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Der Liebessalat

Der Liebessalat

Titel: Der Liebessalat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph von Westphalen
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geschlafen, aber ich schwöre bei meiner Seele, bei all dem Ficken und Vögeln und Kratzen und Stoßen und Fingern und Lecken und Krallen, ich habe die Liebsten immer auseinanderhalten können, ich hatte nie das Gefühl, hallodrihaft von einem Bett ins andere zu torkeln, immer war es Liebe gewesen und nichts als Liebe.« Da würde der Herr der Liebe sprechen: »Ich weiß es, mein Sohn, du sagst die Wahrheit, und zur Belohnung sollst du erhalten eine achte Frau, ihr Name ist – Penelope, und wahrlich, ich werde sie dir zuführen, sobald die Zeit reif ist.«
    Statt dessen also kam Viktor keusch nach Zürich zurück, keinerlei erotische Meisterleistungen hinter sich, sondern nur zwei interessante Neubegegnungen und eine glimpflich verlaufene Wiederbegegnung. Wenn er sich selbstkritisch als Reisender in den Geschäften der Liebe begriff oder noch schlimmer – als Staubsaugervertreter, dann war das Ergebnis dieser fünftägigen Tour mager: Zwei Damen hatten unverbindlich Interesse für sein Turbomodell signalisiert und eine, die sich vor Jahren dieses Spitzensaugkraftgerät von ihm hatte andrehen lassen, hatte Funktionsuntüchtigkeit beklagt und sich mit dem Hinweis auf eine kulante Reparatur im Rahmen der Garantie gerade noch vertrösten lassen. Dafür war die Literatur gut, um solche häßlichen Gedanken über die eigenen Umtriebe auf seine Figuren abzuwälzen.
    Nach der Kölner Lesung hatte Viktor noch einen Tag für Museen angehängt und in Köln, Bonn und Düsseldorf alles besichtigt, was es an Gemäldegalerien zu besichtigen gab. Denn so wie er spektakuläre Ausstellungen boykottierte, wo man vor den Bildern Schlange stehen und sich neuerdings schon Wochen vorher Tickets kaufen mußte, so liebte er irgendwelche gähnend leeren Landesgalerien, deren Wärter sich verschlafen wie Hühner von ihren Plätzen erhoben und ihr Gefieder ordneten, wenn sich ein Besucher näherte. Diese Galerien enthielten genug gute Sachen, sollte die idiotische Masse sich dort drängeln, wo ein geschicktes Kulturmanagement ein Drängeln vorgesehen hatte.
    Nun stieg Viktor lächelnd die alte bequeme Treppe zur Wohnung hoch. Vor hundert Jahren hatte man noch Treppen und Treppenhäuser bauen können, alle Architekten von heute an die Wand, peng, aus, Schluß mit ihnen, keine sehr originelle Liquidation, breiter Beifall wäre den Vollstreckern sicher. Was er bei seiner Stippvisite vor drei Tagen in Berlin an neuen Bauwerken gesehen hatte, war nicht danach, Gnade walten zu lassen. Er hoffte, Ellen könnte auf die Idee gekommen sein, mit Barbara und Thomas oder mit Hanna und Carlos oder mit beiden Freundespaaren ein Essen verabredet zu haben.
    Viktor klingelte. »Warum klingelst du immer?« hatte Ellen am Anfang ihres Zusammenlebens gefragt. »Ein Gebot des Anstands«, war Viktors Antwort, »wenn ich du wäre, läge ich mit zwei schwarzen Leichtathleten im Bett.« Ellen öffnete nicht, und er schloß die Tür auf. Keine Nachricht. Er hatte von Köln aus den Anrufbeantworter besprochen: »Hänge noch einen Museumstag an, komme am Samstag nachmittag zurück.« Der Anrufbeantworter war nicht abgehört. Viktor spürte: Das war die gerechte Strafe dafür, daß er kein Ehemann war, der seine Frau auf dem Laufenden hielt. Er bedauerte Ellens Abwesenheit und merkte sofort, wie dieses Bedauern seiner Ehe guttat. Er vermißte Ellens Anspielungen und sein Ehrenwort: »Keine Kondome benutzt, wirklich, zähl nach! Ich war statt dessen in drei Museen.«–»Ich glaube kein Wort«, würde Ellen sagen. Da hätte er seine drei schweren Kataloge aus der Tasche gezogen und auf den Tisch gewuchtet: »Bitte!« Darauf Ellen, total rational: »Was sollen wir bitte mit diesen drei riesigen Katalogen! Die liegen doch nur rum!« Darauf Viktor: »Gewichtige Beweise meiner Unschuld!«
    Die Szene entfiel wegen Abwesenheit der weiblichen Hauptdarstellerin. Schade. Sorgen machte sich Viktor nicht, aber nicht zu wissen, was los war, hatte eine läuternde Wirkung. Er faßte ein paar gute Vorsätze: Die Ehe etwas mehr pflegen! Nicht ganz einfach, wenn man ohne außereheliche Reize keine Zeile zu Papier bringen kann. Nach einer Stunde fand er einen Zettel auf dem Bett. Ein gutes Versteck. Raffiniert. Ellen wußte, daß er das Schlafzimmer kaum aufsuchte, wenn er allein war, sondern auf der Couch in seinem Arbeitszimmer nächtigte. Sie konnte sich denken, daß er nach einer Nachricht suchte und daß er sie im Schlafzimmer erst spät finden würde: »Bin mit Barbi übers Wochenende

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