Der Liebesschwur
zu. »Nicht alle Gentlemen …« Mrs. Chadwick ließ sich zu einer sorgfältigen Erklärung der Unterschiede bei den Männern der gehobenen Gesellschaft herab.
Vane beugte sich vor, um die Decke über Patience' Beine glatt zu ziehen, dabei murmelte er: »Das ist offensichtlich mein Stichwort, um mich zu verabschieden.«
Patience ließ Mrs. Chadwick nicht aus den Augen. »Ich bin noch immer festgebunden«, gab sie leise zurück. »Sie können mich hier nicht so liegenlassen.«
Kurz traf sich ihre Blick mit dem von Vane. Er zögerte, dann verhärtete sich sein Gesicht. »Ich werde Sie befreien unter der Voraussetzung, dass Sie hier warten, bis ich wiederkomme und Sie in Ihr Zimmer trage.«
Er griff über sie hinweg und zog die Decke zurecht; Patience warf ihm einen bösen Blick zu.»Das ist ganz allein Ihr Fehler«, flüsterte sie ihm zu. »Wenn ich es bis in das hintere Wohnzimmer geschafft hätte, wäre ich jetzt in Sicherheit.«
Vane richtete sich wieder auf, ihre Blicke trafen sich. »Sicher vor was? Dort gibt es auch eine Liege.«
Ihre Blicke hielten einander gefangen, und Patience bemühte sich sehr, nicht an den möglichen Ausgang der Dinge zu denken. Entschlossen schob sie jeglichen Gedanken an das von sich, was hätte geschehen können, wäre Angela nicht gekommen. Wenn sie zu lange darüber nachdachte, würde sie wahrscheinlich Angela auch noch erdrosseln wollen. Die Zahl ihrer möglichen Opfer wurde immer größer.
»Wie auch immer …« Vanes Blick glitt von Angela zu Mrs. Chadwick. Er bückte sich ein wenig, Patience fühlte es, als er den Schal losband. »Sie haben doch erklärt, es sei Ihnen langweilig.« Der Knoten gab nach, und er richtete sich wieder auf. Patience blickte zu ihm hoch – und ihre Blicke trafen sich. Er verzog den Mund, viel zu wissend. Eine seiner Augenbrauen zog sich hoch, ein wenig boshaft. »Ist es nicht das, was Ladys normalerweise ablenkt?«
Er wusste sehr gut, was Ladys ablenkte. Der Blick seiner Augen, die sinnlich verzogenen Lippen verrieten es ihr – sie schrien es förmlich heraus. Patience zog die Augen zusammen, verschränkte die Arme vor der Brust und sah zu Mrs. Chadwick. »Feigling«, sagte sie, gerade laut genug, dass er es hören konnte.
»Wenn es darum geht, Schulmädchen zum Schwärmen zu bringen, gestehe ich das sogar ein.« Seine Worte waren sehr leise, dann trat er einen Schritt von der Liege zurück. Die Bewegung erregte sowohl die Aufmerksamkeit von Angela als auch von Mrs. Chadwick. Vane lächelte. »Ich fürchte, meine Damen, dass ich Sie jetzt verlassen muss. Ich muss mich um meine Pferde kümmern.« Er nickte Mrs. Chadwick zu, lächelte Angela an, dann warf er Angela noch einen letzten, herausfordernden Blick zu, zog eine Augenbraue hoch und verschwand.
Die Tür schloss sich hinter ihm. Angelas strahlendes Gesicht verzog sich zu einem mürrischen Schmollen. Patience stöhnte innerlich auf und schwor sich, Rache zu nehmen. In der Zwischenzeit … Sie zwang sich zu einem interessierten Lächeln und sah sich die Dinge an, die Angela aus der Schachtel holte. »Ist das ein Kamm?«
Angela blinzelte, dann strahlte sie wieder. »Ja, das ist einer. Recht eindrucksvoll und so hübsch.« Sie hielt einen Kamm aus Schildpatt in der Hand, der mit falschen Diamanten verziert war. »Finden Sie nicht auch, dass er gut zu meinem Haar passen wird?«
Patience resignierte und schwor einen Meineid. Angela hatte auch kirschfarbene Borte gekauft – meterweise. Patience schrieb das insgeheim auch auf Vanes Rechnung und lächelte weiterhin freundlich.
10
Gefahr.
Das hätte eigentlich sein zweiter Name sein sollen.
Man hätte es ihm auf die Stirn tätowieren sollen.
»Eine Warnung wäre wenigstens fair gewesen.« Patience wartete darauf, dass Myst reagierte, schließlich blinzelte die Katze. »Hm.« Patience brach einen weiteren Ast mit Herbstlaub ab und legte ihn in den Korb zu ihren Füßen.
Drei Tage waren vergangen, seit sie der Liege endlich entkommen war, und heute Morgen hatte sie auch Sir Humphreys Spazierstock nicht mehr benutzt. Ihren ersten Spaziergang hatte sie in den alten, von einer Mauer umgebenen Garten gemacht. In Gesellschaft von Vane.
Das war, wenn sie wieder daran dachte, ein ganz eigenartiger Spaziergang gewesen. Sie waren allein gewesen. Die Vorahnung war groß – doch Vane hatte sie zunichte gemacht. Und leider hatte es in den darauf folgenden Tagen keine Gelegenheit mehr gegeben, mit ihm allein zu sein.
Und das hatte ihre Laune nicht
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