Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers
Reichenstein aufzubauen. Und Büning sei »nach seiner Persönlichkeit« auch gar nicht in der Lage gewesen, derlei Unwahrheiten über Jahre hinweg durchzuhalten.
Zum Mord an Dr. Stürmann führte der Vorsitzende aus: »Die Einlassung des Angeklagten Reichenstein ist durch die Beweisaufnahme widerlegt. Der Angeklagte Büning hat die Tat so geschildert, wie sie geschehen ist. Soweit seine Angaben die Vorgänge in dem Kraftwagen betreffen, werden sie in vollem Umfang durch die eidliche Aussage des mitüberfallenen Zeugen bestätigt. Aber auch hiervon abgesehen ist die Darstellung des Angeklagten Büning glaubhaft. Es sind keine Gründe hervorgetreten, die den Angeklagten Büning veranlassen könnten, den Mitangeklagten Reichenstein wider besseres Wissen eines Mordes zu beschuldigen, den er nicht begangen hat.
Die Annahme des Angeklagten Reichenstein, Büning habe sich zu den falschen Beschuldigungen wahrscheinlich deshalb veranlaßt gesehen, weil er durch das Hineinziehen eines unbeteiligten Dritten Gelegenheit erhalten habe, seine eigene Schuld auf diesen abzuwälzen und damit zu vertuschen oder zu verringern, geht fehl. Denn der Angeklagte Büning hat nicht etwa in eine Tat, die ihm bereits nachgewiesen war, zur Verringerung seiner eigenen Schuld einen Dritten – Reichenstein – hineingezogen, sondern er hat vor der Kriminalpolizei ein Geständnis abgelegt, durch das auch seine eigene Beteiligung überhaupt erst in Erscheinung getreten ist. Dieses Geständnis erfolgte am 22. Februar 1957. Bis dahin lag ein begründeter Tatverdacht gegen den Angeklagten Büning im Fall Dr. Stürmann noch nicht vor.
Irgendwelche konkreten Tatsachen, die auf eine Beteiligung des Angeklagten Büning an der vier Jahre zurückliegenden Tötung des Dr. Stürmann schließen ließen, waren dagegen nicht bekannt. Der Angeklagte Büning brauchte daher keineswegs mit einer alsbaldigen Überführung im Fall Dr. Stürmann zu rechnen und hatte deshalb auch keinen Anlaß, einer solchen Überführung durch eine eigene Schilderung vorzubeugen, mit der er die Hauptschuld auf einen Dritten abwälzte. Sein Geständnis beruht vielmehr ausschließlich auf dem Bestreben, die Wahrheit zu offenbaren und sich von einer inneren Last zu befreien, unter der er schwer zu leiden hatte.«
In allen wesentlichen Punkten habe »die Angabe Bünings der Überprüfung standgehalten und somit der Wahrheit entsprochen«. Auch sei erwiesen, dass die Mordwaffe im Zeitraum von April 1952 bis Oktober 1953 im Besitz Reichensteins gewesen sei: »Seine Frau holte sie aus einem Versteck und übergab sie im April 1952 einem Zeugen, der die Pistole mit Sicherheit wiedererkannte.«
»Später«, so stellte Dr. Näke fest, »wurde Frau Reichenstein von ihrem Mann mit Vorwürfen bedacht und geschlagen, holte die Waffe wieder zurück, und Reichenstein verbarg sie zu einem nicht mehr genau zu ermittelnden Zeitpunkt etwa 40 Meter von seiner Wohnung entfernt unter einem Brombeerstrauch. Dort wurde sie von einem Altwarenhändler einige Tage vor dem 22. Oktober 1953 gefunden.«
Die Tatschilderung Bünings habe »ihre Bestätigung gefunden durch die Aussage des Tatzeugen Littek«. Es sei »kein Zweifel«, dass Reichenstein Dr. Stürmann erschossen habe, »um sich in den Besitz seines Kraftwagens zu bringen, der wiederum bei weiteren strafbaren Handlungen nützlich sein sollte«. Es sei »ebenfalls erwiesen«, dass Reichenstein den Mitangeklagten aufgefordert habe, Littek »durch einen Schuß zu erledigen«. Die Einlassung Reichensteins, er habe die Tatwaffe vor dem Mord an Dr. Stürmann einem Bekannten geschenkt, bezeichnete der Vorsitzende als »fadenscheinig«. Reichenstein sei der Mörder Dr. Stürmanns, und er habe sich in diesem Fall auch der Anstiftung zum Mord schuldig gemacht, als er Büning aufgefordert habe, den Begleiter des Opfers zu liquidieren.
Dann begründete der Vorsitzende, warum Reichenstein nicht wegen der »Liebespaar-Morde« verurteilt werden konnte. Nach Aufzählung aller Indizien hieß es: »Es besteht nach wie vor der erhebliche Verdacht, daß diese Tötungsverbrechen von dem Angeklagten Reichenstein begangen worden sind. Das Ergebnis der Beweisaufnahme reicht zu seiner Überführung jedoch nicht aus. Tatzeugen sind nicht vorhanden. Auch konnten weder der jeweilige Tatort noch die genaue Art der Ausführung der Verbrechen näher ermittelt werden. Die dargestellten Indizien sind weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit so zwingend, daß sie den Beweis für die
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