Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers
versuchte, ihm die 08 für 50 Mark abzukaufen, ist nicht überzeugend. Sie taucht erst in den Akten auf, nachdem 15000 Mark Belohnung für die Aufklärung des Falles Dr. Stürmann ausgesetzt wurden.
Es gibt zahlreiche Widersprüche und Ungereimtheiten in der Darstellung des Tatherganges zwischen Littek und Büning, so die Fragen der Täterkleidung, der klemmenden Wagentür, des Brieftaschenraubes.«
Die Konsequenz: »Mein Mandant ist in diesem Fall mangels Beweises freizusprechen!«
Im Fall Kortmann/Seiffert hielt der Verteidiger die Beschuldigungen »für nicht genügend untermauert«. Die Sisalschnur aus dem Waffenversteck sei »nur ähnlich der Schnur gewesen«, die an der Leiche Helga Kortmanns gefunden worden war. Auch gebe es »sehr viele Gummiringe, die jenem glichen, mit dem der Täter das weibliche Opfer geknebelt hatte«. Und aus der Tatsache, dass Reichenstein am Tag nach dem Mord nicht gearbeitet habe, könne »man nichts herleiten«. Dr. König fragte die Geschworenen eindringlich: »Weshalb sollte dieser eiskalte Angeklagte etwas versäumt haben, worauf er bei Büning angeblich immer gedrungen hatte: nach einer Tatnacht auf jeden Fall zur Arbeit zu gehen?«
Und dann erinnerte der Verteidiger an den letzten Liebespaar-Mord in Opladen. »Diese Tat ähnelt den Doppelmorden in Düsseldorf auf frappierende Art und Weise«, mahnte Dr. König. »Wer die Opladener Morde begangen hat, der dürfte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch die anderen Liebespaare getötet haben. Aber mein Mandant saß am 10. Februar 1958 in Untersuchungshaft, er kann es nicht gewesen sein. Denken Sie daran!«
Auch die Autofallen in Kalkum sollte Reichenstein nicht gelegt haben. Der Verteidiger bezeichnete den Zeugen Zenker – er hatte den Angeklagten schwer belastet – als »unglaubwürdig«. Zenker könne Reichenstein, der ihn einmal verprügelt habe, »aus Rachsucht, Bosheit oder des eigenen Vorteils willen zu Unrecht beschuldigt haben«.
Somit blieb als wesentliche Belastungszeugin nur noch die Ehefrau des Angeklagten. Dass sie ihren Mann belastet habe, sei »unter dem Druck der Beeinflussung, der Vernehmungen und der Veröffentlichung passiert«. Wieder wandte Dr. König sich unmittelbar an die Geschworenen: »Wenn man einen Menschen nur unter die negative Lupe nimmt, kann man aus jedem ein schlechtes Gesamtbild herstellen!«
»Gerade weil es um so lebenswichtige Entscheidungen geht, muss eine ganz besondere Sorgfalt angewandt werden.« Dr. König begann sein Resümee. »Und schon der kleinste Zweifel muss sich zugunsten Reichensteins auswirken! Es ist besser, dass neunundneunzig Schuldige straflos ausgehen, als dass ein Unschuldiger bestraft wird! Ich beantrage Freispruch im Fall Dr. Stürmann, der Morde an Ingensandt/Mehnert und Kortmann/ Seiffert, der Autofallen, des Hühnerraubes in Büderich, des Überfalls auf das Liebespaar im Meererbusch und des geplanten Raubes in der Oberkasseler Zweigestelle der AOK. Übrig bleiben nur die beiden Viehdiebstähle, die mein Mandant bereits gestanden hat.«
In seiner Erwiderung diskutierte Staatsanwalt Scherf zunächst die Berichterstattung in den Tageszeitungen und Magazinen. »Ich bin nicht der Verteidiger der Presse«, erklärte er, »sie kann sich selbst viel besser rechtfertigen. Aber es muss festgestellt werden: Die Öffentlichkeit ist vor allem der hiesigen Presse zu Dank verpflichtet, dass sie dazu beigetragen hat, die Fälle zu klären. Es sind andererseits aber auch bedauerliche Dinge veröffentlicht worden. Aber weder die Staatsanwaltschaft noch die Polizei haben den Wunsch und den Willen gehabt, der Presse den Mund zu verbieten. Um sich gegen unrichtige Behauptungen zu wehren, haben der Angeklagte und seine Verteidiger genügend andere Mittel!« Abschließend würdigte der Anklagevertreter noch die Bemühungen der Verteidigung Reichensteins. Kurz und bündig stellte er fest: »Alle Argumente sind nicht geeignet, die Beweisführung der Staatsanwaltschaft irgendwie zu erschüttern.«
Der Vorsitzende erteilte abschließend den Angeklagten das letzte Wort, zunächst Reichenstein. Der wirkte mitgenommen, wenig souverän, geradezu ängstlich. »Ich habe noch nie in meinem Leben irgendeinem Menschen ein Leid getan«, beteuerte er mit beherrschter Stimme, aber hochroten Flecken im Gesicht, »weder in meiner Jugend noch später!« Büning sage »in allen Punkten, die mich betreffen, die Unwahrheit«. »Dieser Mann verleumdet mich!«, rief er mit lauter werdender
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