Der Lichtritter: 1 (Oleipheas Schicksal) (German Edition)
nötige
Ablenkung, die Thalon und Lewia retten könnte. „Das ist unsere einzige Chance“,
flüsterte Thalon. Langsam stiegen sie die Treppe hinunter. Unten angekommen
rannten sie so schnell sie konnten aus der Taverne, vorbei an dem Tumult. Die
Soldaten bemerkten sie allerdings, töteten daraufhin mit einigen geschickten
Hieben die unschuldigen Wachen und stürmten den beiden sofort hinterher. Als
sie aber aus der Taverne herauskamen, waren die beiden bereits spurlos
verschwunden. Wütend über eine weitere Niederlage, stieß der Anführer fluchend
sein Schwert mit aller Kraft in den Boden: „Verdammt!“
Während der gesamten Flucht aus der Stadt waren
sie gerannt. Immer den Hintergedanken im Kopf habend, dass sie einem der
Soldaten in die Hände laufen könnten, liefen sie, bis die Schmerzen in der
Seite nicht mehr zu ertragen waren und sie erschöpft nach Luft rangen. Es war
schwierig, sich einen Weg, durch die Menschenmasse zu bahnen, aber eben jene
war ihr Schutz, denn dadurch konnten sie untertauchen. Sie waren heilfroh, als
sie endlich wieder auf den Pferden saßen. „Das war knapp!“, meinte Thalon
keuchend, als in Richtung Trockenfeld ritten. Lewia war immer noch ganz außer
Atem und es dauerte eine ganze Weile, bis sie aussprach, was beide schon in der
Taverne gedacht hatten: „Wie haben die uns überhaupt so schnell wieder
gefunden?“
Thalons Schweigen deutete ihr, dass auch er
nicht im Geringsten eine Antwort darauf wusste. Sie beschlossen, dass sie nun
keine unnötigen Pausen mehr einlegen würden, bis sie Trockenfeld erreicht haben
würden. Ihnen war es gleichgültig, wie müde sie oder die Pferde sein würden.
Auf ein weiteres Wiedersehen mit den Soldaten konnten sie schließlich getrost
verzichten.
Sie erreichten das Ende des langen Bergpasses,
einer der Hauptwege nach Trockenfeld, mitten in der Nacht. Nur einen Steinwurf
entfernt erstreckte sich die Wüste, die sich schon in den letzten Meilen
angekündigt hatte, als das Grün des Grases und der Pflanzen immer mehr der
schlichten Farbe des Sandes und vertrocknetem Braun gewichen war. Trockenfeld
war ein klimatisches Wunder, da sowohl die Hitze aus Feuersbrunst im Süden als
auch der heiße Oststrom bewirkten, dass Temperaturen herrschten, die in keinem
anderen Gebiet zustande kamen. Selbst in der Nacht war es noch angenehm warm,
wärmer als zuvor am Tage. Für die Einwohner jedoch war diese ständige Hitze
eine Qual und viele von ihnen waren aus dem Land, welches einen großen Teil der
östlichen Landfläche von Oleiphea darstellte, nach Feuersbrunst geflüchtet,
sodass Trockenfeld zwar das größte Land in ganz Oleiphea war, aber dennoch
vergleichsweise nur eine geringe Anzahl an Einwohnern besaß. Übersetzt aus der
Sprache der wenigen verbliebenen Ureinwohner, den Alos, nannte man die Gegend
auch das Leere Auge von Oleiphea.
Als die Erschöpfung wirklich nicht mehr
auszuhalten war und sich ihre müden Lider beinahe schon von selbst schlossen,
machten sie schließlich Rast. Aufgrund der Erschöpfung stellte sich Thalon beim
Herabsteigen von seinem Pferd etwas ungeschickt an und musste aufpassen, dass
er nicht in den warmen Sand fiel. Lewia konnte sich ein schadenfrohes Lächeln
nicht unterdrücken. Thalon seinerseits meinte nur: „Ich bin nur so, wenn ich müde
bin!“ Sein Blick traf sich mit dem von Lewia und für einen kurzen Augenblick
schien die Zeit still zu stehen. Sofort darauf hatte sich der magische Moment
allerdings bereits verflüchtigt. Schließlich banden sie die Pferde an eine der
wenigen Palmen in der Umgebung an. Die bräunlichen vertrockneten Blätter hingen
schlaff nach unten und durch den leichten Wind, der durch sie hindurch
säuselte, bewegten sie sich sanft hin und her. Sie breiteten ihre verbliebene
Decke aus und legten sich darauf. Thalon spürte ihren warmen Atem und Lewia den
seinen. Eine Zeit lang lagen sie noch da, beobachteten sich, schwiegen, bis
Thalon anfing zu schmunzeln. „Was ist los?“, erkundigte sich Lewia verwundert.
„Ach, es ist nur merkwürdig, dass wir uns noch nicht so lange kennen, aber ich
dennoch mit dir alleine in einem fremden Land, weit weg von meiner Heimat auf
einer Decke im Sand liege.“ „Ja, es ist schon merkwürdig, ich fühle mich so,
als würde ich dich schon mein ganzes Leben lang kennen.“ Sie rückte ein Stück
an ihn heran, als sich plötzlich ein Adler auf der Palme niederließ und die
beiden beäugte. „Was macht der denn hier?“, wunderte sich
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