Der Liebespakt
er sie an. Trotzdem, Toni kannte ihn inzwischen ganz gut, sie wusste, er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut.
»Ich habe dir beim letzten Mal gesagt, ich mache so etwas nie wieder. Erinnerst du dich? Nie wieder«, sagte Toni kühl.
Endlich nahm er die Beine vom Tisch. Er ließ Computertastatur und Handy links liegen und schaute sie an. In all den Jahren hatte Toni so einen direkten kommunikativen Moment mit ihm nur selten erlebt.
»Hör zu, ich weiß. Irgendwie tut es mir auch leid. Aber sie wollen nur dich.«
»Nur mich?«, fragte Toni erstaunt.
»Sie haben deinen Hotelumbau in einer Zeitung gesehen. Du sollst es machen. Ist doch irre, oder?« Mit einer leichten Drehbewegung wollte er sich wieder abwenden, als reichte die Tatsache, dass Toni langsam populär wurde, um sie zu überzeugen.
»Egal«, sagte Toni. »Ich mache das nicht.«
Anselm seufzte und tat so, als raufe er sich leicht verzweifelt die Haare. Alles gespielt, Toni wusste das längst. Dann sagte er: »Eigentlich wollte ich die Überraschung ja noch ein wenig aufschieben, aber wenn du so stur verhandeln willst, dann sage ich es dir jetzt: Ich will dich ab sofort zur Junior-Partnerin machen.«
Das war ja ein Ding. Toni schaute einen kurzen Moment ehrlich perplex. Ihr war schon immer klar gewesen, dass Anselm ihr Talent maximal ausnutzte. Sie hatte beispielsweise ganz nebenbei, eher aus dem Handgelenk, einen Couchtisch aus Metall entworfen, den er seit Monaten hervorragend vermarktete. Und damit natürlich auch gut verdiente. Aber eine Junior-Partnerschaft. Toni hätte nicht erwartet, dass Anselm sie so hoch hinaufklettern lassen würde. Sie hatte immer gedacht, sie müsse erst das Büro wechseln, um auf diese Ebene zu kommen. Oder gleich ein eigenes Büro gründen.
»Du willst mich zur Junior-Partnerin machen? Aber natürlich nur unter der Bedingung, dass ich nach Bad Salzuflen gehe. Oder liege ich da falsch?«
Anselm grinste breit. »Zwei Monate, vielleicht drei. Länger wird dein Aufenthalt dort nicht dauern. Dann ist dieser Job
erledigt. Wir haben schon ein nettes kleines Kurhotel für dich dort gebucht - eine kleine Suite, mit extragroßem Schreibtisch und sogar einer kleinen Küche. Du wirst dich dort bestimmt wohlfühlen.«
»Zwei, drei Monate? Ab sofort?« Toni wurde heiß und kalt.
»Klar, ab sofort. Es ist ein Take-over. Schon vergessen?« Anselm grinste schief. »Nein, Miss Moralisch, das hast du sicher nicht vergessen. Du findest Übernahmen ja geschmacklos. Sie bringen allerdings dem Büro wirklich viel, viel Geld.«
Vier Monate blieben ihr, um ihre Ehe zu retten. Vier Monate, kein Tag länger. War Georg erst mal Vorstandsvorsitzender, hatte sie keinen Einfluss mehr auf ihn. Wenn sie von den vier Monaten nun zwei oder drei in Bad Salzuflen verbrachte, um zu arbeiten, dann konnte sie ihre Eherettung vergessen. Wann würde sie überhaupt noch in Berlin sein? Höchstens an den Wochenenden. Und näherte sich das Bauprojekt erst dem Ende, dann musste sie selbst an den Wochenenden arbeiten. Toni wusste genau, wie es lief. Wenn sie diesen Auftrag annahm, dann bedeutete es - ohne Wenn und Aber -, dass sie Georg losließ. Dann hatte sie sich mit dem Ende ihrer Ehe abgefunden.
»Ich kann nicht«, sagte Toni.
»Wie bitte?!« Anselm, der sich schon wieder weggedreht hatte und nun mit seinem iPhone beschäftigt war, erstarrte in der Bewegung.
»Ich kann nicht für mehrere Monate nach Bad Salzuflen.« Tonis Stimme zitterte leicht, obwohl sie das gerne verhindert hätte. Sie wusste genau, was diese Absage bedeutete.
»Das kann nicht dein Ernst sein. Du gibst mir einen Korb? Nach diesem Angebot? Eine Junior-Partnerschaft, Toni! Ist dir eigentlich bewusst, was du da gerade ausschlägst?«
Natürlich war es ihr bewusst. Eine Junior-Partnerschaft, mit 34 Jahren, in einem renommierten Büro - das war mehr, als
sie jemals erwartet hatte. Aber andererseits, was war das für ein Büro? Sie hasste ihren Chef, er war ein Blutsauger, total unmoralisch, und er hatte keine Hemmungen, andere kleine Büros kaputt zu machen, indem er ihnen die Aufträge abnahm. Toni wusste, der Preis für diese Teilhaberschaft war hoch. Er würde sie wie eine Leibeigene behandeln. Anselm war inzwischen Vater von zwei kleinen Kindern, was hieß, dass er sein Zuhause mied, wie er nur konnte. Er blieb jeden Abend bis 22 Uhr im Büro. Kaum einer seiner Mitarbeiter hatte den Schneid, vor ihm nach Hause zu gehen. Als Teilhaberin würde er von ihr verlangen, bis 23 Uhr zu
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