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Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht

Titel: Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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lächelte nicht zurück, starrte nur, ihr Gesicht wie ein bleicher, abnehmender Mond zwischen den Wolken von schwerem Haar.
    Mrs. Crantock war eine adrette und fröhliche Frau, die ihr ergrauendes Haar in steife Löckchen frisiert und eine Zuchtperlenkette auf dem rosa Twinset trug. Auf Burdens Bitte hin ging sie sofort los, um Mrs. Lawrence Gesellschaft zu leisten. Ihr Mann war bereits mit den Suchmannschaften unterwegs, und nur Julian und seine vierzehnjährige Schwester blieben im Haus zurück.
    »Julian, als du gesehen hast, wie John zur Mill Lane rübergegangen ist, hast du da noch irgendwas anderes beobachtet? Hat jemand mit ihm geredet?«
    Der Junge schüttelte den Kopf. »Er ist einfach gegangen.« »Und dann, was hat er dann gemacht? Ist er unter den Bäumen stehengeblieben oder die Straße runtergelaufen?«
    »Weiß nich.« Julian fummelte herum und schaute nach unten. »Ich war auf der Schaukel.«
    »Hast du mal rübergeschaut zur Straße? Hast du geguckt, wo er war?«
    »Er war weg«, sagte Julian. »Gary hat gesagt, daß er weg is, und das war okay, weil wir keine Babies dabeihaben wollten.«
    »Aha,«
    »Er weiß es wirklich nicht«, sagte seine Schwester. “Wir haben ihn schon um und umgekrempelt, aber er weiß es wirklich nicht.«
    Burden gab auf und ging weiter zu den Deans in Nummer 63. »Ich lasse nicht zu, daß Gary geängstigt wird«, sagte Mrs. Dean, eine junge Frau mit hartem Gesicht und aggressivem Auftreten. »Kinder streiten sich dauernd. Gary kann man keinen Vorwurf machen, nur weil John Lawrence so empfindlich ist, daß er bei einem bißchen Aufziehen gleich wegrennt. Das Kind ist verhaltensgestört. Das ist die Wurzel des Übels. Er kommt aus einer zerbrochenen Ehe, was kann man da auch schon erwarten?«
    Das waren Burdens eigene Gedanken. “Ich will Gary keine Vorwürfe machen«, sagte er.”Ich möchte ihm nur ein paar Fragen stellen.«
    »Ich lasse nicht zu, daß man ihn einschüchtert.«
    Das kleinste bißchen Opposition genügte derzeit, um ihn auf die Palme zu bringen.
    »Es steht Ihnen frei, meine Dame«, entgegnete er scharf, »sich bei meinen Vorgesetzten über mich zu beschweren, wenn ich etwas Derartiges tun sollte.«
    Der Junge war schon im Bett, schlief aber noch nicht. Er kam im Bademantel herunter, der Blick trotzig und die Lippe vorgeschoben.
    »Also, Gary. Erst mal, ich bin nicht böse auf dich. Keiner ist böse. Wir wollen nur John finden. Verstehst du das, ja?«
    Der Junge antwortete nicht.
    »Er ist müde«, sagte seine Mutter. »Er hat Ihnen gesagt, daß er niemand gesehen hat, und das sollte genügen.«
    Burden ignorierte sie. Er beugte sich zu dem Jungen. »Sieh mich mal an, Gary.« Die Augen, in die er schaute, waren tränenerfüllt. »Wein nicht, Gary. Du könntest uns helfen. Fändest du es nicht toll, wenn alle Leute wüßten, daß du der Junge warst, der der Polizei geholfen hat, John zu finden? Alles, was ich gern von dir wissen möchte, ist, ob du irgend jemanden auf der Straße gesehen hast, als John weggegangen ist, einen Erwachsenen.«
    »Heute hab ich niemand gesehn«, sagte Gary. Dann schrie er los und warf sich an seine Mutter. »Ich hab sie nich gesehn. Ich hab sie nich gesehn, nein!«
    »Ich hoffe, Sie sind zufrieden«, sagte Mrs. Dean. »Ich warne Sie, ich werde es weitergeben.«
    »Ich hab den Mensch nich gesehen«, schluchzte Gary.
    »Na, Mike?« sagte Wexford.
    »Sieht aus, als hätte sich ein Mann beim Spielplatz rumgetrieben. Ich dachte, ich könnte mir mal die Leute in den Endhäusern vornehmen, von wo aus man über den Platz sehen kann.«
    »Gut. Und ich versuch es bei den beiden letzten Häusern in der Wincanton.«
    Erinnerte sich Wexford etwa daran, daß er und Jean einmal dort gewohnt hatten? Burden fragte sich, ob er dem Chief Inspector übersteigerte Sensibilität unterstellte.
    Wahrscheinlich. Ein Polizist hat kein Privatleben, wenn er an einem Fall arbeitet. Er ging zum Ende der Fontaine Road. Die Felder lagen inzwischen im Dunkel, doch in der Ferne konnte er gelegentlich den Strahl einer Taschenlampe ausmachen.
    Die beiden letzten Häuser lagen einander gegenüber. Eines war ein Bungalow, Baujahr 1935, das andere ein großes, schmales viktorianisches Gebäude. Beide hatten Fenster zum Feld hin. Burden klopfte an dem Bungalow, und eine junge Frau kam an die Tür.
    »Ich arbeite und bin den ganzen Tag außer Haus«, sagte sie. »Ich bin eben erst heimgekommen, und mein Mann ist noch nicht da. Was ist denn passiert? Ist etwas

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