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Der Liebespakt

Titel: Der Liebespakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Leinemann
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wusste eigentlich alles über Georg Jungbluth. Sie plante seine Woche, machte die Lunchtermine fest, hielt unliebsame Bittsteller von ihm fern und buchte seine Reisen. Natürlich wusste Frau Schurz auch, dass Georg ein Verhältnis hatte. Auch mit wem. Aber wie alle Sekretärinnen dieser Welt, deckte sie ihren Chef. Niemals würde sie Toni etwas verraten - nicht weil sie Toni nicht mochte, die war ihr im Grunde herzlich egal, sondern weil sie sich nach all den Jahren eingeschärft hatte: Die Ehefrauen wechseln, die Chefs bleiben.
    Man durfte die Ehefrau eines Topmanagers natürlich niemals zur Feindin haben, besonders nicht, wenn ihr Mann der eigene Chef war. Aber inzwischen hatte sie es sich abgewöhnt, sich mit ihnen anzufreunden. Später, wenn die Ehen dann auseinandergingen, riefen die verletzten, oftmals rachsüchtigen Frauen bei
ihr an, pochten auf ihre Loyalität, wollten Informationen oder gar Intrigen spinnen. Oder sie wollten die Privatnummer der Neuen. Manche weinten am Telefon. Irgendwann hatte Frau Schurz beschlossen, dass ihr dieser ganze Privatkram zu anstrengend war, seitdem pflegte sie ein freundlich-distanziertes Verhältnis zu den Angetrauten. Und gerade im Fall von Antonia Jungbluth war diese Entscheidung absolut richtig gewesen, sie wusste genau, wie es um diese Ehe stand. Höchstens ein Jahr gab sie ihr noch, dann war die weg. Dann tauchte eine Neue auf. »Egal«, murmelte Frau Schurz vor sich hin.
    Was aber die altgediente Chef-Sekretärin tatsächlich erschüttert hatte, war, dass sie zum ersten Mal in ihrer langen Berufskarriere dazu herangezogen wurde, das Hotel für die Tête-à-Têtes ihres Chefs zu buchen. Das ging wirklich zu weit. Sie war deshalb seit einiger Zeit merklich kühler zu Georg Jungbluth, der allerdings davon nichts mitzukriegen schien. Er vertraute Frau Schurz vollkommen und wusste, auf ihre Diskretion war hundertprozentig Verlass. Tatsächlich hatte Frau Schurz nicht die Absicht, mit ihren 53 Jahren jemals wieder die oberste Vorstandsetage zu verlassen und nach unten in die Großraumbüros zu ziehen. Also hatte sie nicht gegen diesen Auftrag protestiert, den sie verabscheute.
    Die Zeiten änderten sich, die jungen Manager wurden immer fordernder. Überhaupt konnte sie froh sein, dass Georg Jungbluth sie nicht längst gegen eine jüngere und optisch ansprechendere Sekretärin ausgetauscht hatte, wie es sein Freund Tom Gushurst als erste Amtshandlung getan hatte. Eine Kollegin, mit der Frau Schurz jahrzehntelang zusammengearbeitet hatte, war von Tom Gushurst sofort in ein anderes Vorzimmer im Mittelbau abgeschoben worden. Ihr Ersatz war ein junges, hübsches Ding, das regelmäßig zu Nackenmassagen ins Chefbüro gerufen wurde. Das Schlimme war in den Augen von
Frau Schurz, dass die jungen Mädchen so etwas gar nicht mehr als Belästigung empfanden. Die dachten alle, sie seien Pretty Woman.
    Frau Schurz hatte sich noch keine endgültige Meinung über Georg, den zukünftigen Vorstandsvorsitzenden, gebildet. Was gegen ihn sprach, war seine Leichtfertigkeit, eine Arroganz der Macht, bevor man sie wirklich in den Händen hält. Das war nach Frau Schurzens Erfahrung riskant, sehr riskant. Ein Verhältnis zu haben, bevor man zum Vorstandsvorsitzenden gewählt worden ist. Die paar Monate hätte er ruhig noch warten können, eine wie diese Karoline war auch dann noch zu haben. Es gab erste vage Gerüchte im Konzern. Etwas mit der Ehe von Georg Jungbluth stimme nicht. Obwohl, seit diesem Fest vor einer Woche waren alle Klatschmäuler verstummt. Man hörte, es sei sagenhaft schön gewesen. Die Herren hätten am Ende getanzt. Leise begann Frau Schurz nun einen Walzer vor sich hin zu summen, während sie die Blätter der Pflanze gründlich nach Ungeziefer absuchte.
    Es klopfte, und noch ehe Frau Schurz »Ja, bitte« rufen konnte, ging die Tür auch schon auf, und zu ihrem maßlosen Erstaunen kam jemand herein, den sie nicht erwartet hatte - eine lächelnde Toni Jungbluth und dahinter, mit grimmig entschlossenen Gesichtern, mehrere bullige Herren im Blaumann.
    Jetzt räumt sie ihm die Bude aus - dieser Gedanke schoss Frau Schurz als Erstes durch den Kopf. Donnerwetter, die kommt gleich mit den Möbelpackern. Das gibt einen Riesenskandal. Spätestens wenn die ersten Möbel rausgeschleppt werden, öffnen sich die Türen der benachbarten Büros, und die Aktion hat ihr Publikum. Und der Chef bald darauf eine neue Vorzimmerdame, war ihr zweiter Gedanke, weil er mir nie verzeiht, dass ich den

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