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Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht

Titel: Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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chez Swan«, sagte Wexford leise.
    Anspielungen auf Proust gingen bei Burden ins Leere. Er betrachtete den Mann, der gerade mit einem großen braunen Wallach am Halfter hinter dem Haus hervorgekommen war.
     
    Wexford stieg aus und ging zu ihm hinüber. »Wir kommen ein bißchen früh, Mr. Swan. Ich hoffe, nicht ungelegen.«
    »Nein«, erwiderte Swan. “Wir sind eher wieder hier gewesen als erwartet. Ich wollte gerade Sherry ein bißchen bewegen, aber das hat Zeit.«
    »Das ist Inspector Burden.«
    »Angenehm«, sagte Swan und streckte die Hand aus. “Erfreulich, dies sonnige Wetter, nicht? Macht es Ihnen etwas aus, mit hintenherum zu kommen?«.
    Er war ganz sicher ein äußerst gut aussehender Mann. Burden entschied es, ohne direkt sagen zu können, worin dieses gute Aussehen eigentlich bestand, denn Ivor Swan war weder groß noch klein, weder dunkel noch hell, und seine Augen hatten jene undefinierbare Farbe, die man in Ermangelung einer genaueren Bezeichnung grau nennt. Seine Gesichtszüge waren nicht von besonderer Regelmäßigkeit, seine Figur zeigte, obgleich sie drahtig wirkte, keinerlei athletische Muskelentwicklung. Doch er bewegte sich mit einer eindeutig männlichen Grazie, strahlte einen vagen, lässigen Charme aus und verbreitete rundum eine Aura von Attraktivität, die ihn sofort auffallen ließ.
    Seine Stimme klang sanft und wohltönend, und er sprach seine Worte langsam und wohlartikuliert. Er schien alle Zeit der Welt zu haben, ein Zauderer, der immer auf morgen verschob, wozu er sich heute nicht aufraffen konnte. So um die zweiunddreißig, dreiunddreißig, schätzte Burden, aber er konnte bei einem oberflächlichen Betrachter leicht für fünfundzwanzig durchgehen.
    Die beiden Polizisten folgten ihm in eine Art Kammer hinter der Küche, wo einige Gewehre und verschiedenes Angelgerät über ordentlichen Reihen von Reit- und Gummistiefeln hingen.
    »Sie halten keine Kaninchen, Mr. Swan, oder?« fragte Wexford.
    Swan schüttelte den Kopf. »Ich schieße sie höchstens oder versuche es, wenn ich sie auf meinem Land erwische.«
    In der eigentlichen Küche waren zwei Frauen mit Hausarbeit beschäftigt. Die jüngere, ein plumpes, dunkelhaariges Mädchen, war dabei, ein ‘kontinentales Durcheinander’ vorzubereiten - so bezeichnete Burden bei sich chauvinistisch die Berge von Gemüse, Dosen mit Trockenkräutern, Eier und das Hackfleisch auf dem Küchentisch. In gebührendem Abstand von all dem Schneiden und Spritzen bügelte eine winzige, puppengleiche Blondine Hemden. Fünf oder sechs waren schon fertig. Und mindestens noch mal so viele lagen noch ungebügelt. Burden fiel auf, daß sie sich besondere Mühe gab, keine horizontalen Falten unter der Passe des Hemdes zu verursachen, das sie gerade vor sich hatte, ein Fehler, den hastige oder unachtsame Frauen oft machen, und der das Ausziehen des Jacketts für den Träger peinlich werden läßt.
    »Guten Tag, Mrs. Swan. Können wir Sie ein paar Minuten stören?«
    Rosalind Swan hatte ein mädchenhaftes Gebaren, sie trug das Haar in einem fedrigen ‘Bovverschnitt’, und nichts in ihrem Gesicht oder Verhalten deutete daraufhin, daß sie vor acht Monaten ihr einziges Kind verloren hatte. Sie trug eine weiße, lange Hose und knallrosa Schnallenschuhe, aber Burden schätzte, sie war in seinem Alter.
    »Ich kümmere mich gern selbst um die Wäsche meines Mannes«, erklärte sie in einer Art, die Burden nur als fröhlich bezeichnen konnte, »und von Gudrun kann man kaum erwarten, daß sie seinen Hemden dieses kleine Extra der liebevollen Ehefrau gibt, nicht wahr?«
    Aus langer Erfahrung wußte Burden, daß ein Mann, wenn er ein Verhältnis mit einer anderen Frau hat und seine eigene Frau in deren Beisein eine ungewöhnlich kokette und absurde Bemerkung macht, meist unwillkürlich einen abfälligen Blick mit seiner Mätresse tauscht. Er hatte keinen Grund anzunehmen, Gudrun sei mehr als nur eine Angestellte für Swan - eine Schönheit war sie sicher nicht -, aber er beobachtete die beiden trotzdem bei Mrs. Swans Worten. Gudrun sah nicht hoch, und Swans Blick war auf seine Frau gerichtet. Es war ein bewundernder, liebevoller Blick, und er schien nichts Lächerliches an ihren Worten zu finden.
    »Du kannst meine Hemden später bügeln, Rozzy.«
    Burden hatte den Eindruck, daß Swan solche Bemerkungen öfter machte. Alles konnte auf einen anderen Tag oder eine andere Zeit verschoben werden. Bequemlichkeit oder ein Gespräch hatten immer Vorrang vor irgendwelchen

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