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Der Leuchtturm von Alexandria

Der Leuchtturm von Alexandria

Titel: Der Leuchtturm von Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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duftendem Öl oder Blumen und blieb lange, um über Medizin oder die mosaischen Gesetze zu diskutieren. Alle mochten ihn. Theophila fragte mir seinetwegen ein Loch in den Bauch und war bald bis über beide Ohren in ihn verliebt.
    Und auch diesen ganzen Sommer über gab es noch keine Aufstände. Ein paar Unruhen in der Nähe der Hafenanlagen, ein Scharmützel nach einem Wagenrennen in der Nähe der Pferderennbahn, aber keinen Aufstand. In der Taverne des Kaleias lachten wir über Nikias wegen seiner Prophezeiung, aber er zuckte nur die Achseln.
    »Der Erzbischof ist bei guter Gesundheit. Und angeblich betet er am Ende jeder seiner Predigten um Frieden«, erzählte er uns.
    »Das müssen sich seine Anhänger zu Herzen genommen haben. Und die Behörden scheinen im Augenblick seinen Tod abzuwarten, bevor sie irgend etwas unternehmen. Aber wartet nur, bis er krank wird!«
    Und er wechselte das Thema und sprach von einer wunderbaren Heilung, die vom Tempel des Äskulap auf der Insel Kos berichtet wurde. Er war immer voll von wunderbaren Heilungen, die angeblich Äskulap bewirkt hatte. Da sein zweitwichtigstes Gesprächsthema Berichte über seine Heldentaten mit Dirnen waren, nahm ich überhaupt nichts mehr ernst, was er sagte, und kam zu der Ansicht, er verfolge mit all diesem Gerede über Aufstände und Bürgerkrieg beim Tode des Erzbischofs nur die Absicht, uns zu erschrecken.
    Eines Tages, mitten im Herbst, stellte mir Philon einige sehr gezielte Fragen in bezug auf Theogenes. Ich gab ihm nach bestem Wissen und Gewissen Auskunft.
    »Es wäre ein großes Glück für uns, wenn Theogenes sich in sie verliebt hätte«, sagte er. »Er ist ein angenehmer junger Mann aus gutem Hause und ein interessanter Gesellschafter.«
    Ich sagte nichts dazu. Daß Philon in dieser Richtung Hoffnungen hegte, war offensichtlich genug, aber bisher war es mir nicht aufgefallen. Jetzt, da es ausgesprochen war, merkte ich, daß ich mich darüber ärgerte, weil, wie ich insgeheim zugeben mußte, Theogenes ein attraktiver junger Mann war und ich ihn selbst sehr gern mochte. Aber ich schlug mir meine törichte Zuneigung für ihn sofort aus dem Kopf und freute mich für Theophila, daß sie seine Zuneigung tatsächlich gewonnen hatte. Chariton, der Eunuch, hatte nicht das Recht, nette junge Männer zu mögen, und Charis, die Tochter des Theodoros, hatte nicht das Recht, Medizin zu studieren. Mein Wunsch, Medizin zu studieren, war allemal weitaus größer als mein Wunsch, Theogenes oder sonst irgendeinen jungen Mann zu erobern.
    Doch ich hatte den ganzen nächsten Tag schlechte Laune, und als Theogenes auftauchte und fast die ganze Zeit damit zubrachte, Theophila zum Lachen zu bringen, schützte ich Kopfschmerzen vor und ging in mein Zimmer hinauf, um mich hinzulegen. Die Fensterläden waren geschlossen, und ich lag bäuchlings auf meinem Bett und kaute unglücklich auf meinen Fingernägeln herum. Ich hatte alles, was ich mir wünschte, hatte ich Theogenes gegenüber gemeint. Aber er hatte recht, als er meinte, ich hätte sehr viel weniger geträumt als er. Jetzt träumte ich. Liebe, die Gemeinschaft einer Ehe, Kinder – natürlich wünschte ich mir all das. Es wäre unnatürlich, sich so etwas Schönes nicht zu wünschen. Und ich hatte Theogenes, seine Augen und sein Lächeln und seine lebhaft gestikulierenden Hände sehr gern. Doch es war ganz und gar unmöglich, daß aus dieser Zuneigung oder irgendeiner anderen Zuneigung etwas werden könnte, solange ich Medizin studierte.
    Ich stand auf, ging an meinen Bücherschrank und glitt mit dem Finger über die Rücken meiner medizinischen Bücher. Es schien verrückt, sie gegen einen lebendigen, lächelnden jungen Mann und die Aussicht auf Heim und Familie in die Waagschale zu werfen. Ich zog einen der Bände von Hippokrates heraus und öffnete ihn aufs Geratewohl. Zuerst verschwammen die Zeilen vor meinen Augen, doch dann traten sie deutlicher hervor und wurden zu Einzelheiten einer Fallgeschichte. Ich stellte das Buch zurück, stand da und starrte es an. Und meine Finger verharrten auf dem gelben Papyrus. Die Waagschale neigte sich zugunsten der Bücher. Ich wünschte mir so sehr, die Heilkunst auszuüben, wünschte es mir mehr als alles andere auf der Welt. Ich mußte eben auf einiges verzichten und mich damit abfinden, ein Eunuch zu bleiben.
    Der Winter kam, mein zweiter Winter in Alexandria. Theogenes erschien nach wie vor mindestens einmal wöchentlich und widmete sich Theophila. Philon ermutigte

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