Der Lichtritter: 1 (Oleipheas Schicksal) (German Edition)
darüber nachdachte, nicht doch wieder
zurückzukehren und sein altes Leben wieder aufzunehmen. Dann erinnerte er sich
wieder an das, was ihn veranlasst hatte, die Entscheidung, wegzugehen, zu
fällen, sodass er diese Gedanken wieder so schnell beiseite schob, wie sie
gekommen waren.
Als Thalon nun durch das Tal ritt, vorbei an den
überwachsenen Ruinen und Häusern, war es nicht Angst oder Unbehagen, was er
verspürte sondern vielmehr eine besondere Ehrfurcht darüber, der erste Mensch seit
einer sehr langen Zeit zu sein, der sich in diese Gegend gewagt hatte. Er hatte
Respekt vor diesem Boden, denn immerhin handelte es sich dabei um die letzte
bekannte Ruhestätte der Twerge. Es war zwar kein Friedhof, aber Thalon fühlte
sich, als ob er über einen wandeln würde. Immer näher kam er nun dem etwa
sieben Fuß hohen und fünfzehn Fuß breiten Loch im Berg, welches den Eingang zur
ehemaligen Mine der Twerge darstellte. Gleise führten aus dem Schacht heraus
und verliefen sich im gesamten Dorf. Vor dem Eingang lag verrostetes Werkzeug.
Ein Minenwagen lag umgekippt daneben. Über der Öffnung im Berg hing ein Schild
mit dem Siegel der Twerge. Ein geflügelter Helm und zwei übereinander liegende
Äxte. Er stieg von seinem Pferd ab und band es an einem der Pfosten, ein
kleines Stück abseits der Mine, an. Direkt daneben war ein kleiner Trog, der
vor einem großen Fass stand. An dem Fass befand sich ein schmutziger
Wasserhahn. Thalon drehte den Hahn auf, wobei ein quietschendes Geräusch
entstand, mehr als ein paar Tropfen konnte er dem Wasserbehälter allerdings
nicht entlocken. „Hm, das hilft auch nicht weiter“, meinte er. Dann zupfte er
einige Grasbüschel aus dem Boden und legte sie in den Trog. „Damit du nicht
verhungerst. Und wenn das nicht reichen sollte, dann ist um dich herum noch
genug“, sagte Thalon und wandte sich dann dem Eingang zu. Das Pferd begann
nervös zu wiehern, doch Thalon strich mit seiner Hand durch die Mähne. „Bleib
ruhig, Eden. Bevor es dunkel wird bin ich wieder zurück“, sprach er dem Tier zu.
Nachdem er sich versichert hatte, dass Eden beruhigt war, schritt er auf den
Eingang zu. Ein letztes Mal drehte er sich um und sah, wie das Pferd einige der
Grashalme zerkaute. Dann setzte er die ersten Schritte in die Tiefen des
Berges.
Sofort schoss ihm der Geruch von modriger Luft
in die Nase. Irgendwann schwand das Licht des Tages, welches zu Beginn noch
durch die Bergöffnung Helligkeit gespendet hatte. Er erkannte kaum etwas,
tastete sich lediglich an den Wänden vorwärts. Schon nach einer kurzen Zeit hatten sich jedoch seine Augen an die
beinahe vollkommene Finsternis gewöhnt und er konnte grob erkennen, was sich um
ihn herum befand. Dafür machte sich nun ein flaues Gefühl in ihm breit, denn
die Atmosphäre, die der Berg ausstrahlte, war bedrückend. Die Wände des
schmalen Ganges wurden gestützt von eisernen Pfeilern, die, wie schon das
Werkzeug zuvor, mit einer rostigen Schicht überzogen waren. Vereinzelt hatten
sich Pilze am feuchten Boden gebildet, da an manchen Stellen von der Decke eine
klar schimmernde Flüssigkeit hinunter tropfte und dabei ein leises Platschen
erzeugte, so als würden flinke Füße über den Boden eilen. Die weißlichen Pilze
stießen einen unangenehm süßlichen Geruch aus, der Thalon in der Nase brannte.
Instinktiv zertrat er einen der Auswüchse und stellte verwundert fest, dass
diese nun eine staubartige Wolke absonderten. Die feinen Körner schienen zu
leuchten und so erhellten sie für einen kurzen Moment den Gang in einem
grünlichen Licht. Wenige Meter vor ihm teilte sich der Gang und auch die
Schienen, die ihm bisher als Orientierung gedient hatten, verliefen sich in
zwei Richtungen. Eine weitere Schiene führte geradeaus, doch schon nach wenigen
Metern verhinderte schroffes Geröll das Weiterkommen. Er entschied sich für den
linken Weg und stellte kurz darauf fest, dass der Gang sich erneut weitete. Das
Schienensystem verzweigte sich immer mehr und wenige Augenblicke später hatte
Thalon jeglichen Orientierungssinn verloren. Wie in einem schier endlosen Labyrinth
irrte er durch die verwinkelten Gänge. Manchmal trat er in die seltsame
Flüssigkeit, die sich in kleinen Pfützen auf dem Boden ausbreitete. Wie
schwarzes Gold glänzte sie matt auf der harten Erde. Daneben sprossen wieder
die Pilze hervor. Ansonsten waren da nur die leeren Tunnel, gestützt von den
Metallträgern. Sämtliches Zeitgefühl war ihm mittlerweile entglitten,
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