Der Liebesschwur
keine Liebe in ihrer Seele, die sie an Haus und Kinder band. Nach allem, was sie in ihren frühen Jahren erlebt hatte, vermieden elegante Gentlemen tiefe Gefühle. Sie vermieden eine Bindung, vermieden es, sich zu verlieben.
Für diese Männer war eine Ehe eine Vernunftsache, keine Sache des Herzens. Wehe der Frau, die so etwas nicht verstand.
Und da das alles so war, stand Vane Cynster ganz oben auf der Liste der Gentlemen, die sich Patience absolut nicht als Mentor für Gerrard wünschte. Das Letzte, was sie zulassen würde, war, dass Gerrard so wurde wie sein Vater. Niemand würde leugnen können, dass er den Hang dazu besaß, aber sie würde bis zu ihrem letzten Atemzug kämpfen, um zu verhindern, dass er diesen Weg einschlug.
Patience straffte die Schultern und sah sich in dem Raum um, hin zu den anderen, die sich um den Kamin und um die chaise versammelt hatten. Jetzt, wo Vane und Minnie nicht mehr da waren, schien es stiller geworden zu sein in dem Zimmer, weniger lebendig. Während sie ihn beobachtete, bemerkte sie, dass Gerrard einen kurzen, aufmerksamen Blick zur Tür warf.
Patience trank ihre Tasse leer und gab ein unwilliges Geräusch von sich. Sie würde Gerrard vor Vane Cynsters schlechtem Einfluss beschützen müssen – das war überdeutlich.
Ein kleiner Anflug von Zweifel schlich sich in ihre Gedanken, als sie daran dachte, dass Vane sich Minnie gegenüber so aufmerksam verhalten hatte – und, ja, auch so liebevoll. Patience runzelte die Stirn. Sehr wahrscheinlich war er schlecht. Sie sollte ihn nicht nach seiner Kleidung beurteilen, doch diese Art von Urteil hatte sich in ihren sechsundzwanzig Jahren noch nie als falsch herausgestellt.
Doch hatten weder ihr Vater noch seine eleganten Freunde oder andere Männer dieser Art, die sie in ihrem Leben kennen gelernt hatte, Sinn für Humor gehabt. Auch nicht diese Art eines Wortgeplänkels, dass Vane Cynster mit ihr geführt hatte. Es war sehr schwer, der Herausforderung zu widerstehen zurückzuschlagen – in dieses Spiel nicht einzusteigen.
Patience' Stirn runzelte sich noch mehr. Doch dann blinzelte sie, reckte sich und ging durch den Raum, um ihre leere Teetasse auf dem Teewagen abzustellen.
Vane Cynster war ganz sicher schlecht.
3
Vane half Minnie die Treppe hinauf und ging dann mit ihr über den düsteren Flur. Nach dem Tod von Sir Humphrey war sie in eine große Suite am Ende eines der Flügel des Hauses gezogen. Timms Räume lagen gleich nebenan.
Minnie blieb vor der Tür stehen. »Es ist wie eine Fügung des Schicksals, dass du ausgerechnet jetzt gekommen bist.«
Ich weiß. Vane sprach diese Worte nicht laut aus. »Wieso?« Er öffnete die Tür.
»Hier geht etwas Seltsames vor.« Minnie stützte sich schwer auf ihren Stock, jetzt, wo sie nicht länger »in der Öffentlichkeit« war, dann ging sie zu dem Lehnsessel hinüber, der vor dem Kamin stand. Vane schloss die Tür hinter sich und folgte ihr. »Ich bin mir nicht sicher, was es ist.« Minnie setzte sich in den Sessel und rückte ihre Schals zurecht. »Aber ich weiß, es gefällt mir nicht.«
Vane lehnte sich gegen den Kaminsims. »Erzähle mir davon.«
Minnie runzelte die Stirn. »Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wann es wirklich angefangen hat, aber es war kurze Zeit, nachdem Patience und Gerrard gekommen waren.« Sie sah zu Vane auf. »Damit will ich nicht sagen, dass sie etwas damit zu tun haben – ihre Ankunft dient lediglich dazu, den genauen Zeitpunkt der Ereignisse festzulegen.«
Vane nickte. »Was hast du denn festgestellt?«
»Zuerst begannen die Diebstähle. Kleine Sachen – Schmuck, Schnupftabakdosen, Anhänger, Krimskrams. Alles, was klein und tragbar ist – Dinge, die man in die Tasche stecken kann.«
Vanes Gesicht wurde hart. »Wie viele Diebstähle hat es gegeben?«
»Das weiß ich nicht. Keiner von uns weiß es. Oft sind die Dinge schon seit Tagen verschwunden, manchmal sogar schon seit Wochen, ehe sie überhaupt vermisst werden.«
Dinge, die vielleicht in ein Blumenbeet fallen. Vane runzelte die Stirn. »Du hast gesagt, zuerst kamen die Diebstähle. Und was kam dann?«
»Eigenartige Geschehnisse.« Minnies Seufzer war voller Verzweiflung. »Die anderen nennen es ›das Gespenst‹.«
»Ein Geist?« Vane sah sie erstaunt an. »Es gibt hier keine Geister.«
»Weil du und Devil sie gefunden hättet, wenn es welche gäbe?« Minnie lachte leise. »Sehr richtig.« Doch dann wurde sie wieder ernst. »Und deshalb weiß ich auch, dass es die Taten von
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