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Der Liebespakt

Titel: Der Liebespakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Leinemann
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statt. Bis dahin arbeitet er am Schreibtisch und erledigt Papierkram.«
    Perfekt, dachte Toni und legte auf. Danach ließ sie zehn weitere Minuten vergehen.

    Georg ahnte tatsächlich nichts. Er hatte beim Aussteigen den Jaguar auf der anderen Straßenseite nicht bemerkt, er war überhaupt sehr abgelenkt gewesen, denn schon auf der Fahrt waren auf seinem BlackBerry die ersten Gratulationen aufgetaucht. »Treffsicher!«, gratulierte ihm ein Bekannter aus dem PoloClub, »Glückwunsch zur Arterhaltung«, ein alter Studienfreund. »Was soll denn das«, hatte er gemurmelt, aber dabei schon das üble Gefühl der Erkenntnis gehabt. Daraufhin hatte er seinen Chauffeur anhalten lassen und sich eine Zeitung gekauft. Sogar die Kioskverkäuferin hatte ihm, nach einem kurzen Schreckmoment, zur Vaterschaft gratuliert. Alle, einfach alle schienen den Artikel mit den dämlichen Fotos gelesen zu haben.
    Die beiden Pförtner waren bei seinem Eintreffen in der Konzernlobby hinter ihrem Counter aufgesprungen und hatten ihm kräftig die Hand geschüttelt - der Ältere hatte dabei gemurmelt, er selbst habe auch fünf Kinder, wovon Georg bis zu dem Zeitpunkt keine Ahnung gehabt hatte. Nicht, dass es ihn bislang irgendwie interessiert hätte, wie viele Kinder der Pförtner in seinem Leben gezeugt hatte. Auch im Aufzug war es an diesem Morgen besonders eng geworden, da sich alle hineindrängten, um ihm dann - nachdem sich die Tür geschlossen hatte - die Hand hinzuschieben und ihn schamlos auf die gelungene Paarung anzusprechen.
    Dann, als er es endlich zur Vorstandsetage geschafft hatte, war er dort prompt von Randow abgefangen worden, der ihm jovial auf die Schulter geklopft und für alle hörbar durch den Vorstandsflur getönt hatte: »Glückwunsch, mein lieber Georg! Endlich hat es geklappt. Wir dachten schon, du hättest Ladehemmung.« Noch nie hatte Randow ihm gegenüber das vertrauliche »Du« benutzt, aber die Ankündigung von Nachwuchs schien alle Schranken einzureißen, die Georg in den Jahren so mühsam aufgerichtet hatte. Diese Kumpelei war nie sein Stil
gewesen. Er hatte immer nur auf Leistung gesetzt. Und jetzt das.
    Danach war Georg regelrecht in sein Büro geflüchtet. Im Vorzimmer war die Stimmung eisig gewesen. Eine extrem unterkühlte Frau Schurz hatte ihn mit den Worten: »Dann muss ich Ihnen wohl jetzt auch meinen Glückwunsch aussprechen« begrüßt. Georg war nicht entgangen, dass man so gemeinhin sein Beileid ausspricht. Er hielt das weniger für eine sprachliche Unsauberkeit seiner Vorzimmerdame als für ein gezieltes Zeichen ihrer Ablehnung. Im Herzen war er Frau Schurz dafür dankbar, nur durfte er ihr natürlich nicht zeigen, wie sehr ihm selbst dieses ganze Theater um eine nichtexistente Schwangerschaft auf die Nerven ging. Mit einem gequälten Lächeln hatte er also Frau Schurz gedankt, um dann einen Tee zu bestellen und mit großer Erleichterung hinter seiner Bürotür zu verschwinden. Er lehnte sich noch kurz an die Tür, um durchzuatmen, und ließ sich dann mit einem Seufzer auf seinen Schreibtischstuhl fallen.
    Er war in einer absurden Situation. Normalerweise hätte er die falsche Schwangerschaft seiner beinahe Exfrau weit von sich gewiesen, aber im Moment war es seine Rettung. Der Notar hatte weiterhin keinen Anruf von Toni erhalten, und es war offensichtlich, dass der alte karierte Schmierzettel mit den 25 000 nichts mehr galt. Hart gesagt: Sie hatten keine Vereinbarung mehr. Würde Toni weiter schweigen, oder würde sie ihn auffliegen lassen? Er hatte absolut keine Ahnung, wie es mit ihr stand. Er erkannte sie kaum wieder. Aber - nun setzte sein analytischer Verstand in all dem Chaos ein - würde sie mit ihm vollkommen brechen wollen, dann hätte sie keine Schwangerschaft vorgetäuscht. Georg war schon gestern im Betriebskindergarten klar gewesen, dass Toni nicht wirklich ein Kind unterm Herzen trug. Er hatte es von ihrem Gesicht abgelesen, da war nur Provokation zu sehen gewesen, mehr nicht. Aber
egal, warum sie die Geschichte erfunden hatte: Seine Ehe wirkte nach dieser Nachricht nun wirklich intakt. Das verschaffte ihm Zeit. Spätestens heute Abend würde er Toni anrufen, um sich mit ihr zu treffen und einen neuen Deal auszuhandeln. Dann würde sich alles regeln.
    Und Karoline? Was war mit ihr, wie würde sie reagieren? Georg versuchte, den Gedanken zu verdrängen. Jetzt merkte er, dass seine Hände vor Anspannung zitterten. Kühle Analyse war eine Sache, Gefühle waren eine andere. Er war total

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