine Armeeärztin zu heiraten, deren Mitgift bereits für ihr Lösegeld draufgegangen ist.«
Athanaric warf mir einen raschen Blick zu, dann sah er wieder weg. Frithigern grinste. »Es spielt keine Rolle, Sebastianus oder Festinus oder irgendein anderer. Die Dame wird keinen Römer heiraten. Festinus’ Braut wird einen meiner Männer heiraten und bei uns alt werden und auf diese Weise eine Schmach für die Römer darstellen. Das ist es wert, dafür auf tausend Pfund in Gold zu verzichten.«
Die Goten brachen in Beifallsrufe aus, sogar Colias. Athanaric wurde blaß. Er stand da und schlug an den Griff seines Schwertes. Ich spürte, daß ich etwas unternehmen mußte, etwas sagen mußte, oder es wäre alles verloren: Ich würde in das Haus eines gotischen Edelmannes gebracht werden, um Festinus, Thorion und Sebastianus zu kränken, und keinem würde es auch nur in den Sinn kommen, daß sie mir ein Unrecht zugefügt hatten.
»Edler König!« rief ich aus und trat einen Schritt vor. Jedermann blickte auf mich, die Goten grinsten, als sei ich eine zweitklassige Schauspielerin, die nun auf die Bühne kam, um ihren Text aufzusagen. »Edler König«, wiederholte ich und vermochte einen Augenblick lang nicht mehr zu denken; ich fühlte mich ganz krank. »Ich habe dir einige Dienste erwiesen«, sagte ich endlich. »Ich habe dir und deiner Familie geholfen, bevor dieser Krieg begann. Du hast es mich entgelten lassen, indem du mich zu deiner Gefangenen gemacht hast. Ich habe dir gesagt, wie du eine große Epidemie vermeiden kannst, die dich Hunderte, ja sogar Tausende deines Volkes gekostet hätte, und du willst mich wie eine Sklavin verkaufen. Ewiger Christus! Es würde dir, ehrenwerter Frithigern, besser anstehen, mich ohne Lösegeld nach Hause zurückkehren zu lassen.«
»Ich verkaufe dich nicht wie eine Sklavin«, entgegnete Frithigern. »Ich will dich auf höchst ehrenwerte Weise mit einem Edelmann verheiraten.«
»Ich will deinen Edelmann nicht«, sagte ich ausdruckslos. Und dann, vielleicht, weil mich alle beobachteten und ich mir wie eine Schauspielerin in einem Stück vorkam, fuhr ich fort. »In Novidunum gab es einen Arzt, der mich gegen meinen Willen nehmen wollte. Ich tötete ihn mit seinem eigenen Messer. Ich werde das gleiche mit dem Mann tun, der es noch einmal versucht, und wenn er kein Messer hat, dann kenne ich ein paar hundert Arzneimittel, die genau das gleiche bewirken. Ich kann nicht länger leugnen, daß ich die Tochter des Theodoros von Ephesus bin, doch ich vermag nicht einzusehen, warum dies die Verpflichtung zur Gastfreundschaft oder deine Schuld mir gegenüber weniger schwer wiegen läßt. Und ich sehe nicht ein, warum ich mir deswegen nicht länger selbst gehören soll und warum du über mich verfügen willst, nur um deine Feinde zu kränken, so als seien meine eigenen Wünsche völlig unerheblich.«
Athanaric warf mir einen Blick voller Bewunderung und Stolz zu. Mir wurde schwindelig, als ich es bemerkte. Die Goten starrten mich mit einer Art widerwilligem Respekt an. Frithigern und seine Gefolgsleute blickten wütend. Hinter ihnen erkannte ich Amalberga, die mich entsetzt ansah. Ich bemerkte, wie sie versuchte, ihrem Gemahl ein Zeichen zu geben. Ich wußte, was sie ihm bedeuten wollte: »Laß es gut sein für den Augenblick, ich werde mit Charis sprechen, du wirst auf keinen Fall etwas bei ihr ausrichten, wenn du sie anbrüllst.« Aber was eine Ehe anbetraf, würde sie wohl kaum mehr ausrichten als ihr Mann.
»Du unverschämtes, hochmütiges Weib!« rief Frithigern, dann gelang es Amalberga, seinen Blick auf sich zu lenken. Er zögerte, und sie eilte auf ihn zu und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Er sah wieder zu mir hin, kaute auf seinem Bart herum, und Amalberga flüsterte erneut. Dann schlug Frithigern auf die Lehne seiner Ruhebank. »Es hat keinen Zweck, einer überheblichen Frau, die sich dauernd
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