Der Liebesschwur
genug, um ihn zu erkennen. Die eiserne Klammer hatte sich bereits um ihre Brust geschlossen. Sie senkte anmutig den Kopf, reichte ihm eine Hand – und bemühte sich, die Erregung zu unterdrücken, die durch ihren Körper rann, als seine Finger sich um ihre schlossen.
Er öffnete die Tür der Kutsche und half ihr beim Aussteigen. Sie wandte sich zu der Kutsche um. Mrs. Chadwick lächelte, Angela schmollte. Edith Swithins grinste sie förmlich an. Minnie jedoch rückte ihre Schals zurecht und warf Timms einen schnellen Blick zu.
»Eigentlich sollten wir zurückfahren«, meinte Timms. »Der Wind ist recht kalt.«
Es war ein Tag im Altweibersommer. Die Sonne schien strahlend, der Wind war beinahe warm.
»Hmm. Du hast wahrscheinlich Recht«, brummte Minnie. Sie warf Patience einen Blick zu. »Das soll aber kein Grund sein, dass du deinen Spaziergang nicht machen kannst. Vane kann dich in seinem Zweispänner nach Hause bringen. Ich weiß doch, wie sehr du deine Spaziergänge vermisst.«
»In der Tat. Wir sehen uns dann später im Haus.« Timms stieß den Kutscher mit der Spitze ihres Schirms in den Rücken. »Nach Hause, Cedric!«
Verwirrt starrte Patience der Kutsche nach, dann schüttelte sie den Kopf. Vane streckte den Arm aus und legte ihre Finger auf seinen Arm, und sie sah in sein Gesicht. »Was sollte das denn bedeuten?«
Ihre Blicke trafen sich.»Minnie und Timms sind unverbesserliche Kupplerinnen. Hast du das denn nicht gewusst?«
Wieder schüttelte Patience den Kopf. »So haben sie sich mir gegenüber noch nie benommen.«
Sie hatten ihn auch noch nie zuvor ins Auge gefasst. Vane behielt diesen Gedanken für sich und führte Patience über die Wiese, wo noch viele andere Paare entlangspazierten. Während sie einander zunickten und zulächelten, Grüße erwiderten und zu einer Stelle gingen, an der nicht so viele Menschen waren, genoss Vane es, Patience wieder an seiner Seite zu haben. Er hatte sie so nahe an sich gezogen, wie es der Anstand zuließ; ihr grüner Rock wehte gegen seine Stiefel. Sie war eine vollkommene Frau, sanft und wohlgerundet, und sie war nur wenige Zentimeter von ihm entfernt, und der Gedanke allein genügte, um ihn zu erregen. Der sanfte Wind wehte ihren Duft in sein Gesicht – sie duftete nach Geißblatt und Rosen und nach diesem undefinierbaren Geruch, der seinen Jagdinstinkt anregte.
Abrupt räusperte er sich. »Ist gestern Abend nichts passiert?«, fragte er, in dem Bemühen, seiner Stimme wieder einen normalen Klang zu geben.
»Nichts.« Patience warf ihm einen schnellen, neugierigen Blick zu. »Zu meiner Beunruhigung haben Edmond und Henry es sich in den Kopf gesetzt, miteinander zu konkurrieren. Gestohlene Gegenstände oder der Weg, sie wieder loszuwerden, scheinen sie überhaupt nicht zu interessieren. Wenn einer von den beiden der Dieb sein sollte oder das Gespenst, dann werde ich meine neue Haube verspeisen.«
Vane verzog das Gesicht. »Ich glaube nicht, dass deine neue Haube gefährdet ist.« Er betrachtete die modische Haube auf ihren Locken. »Ist sie das?«
»Jawohl«, gab Patience ein wenig bissig zurück. Das hätte er wenigstens bemerken können.
»Ich dachte mir schon, dass sie anders aussah.« Vane schob die Kokarde beiseite, die ihr über die Augenbraue gerutscht war, und begegnete ihrem Blick mit einem bei weitem viel zu unschuldigen Gesicht.
Patience stieß ein unwilliges Geräusch aus. »Ich nehme an, der General und Edgar haben gestern Abend auch keine verdächtigen Schritte unternommen?«
»Verdächtige Schritte schon, aber nur, weil sie verdächtig beschwipst waren. Aber um zum Punkt zu kommen, Masters hat Nachrichten aus Bellamy Hall bekommen.«
Patience' Augen weiteten sich. »Und?«
Vane verzog das Gesicht. »Nichts.« Er schüttelte den Kopf. »Ich kann das nicht verstehen. Wir wissen, dass die Dinge nicht verkauft worden sind. Wir haben sie auch nicht in dem Gepäck gefunden, das mit in die Stadt gebracht worden ist. Aber in Bellamy Hall sind sie auch nicht. Grisham und die Dienstboten waren sehr gründlich – sie haben sogar die Vertäfelung der Wände nach den versteckten Perlen abgesucht. Es gibt ein paar Stellen, wo man Dinge verstecken kann. Ich habe Grisham nicht verraten, wo sie sind, aber er hat sie alle gefunden. Und alle waren natürlich leer – ich hatte bereits dort nachgesehen, ehe wir abgereist sind. Sie haben jedes Zimmer durchsucht, jede Ecke. Sie haben sogar unter den lockeren Dielen des Fußbodens nachgesehen. Und auch die
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