Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht

Titel: Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
Vom Netzwerk:
aber er hatte sehr kleine Hände. Und er hinkt.«
    »Hinkt?«
    »Als er um das Feld herumging«, sagte Mrs. Mitchell ernsthaft, »da ist mir aufgefallen, daß er einen Fuß etwas nachzog. Nur ganz wenig. Nur ein leichtes, kleines Hinken.«

3
    Die nächste Parallelstraße hieß Chiltern Avenue, und der Zugang führte über einen Fußweg an Mrs. Mitchells Haus vorbei, zwischen ihrem Garten und dem Feld. Burden klapperte jedes Haus in der Chiltem Avenue ab. Die McDowells wohnten in Nummer 38, und die Zwillinge Stewart und Ian waren noch auf.
    Stewart hatte den Mann nie gesehen, denn er hatte fast den ganzen August mit einer Mandelentzündung drin bleiben müssen, und heute war er mit seiner Mutter beim Zahnarzt gewesen. Aber Ian hatte ihn gesehen und sogar mit Gary Dean, seinem speziellen Freund, über ihn gesprochen.
    »Er hat sich die ganze Zeit immer unter den Bäumen versteckt«, sagte Ian. »Gary hat gesagt, er ist ein Spion. Gary ist einmal hingegangen und wollte mit ihm reden, aber da ist er in die Mill Lane gerannt.«
    Burden bat den Jungen um eine Beschreibung, doch Ian fehlte Mrs. Mitchells Beobachtungsgabe.
    »Einfach ein Mann«, sagte er. »So groß wie mein Bruder vielleicht.« Der fragliche Bruder war fünfzehn. Burden fragte nach dem Hinken.
    »Was is das, hinken?«
    Burden erklärte es ihm. »Weiß ich nich«, meinte Ian.
    Weiter die Straße runter, in einem Haus aus derselben Epoche wie das von Mrs. Lawrence, traf er die Rushworths an. Rushworth, wie sich herausstellte, Immobilienmakler in Kingsmarkham, war mit den Suchmannschaften unterwegs, aber seine Frau war mit ihren vier ungebärdigen Sprößlingen, die alle noch auf waren, zu Hause. Warum war sie nicht zur Polizei gegangen, als Mrs. Mitchell sie damals im August gewarnt hatte?
    Mrs. Rushworth, eine zierliche Blondine, die mit ihren hochhackigen Schuhen, langen Fingernägeln und einem wippenden Haartuff wie ein zierlicher Beizvogel wirkte, brach in Tränen aus.
    »Ich wollte ja«, schluchzte sie. “Ich hatte es fest vor. Aber ich arbeite dermaßen hart. Ich bin bei meinem Mann mit im Büro, wissen Sie. Es bleibt einfach nie ein Augenblick Zeit, um irgendwas zu erledigen!«
    Es war inzwischen beinah acht Uhr geworden, und John Lawrence war jetzt seit viereinhalb Stunden verschwunden. Burden fröstelte, weniger von der kühlen Nachtluft als aus dem Gefühl einer unmittelbar bevorstehenden Tragödie heraus, die ihre langen, kalten Schatten vorausschickte. Er ging hinüber zum Dienstwagen und stieg neben Wexford ein.
    Der Fahrer des Chief Inspector hatte ihn allein gelassen, und er saß im Fond des schwarzen Dienstwagens, machte keine Notizen, studierte nicht mehr die Karte, sondern war in tiefes Nachdenken versunken. Es war fast dunkel - er hatte die Innenbeleuchtung nicht eingeschaltet -, und im Schatten hätte er eine Figur aus Stein sein können. Von Kopf bis Fuß war er grau - schütteres graues Haar, alter grauer Regenmantel, Schuhe, die immer etwas staubig wirkten. Sein Gesicht war von tiefen Linien durchzogen und sah im Halbdunkel auch grau aus. Er drehte sich etwas, als Burden einstieg, und wandte ihm ein Paar graue Augen zu, das einzig Glänzende und Scharfe an ihm. Burden sagte nichts, und die beiden Männer schwiegen einige Sekunden. Dann meinte Wexford:
    »Wenn ich jetzt wüßte, was Sie denken, Mike.«
    »Ich hab an Stella Rivers gedacht.«
    »Klar haben Sie das. Geht es uns nicht allen so?«
    »Sie hatte auch schulfrei«, sagte Bürden. »Sie war das einzige Kind geschiedener Eltern. Sie ist auch in der Mill Lane verschwunden. Es gibt ein Gutteil Ähnlichkeiten.«
    »Und ein Gutteil Unähnlichkeiten. Zum einen war sie ein Mädchen und älter. Sie haben nicht so viel von dem Fall Stella Rivers mitbekommen. Sie waren krankgeschrieben, als es passierte.«
    Sie hatten gedacht, er bekäme einen Nervenzusammenbruch. Das war im Februar gewesen, als der erste Schock über Jeans Tod langsam abebbte, und Trauer und Panik und das Grauen seiner Situation ihm voll zu Bewußtsein gekommen waren. Er hatte im Bett gelegen, geschlafen, wenn Dr. Crocker ihm Beruhigungsmittel gegeben hatte, und gebrüllt, es sei nur eine Grippe und er müsse aufstehen und zur Arbeit gehen, wenn er bei Bewußtsein war. Doch er war drei Wochen krank gewesen, und als es ihm schließlich besserging, hatte er beinah 7 Kilo abgenommen. Immerhin, er lebte, während Stella Rivers tot oder zumindest vom Antlitz ihrer kleinen Erde verschwunden war.
    »Auch sie hat mit ihrer

Weitere Kostenlose Bücher