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Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht

Titel: Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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prompt sprang Georgina auf. Villiers hob den Blick und sagte in dem frostig unfreundlichen Ton, der ihm anscheinend ganz nach Belieben über die Lippen kam: »Nimm dich zusammen. Sei nicht so albern.«
    Wexford trat zu ihnen. Über Villiers’ Schulter warf er einen Blick in die Zeitung und sah, was der Schriftsteller gelesen hatte: eine Rezension seines neuesten Buchs, die eine halbe Seite einnahm. »Mr. Villiers, weshalb haben Sie mir gesagt, Sie seien am Dienstag abend vom Herrenhaus direkt nach Hause gefahren und gleich zu Bett gegangen?« fragte der Chief Inspector schroff. »Um dreiundzwanzig Uhr war Ihr Haus leer, und nirgends brannte Licht. Weshalb haben Sie mir verschwiegen, daß sie noch einmal weggingen?«
    »Ich habe es vergessen«, sagte Villiers gelassen.
    »Sie haben es vergessen? Obwohl ich Sie ausdrücklich danach fragte?«
    »Ich habe es trotzdem vergessen.« Auf Villiers’ ungerührtem Gesicht zeichnete sich weder Furcht noch Verlegenheit ab. Der Mann verfügte über eine eigenartige Kraft, eine eiserne Selbstbeherrschung; er wirkte unerschütterlich. Weshalb beschlich Wexford dann dieses merkwürdige Gefühl, daß der Mann schon vor langer Zeit einen unheilbaren Knacks abbekommen hatte, daß seine Kraft nie ganz ausgereicht hatte?
    »Jetzt hören Sie mal zu, Sir. Sie haben also vergessen, daß Sie noch mal weggegangen sind. Schön. Haben Sie auch vergessen, wohin Sie gegangen sind?«
    »Ich war dort, wo ich gesagt habe«, erwiderte Villiers. »In der Schulbibliothek, weil ich etwas nachschlagen wollte.«
    »Was nachschlagen?«
    »Könnten Sie irgend etwas damit anfangen, wenn ich es Ihnen sagen würde?« fragte Villiers kühl und verächtlich, dann zuckte er mit den Achseln. »Na schön. Ich habe das genaue Verwandtschaftsverhältnis zwischen George Wordsworth und William Wordsworth nachgeschlagen.«
    Ein wenig beschämt mußte sich Wexford eingestehen, daß er nichts damit anfangen konnte. Er wandte sich an Georgina, die sich in ihrem Liegestuhl zusammengekauert hatte; an den Armen hatte sie eine Gänsehaut, und auf ihrer Oberlippe schimmerten winzige Schweißperlen. Heute trug sie ausnahmsweise keinen Schmuck. Fand sie nun, da sie sich bald mit echten Edelsteinen schmücken konnte, an den billigen, protzigen Klunkern keinen Gefallen mehr? Oder hatte sie Nightingale aus der Nase gezogen, in welch geringschätzige Worte das Legat ihrer Schwägerin gekleidet war?
    »Haben Sie Ihren Mann zur Schule begleitet, Mrs. Villiers?« Ihr mattes Kopfschütteln war gerade noch wahrnehmbar. »In diesem Fall wären Sie ja auch kaum in zwei verschiedenen Autos gefahren. Aber Sie sind noch einmal weggegangen. Wohin?«
    Ein schriller, piepsiger Ton lag in ihrer Stimme. »Ich bin herumgefahren - einfach so, auf den Landstraßen.«
    »Darf ich fragen, weshalb?«
    Villiers antwortete für sie. »Meine Frau hat sich geärgert, weil ich noch einmal weggegangen bin«, sagte er aalglatt. »Wie sie dies bei solchen Gelegenheiten öfters zu tun pflegt, hat sie mit ihrem Auto eine Spazierfahrt unternommen.« Er lächelte giftig. »Um sich abzureagieren«, fügte er hinzu.
    »Das nehme ich Ihnen nicht ab«, sagte Wexford bedächtig. Er warf einen schnellen Blick auf den kümmerlichen Garten. »Ich glaube, auf dem Revier könnten wir uns sehr viel offener unterhalten.«
    Georgina schrie entsetzt auf und warf sich ihrem Mann an den Hals. Wexford erwartete, er würde sie zurückstoßen, doch statt dessen nahm er sie zärtlich in die Arme. Er war nun aufgestanden und strich ihr über das trockene, struppige Haar. »Wie Sie meinen«, sagte er gleichgültig.
    »Nein, nein, nein«, schluchzte sie an seiner Schulter. »Du mußt es ihm sagen. Sag’s ihm.«
    Er würde eine neue Lüge auftischen, davon war Wexford überzeugt.
    »Meine Frau möchte, daß ich Ihnen sage«, erklärte Villiers, »was für ein ausgesprochener Volltrottel Sie doch sind.« Er streichelte Georgina wie einen Hund, dann schob er sie zur Seite. »Nehmen Sie einen Rat von mir an, Chief Inspector. Ehe Sie das nächste Mal jemandem einen Mord in gewinnsüchtiger Absicht unterstellen, sollten Sie vorher lieber erst einmal den Wert dessen überprüfen, was er durch den Mord gewinnt. Ich bin ein guter Lügner«, fuhr er beredt fort, »aber was ich Ihnen jetzt sage, ist keine Lüge. Die Schmuckstücke meiner Schwester sind samt und sonders Kopien. Ich wäre überrascht, wenn der ganze Plunder mehr als fünfzig Pfund einbringt. Suchen Sie sich lieber einen anderen

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