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Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht

Titel: Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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standen.
    Es war eine unstete Gesellschaft, meist - in Wexfords offizieller Terminologie - ohne festen Wohnsitz. Ein halbes Dutzend von ihnen war wegen Drogenbesitzes oder der Duldung von Drogenmißbrauch in ihren Wohnungen vorbestraft; zwei oder drei weitere waren wegen Anstiftung zum Landfriedensbruch zu Geldstrafen verurteilt worden. Teilnahme an Demonstrationen oder Strip-Aktionen in der Albert Hall, vermutete Wexford. Keiner hielt John Lawrence fest; keiner gab durch seine Vorgeschichte oder durch gegenwärtiges Verhalten Anlaß zu der Annahme, er neige zu Gewalttätigkeit oder Perversion. Zwischen den Zeilen las er, daß diese Leute eher fast alles tun würden, um kein Kind in die Welt zu setzen, als die Gesellschaft eines Kindes herbeizusehnen.
    Lediglich zwei Namen auf der Liste sagten ihm etwas. Der eine gehörte zu einer Ballettänzerin und war einmal in aller Munde gewesen, der andere einem Fernsehstar, dessen Gesicht mit so regelmäßiger Monotonie auf Wexfords Bildschirm erschien, daß er es nicht mehr sehen konnte. Er hieß Gregory Devaux und war mit den Eltern von Gemma Lawrence befreundet gewesen. Man hatte ihm besondere Aufmerksamkeit gewidmet, denn vor ungefähr fünf Jahren hatte er versucht, seinen sechsjährigen Sohn der Obhut seiner Exfrau zu entziehen und ihn außer Landes zu schmuggeln. In dem Bericht hieß es, man werde Gregory Devaux im Auge behalten.
    Der Portier des Appartementhauses in Kensington, wo Leonie West eine Wohnung besaß, hatte ausgesagt, sie halte sich seit August in Südfrankreich auf.
    Nichts also. Kein Hinweis darauf, daß einer von ihnen mehr als ein gelegentliches, freundliches Interesse an Mrs. Lawrence oder ihrem Sohn hatte; kein Hinweis darauf, daß zwischen irgendeinem dieser Leute und Ivor Swan eine Verbindung bestand.
    Um zehn kam Martin mit der Polizistin Polly Davies, die Wexford unter der roten Perücke kaum wiedererkannte.
    »Sie sehen grauenhaft aus«, sagte er. »Wo um Himmels willen haben Sie denn das ausgegraben? Bei einem Ramschbazar?«
    “Woolworth, Sir«, erwiderte Martin etwas beleidigt. »Sie sagen doch immer, wir sollen die Ausgaben niedrig halten.«
    »Zweifellos würde es echter aussehen, wenn Polly keine dunklen Augen und nicht so einen - na ja - walisischen Teint hätte. Aber macht nichts, Sie müssen sowieso was drüberziehen. Es gießt ja.«
    Sergeant Martin nahm stets in altweiberhafter Weise Anteil am Wetter und dessen Launen. Nachdem er erst Dr. Crockers Bauchspeicheldrüsen-Zeichnung weggewischt hatte, öffnete er das Fenster und streckte eine Hand nach draußen. “Ich glaube, es hört auf, Sir, ich sehe einen hellen Streifen am Horizont.«
    »Wenn Sie nur recht hätten«, sagte Wexford. »Und jetzt verbergen Sie bitte Ihr Entsetzen, so gut es geht. Ich habe nämlich beschlossen mitzukommen. All dies Leben aus zweiter Hand macht mich krank.«
    Im Gänsemarsch gingen sie den Korridor entlang, gebremst von Burden, der eben die Tür seines eigenen Büros aufmachte. Wexford betrachtete ihn eingehend von oben bis unten.
    »Was ist denn in Sie gefahren? Sind Sie am Aktienmarkt groß rausgekommen?«
    Burden lächelte.
    »Ich bin froh«, meinte Wexford sarkastisch, »daß wenigstens einer sich in der Lage sieht, in dieser Sintflut ein bißchen Sonnenschein zu verbreiten, in dieser - äh - Stadt des Terrors. Was wollten Sie denn überhaupt?«
    »Ich dachte, Sie haben die heutige Zeitung vielleicht noch nicht gesehen. Da ist eine interessante Geschichte auf der ersten Seite.«
    Wexford nahm ihm die Zeitung aus der Hand und las die Geschichte, während sie im Fahrstuhl nach unten fuhren. »Landbesitzer bietet 2000 Pfund Belohnung. Neue Entwicklung im Fall Stella Rivers«, las er, »Group Captain Percival Swan, wohlhabender Landbesitzer und Onkel von Mr. Ivor Swan, Stella Rivers Stiefvater, erzählte mir gestern abend, er habe eine Belohnung in Höhe von 2000 Pfund für Informationen bereitgestellt, die zur Entdeckung von Stellas Mörder führen. ‘Das Ganze ist eine teuflische Sache’, sagte er, als wir uns im Wohnraum seines jahrhundertealten Anwesens bei Tunbridge Wells unterhielten. ‘Ich hatte Stella gern, obwohl ich sie selten sah. Zweitausend Pfund sind eine große Summe, doch kein zu großes Opfer, um dem Recht zum Recht zu verhelfen.’«
    Im selben Tenor ging es noch ein Weilchen weiter. Auch wieder nicht so interessant, dachte Wexford, als er in seinen Wagen stieg.
     
    Getreu Sergeant Martins Vorhersage hörte der Regen bald auf.

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