Der Liebestempel
habe Sie angelogen, Lieutenant, als ich
sagte, ich hätte keine Ahnung gehabt, womit mein Mann seinen Lebensunterhalt
verdiente. Ich wußte es nur zu gut! Er war ein Dieb und ein Gewaltverbrecher.
Ein Berufsverbrecher, er seine Taten in anderen Teilen des Landes beging, so daß
er sich hier sicher fühlen konnte. Er hatte ein System, davon erzählte er mir
einmal, als er sehr betrunken war. Immer eine neue Stadt — eine, die nicht zu
groß und nicht zu klein war; und er tat niemals etwas überhastet. Er gab vor,
am Erwerb von Grundstücken interessiert zu sein und unterhielt sich mit den
Maklern. Die wissen immer, was in einer Stadt vor sich geht, sagte er. Nach ein
paar Wochen traf er eine Auswahl unter den drei oder vier besten und
aussichtsreichen Objekten. Kleine Betriebe waren am besten, erklärte er mir — Betriebe,
die vor dem Zahltag keine gepanzerten Wagen und bewaffnete Wächter brauchten.
Auch manche Bars waren erstaunlich einträglich, vor allem, wenn sie in der Nähe
einer großen Fabrik lagen und man bis zum Ersten des Monats wartete. Hank
pflegte lange genug wegzubleiben, um seine Raubzüge in ein paar Städten zu
wiederholen — alle lagen weit auseinander — , und dann kehrte er mit seiner
Beute hierher zurück.«
Sie schauderte erneut. »Wenn er
heimkam, begann der Alptraum von neuem. Zuerst betrank er sich und schrie mich
an, dann schlug er mich, und schließlich benutzte er mich, als sei ich
irgendein Gegenstand und kein menschliches Wesen. Ich wollte ihn verlassen.
Einmal hatte ich meine Koffer bereits gepackt, als er unerwartet nach Hause
kam. Nachdem er mich geschlagen hatte, erklärte er mir auch, wenn ich das je
wieder versuchte, so würde er mich überall finden — und er würde mir Samantha
wegnehmen. Ich wußte, daß es ihm ernst damit war, und so versuchte ich es nicht
mehr. Wir dachten uns eine hübsche Geschichte aus — daß mein Vater mir bei
seinem Tod einen Haufen Geld hinterlassen habe. Das erklärte die Dividenden,
die regelmäßig aus meiner Heimatstadt in Arkansas überwiesen wurden. Ich
erzählte dem Bankpräsidenten hier, daß eine alteingesessene Anwaltsfirma meine
Interessen dort wahrnähme, und er war beeindruckt. Wir zahlten für die
sogenannten Dividenden Steuern, und Hank glaubte, es könne ihm hier überhaupt nichts
passieren.«
»Was war mit dieser Geschichte
mit dem Geld, das Sie ihm gegeben hatten, damit er sich an Bryants
Grundstückserwerb beteiligen sollte?« fragte ich.
»Das war eine dumme Lüge, die
sich Paul an dem Morgen, als Sie das erstemal hier
waren, ausgedacht hat. Er wußte einen Teil der Wahrheit, aber er wollte mich
schützen. Hank forderte das Geld von mir, und ich gab es ihm. Wenn ich am Leben
bleiben wollte, konnte ich unter den Umständen nichts anderes tun. Er hatte
einen großen Fehler gemacht — ein Verbrechen begangen, das das FBI auf den Plan
rief — , und nun rückten sie ihm auf den Leib. Er wollte das Land verlassen,
erklärte er mir damals in jener Nacht, und es sei ein Glück für ihn, wenn er
mich für den Rest seines Lebens nicht mehr zu sehen brauche.«
Sie seufzte leise. »Ich dachte,
ich wäre ihn für alle Zeiten los. Samantha und ich könnten hier glücklich sein
und nach einer Weile könnte ich mich von ihm wegen böswilligen Verlassens
scheiden lassen und dann vielleicht Paul Bryant heiraten. Aber nach fast einem
Jahr kam er zurück. Es war damals zehn Uhr abends; Samantha schlief oben, und
ich war allein hier unten. Ich hörte, wie ein Schlüssel im Schloß umgedreht
wurde, und ich schwöre Ihnen, mein Herz hörte einen Augenblick lang auf zu
schlagen. Dann kam er hereingeschwankt, als ob er nie weggewesen wäre. Im
Augenblick sei die Situation weniger brenzlig, sagte er, aber das Risiko,
hierzubleiben, sei nach wie vor zu groß für ihn. Er brauche Geld. Und wollte
wissen, wieviel noch auf der Bank sei. Es waren um
achtzigtausend Dollar herum, und er sagte, er brauche alles. Ich fragte ihn,
wovon wir leben sollten, und er sagte, ich könne mir einen Job suchen, es sei
ohnehin an der Zeit, daß ich etwas arbeitete. Aber wegen Samantha brauchte ich
mir keine Sorgen zu machen, denn er nähme sie mit sich, nur um sicher zu sein,
daß ich ihm das Geld jeweils in der Höhe schickte, in der er es anforderte.
Ich flehte ihn an. Ich sagte
ihm, ich würde am nächsten Tag zur Bank gehen, alles abheben und es ihm
bringen. Er erklärte, das würde Verdacht erregen, sein Vorschlag sei besser;
und wenn ich mich gut benehmen
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