Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers
Polizei. Anhand der an den Tatorten gefundenen Hülsen hatte die Kripo überdies nachweisen können, dass die verwendete Munition Teil einer Lieferung der Firma Dynamit Nobel an die Landesbeschaffungsstelle gewesen war, die man von dort aus an die Landespolizeidirektionen Stuttgart I und II sowie Freiburg ausgegeben hatte. Zweifelsfrei handelte es sich um »Dienstmunition«.
Darüber hinaus stellten die Fahnder fest: »Die Tatzeiten der Banküberfälle wurden so gewählt, dass die anschließend eingeleiteten Fahndungsmaßnahmen in die Zeit des Schichtwechsels fielen. Die Tatorte lagen an Schnittstellen verschiedener Polizeidirektionen. Die Entfernung eines eingedrungenen Projektils aus einem Opfer-Fahrzeug dürfte auf Kenntnisse des Täters im Bereich des Schusswaffen-Erkennungsdienstes schließen lassen.« Der Täter hatte sich offenbar durch die gezielte Auswahl der Banken einen vielleicht entscheidenden Zeitvorsprung verschafft: Alle überfallenen Kreditinstitute lagen dicht an den Rändern von Landkreisen, die auch bei Ringalarmfahndungen als Grenzlinien dienten. Der Täter konnte demnach die Fahndungslinien überqueren, noch bevor die Polizei Kontrollstellen eingerichtet hatte. Insiderwissen. Man musste den kühl kalkulierenden Killer also in den eigenen Reihen suchen.
In die Rasterfahndung »Polizeibeamte« wurden alle Bediensteten einbezogen, die »als Angehörige der Landespolizeidirektion Stuttgart I in den Kreisen Ludwigsburg, Heilbronn und Rems-Murr arbeiten oder dort wohnen«. Die Polizisten sollten anhand des »Täterrasters« überprüft werden. Monatelang wurde gesiebt, abgewägt, verglichen, vernommen – doch keine erfolgversprechende Spur wollte sich auftun.
Das änderte sich am 6. August 1985, als Arbeiter der Autobahnmeisterei in einem Müllcontainer am Rastplatz der A 81 Dinge fanden, die dort nicht hingehörten: unter anderem ein nahezu ungebrauchtes Pistolenholster und eine leere Originalschachtel für eine »Walther P 5«. Über die individuellen Prüfziffern der »dienstlichen Gegenstände« konnten sie schnell einem Beamten zugeordnet werden: Es war Georg Krafft vom Polizeiposten Schwäbisch Hall. Doch der 22-jährige Polizeimeister, ein stiller Typ, dem Vorgesetzte »überdurchschnittliche Leistungen« attestierten, war spurlos verschwunden. Die Umstände erschienen überaus dubios, Krafft war am 5. August »unentschuldigt dem Dienst ferngeblieben«. Und dann stellte sich heraus, dass seine Dienststelle nur zwei Tage zuvor davon unterrichtet worden war, dass die Waffen der Beamten beschossen werden sollten – auf Veranlassung der »Soko Hammer«.
Hinzu kam, dass die Dienstpistole von Krafft sich nicht in seinem Schließfach befand. Er musste sie mitgenommen haben. Warum? Wofür? Dann fanden die Ermittler heraus, dass Krafft am 4. Mai 1984 in einem Haarstudio gewesen war. Das allein besagte nichts; aber eine Zeugin berichtete, Krafft habe an diesem Tag einen Verband an der linken Hand getragen. Und das passte haargenau zum ersten Banküberfall des gesuchten Serienkillers auf die Filiale der Volks- und Raiffeisenbank in Burgstetten-Erbstetten, verübt nur einen Tag zuvor am 3. Mai 1984. Zudem hatte der Täter sich beim Zertrümmern der Sicherheitsverglasung nachweislich an der linken Hand verletzt.
Die »Spur 2457« führte immer wieder zu Georg Krafft. Denn schon wenig später gelang es den Ermittlern, weitere Indizien zusammenzutragen: Der jetzt fieberhaft Gesuchte führte seit seinem Verschwinden nicht nur Dienstwaffe und Munition mit, sondern darüber hinaus fünfzig Patronen, die er kurz zuvor beim Polizeiposten Schwäbisch Hall gestohlen hatte. Wozu brauchte der Mann so viel Munition? Auch stieß die Kripo in der Wohnung des Verdächtigen auf ein Halskettchen, wie es das dritte Opfer getragen hatte. Ferner fand man eine Plastikfolie, die jener Folie »sehr ähnlich« war, mit der der Elektriker im Juli 1985 am Tatort eingewickelt worden war. Und den Beamten fielen Ausgaben der Fachzeitschrift »Polizei Digest« in die Hände, in denen insbesondere über Mordfälle berichtet wurde.
Krafft ähnelte ferner der Personenbeschreibung des gesuchten Täters, aber auch Porträtskizzen, die nach Angaben verschiedener Zeugen erstellt worden waren. Obwohl der Verdächtige knapp zehn Zentimeter kleiner war als der Mörder, kam er auch unter diesem Aspekt als Täter in Betracht. Denn in seiner Wohnung wurden auch Schuhe mit Einlagen gefunden, die ihn acht Zentimeter größer machten. Offenbar
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