Der Liebhaber meines Mannes
und ich bin in Hemdsärmeln. Immer wieder berühre ich meinen Hals, wie als Vorbereitung darauf, dass mein Polizist vielleicht die Hand dorthin legt. Oder die Lippen.
Aber daran sollte ich nicht denken.
Ich gehe zum Barschrank und schenke mir ein großes Glas Ginein, dann stelle ich mich wieder ans Fenster, höre, wie das Eis sich im Alkohol auflöst. Die Katze von nebenan schleicht auf meinem Fenstersims entlang und starrt mich hoffnungsvoll an. Aber ich lasse sie nicht herein. Heute Abend nicht.
Während ich warte, kommt die Erinnerung an die Mittwoche in mir hoch. Daran, dass die Vorbereitungen für Michaels Kommen – das Kochen, das Herrichten der Wohnung, von mir – zumindest für eine Weile fast schöner waren als die Treffen selbst. Es war die Erwartung, was kommen würde, ich weiß. Manchmal stand ich nachts auf, nachdem wir ins Bett gegangen waren und er schlief, und sah mir das Durcheinander an, das wir angerichtet hatten. Die schmutzigen Teller. Leere Weingläser. Unsere auf dem Boden verstreute Kleidung. Zigarettenkippen im Aschenbecher. Platten ohne Hüllen auf dem Sideboard. Und es reizte mich, alles wieder an seinen Platz zu räumen, sodass der Abend wieder von vorn beginnen konnte. Wenn ich alles wieder zurücktun könnte, würde Michael, wenn er vor Tagesanbruch aufstand, sehen, dass ich bereit für ihn war. Auf ihn wartete. Ihn erwartete. Und er würde vielleicht die nächste Nacht auch bleiben und die nächste und die nächste und die nächste.
Die Türklingel geht. Ich stelle meinen Drink hin, fahre mir mit der Hand durch die Haare. Hole Luft. Gehe nach unten zur Haustür.
Er hat nicht seine Uniform an, dafür bin ich dankbar. Es ist schon riskant genug, wenn ein einzelner Mann abends nach sechs an meiner Tür klingelt. Aber er hat eine Tasche bei sich, die er vor mir schwenkt. »Uniform. Dachte, du willst, dass ich sie anhabe. Für das Porträt.«
Er wird ein bisschen rot und blickt nach unten auf die Fußplatte. Ich winke ihn herein. Er folgt mir die Treppe hinauf (zum Glück leer) und in die Wohnung, seine Stiefel quietschen.
»Auch einen?« Als ich das Glas hochhalte, zittert meine Hand.
Er sagt, er nimmt ein Bier, wenn eins da ist; er ist jetzt nicht im Dienst bis morgen früh um sechs. Als ich die einzige Flasche helles Bier öffne, die im Barschrank ist, werfe ich einen verstohlenen Blick auf ihn. Mein Polizist steht auf dem Teppich, herrlich aufrecht, das Licht des Kronleuchters fällt auf seine blonden Locken und er sieht sich mit vor Staunen leicht geöffnetem Mund um. Sein Blick verweilt auf dem neu erworbenen Ölbild, das ich stolz über den Kamin gehängt habe – das Porträt eines Jungen mit stämmigem nacktem Körper von Philpot –, bevor er zum Fenster geht.
Ich reiche ihm sein Glas. »Herrlicher Blick, was?«, sage ich idiotischerweise. Es ist nicht viel zu sehen außer unseren eigenen Spiegelbildern. Aber er stimmt zu und wir spähen schweigend hinaus in den dunklen Himmel. Ich kann ihn jetzt riechen: ein Hauch von Karbol, was mich an die Schule erinnert – zweifellos der Geruch der Wache –, aber auch eine Spur Pinientalkum.
Ich sollte weiterreden, damit er nicht zu nervös wird, aber mir fällt absolut nichts ein, was ich sagen könnte. Endlich ist er hier, steht neben mir. Ich höre ihn atmen. Er ist so nahe, dass mir ganz schwindelig wird von seinem Geruch, seinem Atem und der Art, wie er sein Bier in großen Schlucken trinkt.
»Mr Hazlewood –«
»Patrick, bitte.«
»Soll ich mich umziehen? Sollten wir nicht anfangen?«
Als er ins Gästezimmer kommt, hat er den Helm in der Hand, aber alles andere angezogen. Die schwarze Wolljacke. Die fest geknotete Krawatte. Den Gürtel mit der silbernen Schnalle. Die Kette der Trillerpfeife hängt zwischen der Brusttasche und dem obersten Knopf. Die polierte Nummer auf seiner Schulter. Die glänzenden Stiefel. Es ist ein eigenartig erregendes Gefühl, einen Polizisten in der Wohnung zu haben. Gefährlich, trotz seines schüchternen Blicks. Aber auch ein bisschen lächerlich.
Ich sage ihm, dass er großartig aussieht, und bitte ihn, sich auf den Stuhl zu setzen, den ich ans Fenster gestellt habe. Ich habe eine starke Lampe daneben gestellt und eine alte grüne Tischdecke als Hintergrund an der Gardinenstange drapiert. Ich habe ihn gebeten, den Helm auf die Knie zu legen und über meine rechte Schulter in die Zimmerecke zu blicken.
Ich mache es mir auf einem Stuhl bequem, Skizzenblock auf dem Schoß, Bleistifte in der
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