Der Liebesschwur
Nachdem sie all die Cynsters in ihrer natürlichen Umgebung zusammen gesehen hatte, würde sie in dieser Hinsicht beruhigt sein.
Sie würde sehen und glauben, dass ihm eine Familie sehr am Herzen lag. Und dann …
Unbewusst schlossen sich seine Finger fester um die von Patience; sie blickte fragend zu ihm auf.
Vane lächelte. »Ich habe nur geträumt.«
18
Für Patience vergingen die nächsten drei Tage in einem Wirbel kurzer Begegnungen, geflüsterter Unterhaltungen und verzweifelter Versuche, Minnies Perlen zu finden. Zu allem Überfluss waren auch noch Anproben ihres neuen Ballkleides durchzustehen, und all dies spielte sich zwischen den gesellschaftlichen Ausflügen ab, die nötig waren, um die Mitglieder von Minnies Haushalt unter Beobachtung zu halten. Bei all der Eile verspürte sie eine immer stärker anwachsende Erregung, eine zunehmende freudige Erwartung.
Und die wurde noch größer, wenn sie Vane traf oder wenn immer sie einander ansahen, wann immer sie fühlte, dass er sie voller Leidenschaft betrachtete.
Sie konnte es nicht verbergen, konnte nicht ausweichen, das Verlangen zwischen ihnen wurde stärker, eindringlicher mit jedem Tag, der verging. Sie wusste nicht, ob sie ihn oder sich selbst dafür verantwortlich machen sollte.
Als sie dann endlich die beeindruckende Treppe des St.Ives-Hauses hinaufging und in die hell erleuchtete Eingangshalle trat, waren ihre Nerven bis zum Zerreißen gespannt, und sie spürte einen dicken Kloß in ihrem Magen. Sie sagte sich, dass es Unsinn war, sich von diesem Augenblick so sehr beeindrucken zu lassen, sich vorzustellen, dass an diesem Abend etwas Großartiges passieren würde. Dies war einfach nur ein Ball, eine improvisierte Veranstaltung, wie Honoria ihr versichert hatte.
Es gab keinen Grund für ihre Reaktion.
»Da sind Sie ja!« Honoria, die ein herrliches Kleid aus maulbeerfarbener Seide trug, hatte die Gäste an der Tür begrüßt und kam jetzt auf Patience zu, als diese die Schwelle zum Musikzimmer überschritt. Sie nickte Minnie und Timms und den anderen in ihrer Gruppe zu, dann winkte sie den anderen anmutig zu, hielt aber Patience in ihrer Nähe. »Ich muss Ihnen unbedingt Devil vorstellen.«
Sie hakte Patience unter und führte sie zu der Stelle, wo ein großer, dunkelhaariger Gentleman, ganz in Schwarz gekleidet, sich mit zwei Matronen unterhielt. Honoria zupfte ihn am Arm. »Devil – mein Ehemann, der Herzog von St. Ives.«
Der Mann wandte sich um, sah Patience an und warf dann Honoria einen fragenden Blick zu.
»Patience Debbington«, erklärte seine Ehefrau. »Minnies Nichte.«
Devil lächelte – zuerst lächelte er seine Frau an, dann Patience. »Es ist mir eine Freude, Sie kennen zu lernen, Miss Debbington.« Er verbeugte sich anmutig. »Sie sind gerade aus Bellamy Hall gekommen, wie ich gehört habe. Vane scheint seinen Aufenthalt dort unerwartet angenehm gefunden zu haben.«
Der souveräne Ton seiner tiefen Stimme, der ihr so wohl bekannt war, hüllte Patience ein. Sie widerstand dem Drang zu blinzeln. Vane und Devil hätten Brüder sein können – die Ähnlichkeit, ihre aristokratischen Gesichtszüge, die aggressive Linie der Nase und des Kinns, konnte man beinahe nicht auseinander halten. Der größte Unterschied lag in der Haarfarbe. Während Vanes Haar glänzend braun und seine Augen von einem kühlen Grau waren, waren Devils Haar mitternachts-schwarz und seine großen Augen von einem blassen Grün. Natürlich gab es auch noch andere Unterschiede, doch die Ähnlichkeit überwog. Ihre Gestalt, ihre Größe und, was am erstaunlichsten war, das kecke Aufblitzen der Augen und der Schwung ihrer Lippen, dem man nicht vertrauen durfte, zeigte deutlich, dass sie verwandt waren. Wölfe in menschlicher Gestalt.
Sehr männlich, äußerst attraktiv.
»Wie geht es Ihnen, Euer Ehren.« Patience streckte ihm die Hand hin und wäre in einen tiefen Hofknicks gesunken, doch Devil griff nach ihrer Hand und verhinderte das.
»Nicht Euer Ehren.« Er lächelte, und Patience fühlte die bezwingende Macht seines Blickes, als er ihre Hand an seine Lippen zog. »Nennen Sie mich Devil – alle nennen mich so.«
Und das aus gutem Grund, entschied Patience. Dennoch konnte sie nicht anders, sie musste sein Lächeln erwidern.
»Da ist Louise – ich muss unbedingt mit ihr sprechen.« Honoria warf Patience einen schnellen Blick zu. »Wir sehen uns später.« Mit raschelnden Röcken ging sie zur Tür.
Devil lächelte. Er wandte sich an Patience –
Weitere Kostenlose Bücher