Der Liebhaber meines Mannes
der Nebel.«
Ich lachte. »Für einen Polizisten bist du sehr romantisch.«
»Für einen Künstler hast du viel Angst«, sagte er.
Als Antwort küsste ich ihn fest auf den Mund.
13. DEZEMBER 1957
WIR HABEN UNS EINIGE MALE um die Mittagszeit getroffen, wenn er länger Pause machen konnte. Aber er hat die Lehrerin nicht vergessen. Und gestern hat er sie zum ersten Mal mitgebracht.
Wie habe ich mich angestrengt, charmant zu sein und sie freundlich zu empfangen. Sie passen so offensichtlich nicht zusammen, dass ich lächeln musste, als ich sie zusammen sah. Sie ist fast so groß wie er, versucht nicht, es zu kaschieren (trägt Absätze), und sieht nicht annähernd so gut aus wie er. Aber es ist klar, dass ich das denke.
Gleichwohl hat sie etwas Ungewöhnliches an sich. Vielleicht sind es die roten Haare. So kupferrot, dass niemand sie übersehen kann. Oder vielleicht weil sie anders als viele junge Frauen nicht wegsieht, wenn man ihrem Blick begegnet.
Nachdem wir uns im Museum getroffen hatten, ging ich mit den beiden ins Clock Tower Café. Es ist mittlerweile das Stammlokal von mir und meinem Polizisten für herzhaftes, einfaches Essen, auf das ich manchmal Lust habe. Jedenfalls ist es immer herrlich, nach der nüchternen Stille des Museums in dem fettgeschwängerten Mief dort zu sein, und ich war entschlossen, mich überhaupt nicht anzustrengen, um Miss Taylor zu beeindrucken. Ich wusste, sie würde silbernes Besteck und eine Tischdecke erwarten, also bot ich ihr das Clock Tower. Nicht gerade die Art Lokal, in dem eine Lehrerin gerne gesehen wird. An ihren Absätzen sehe ich, dass sie der aufstrebende Typ ist und meinen Polizisten mit nach oben ziehen will. Sie wird seine Zukunft schon geplant haben wie Küche, Fernsehgerät und Waschmaschine.
Aber ich bin unfair. Ich muss mir immer wieder sagen, dass ich ihr eine Chance geben muss. Dass es am klügsten ist, sie für mich einzunehmen. Wenn sie mir vertraut, wird es leichter sein, ihn weiterhin zu sehen. Und warum sollte sie mir nicht vertrauen? Schließlich wollen wir beide nur das Beste für meinen Polizisten. Ich bin sicher, sie will, dass er glücklich ist. Genau wie ich.
Das überzeugt nicht einmal mich selbst. In Wahrheit habe ich Angst, dass ihre roten Haare und ihr selbstsicheres Auftreten ihm den Kopf verdreht haben. Dass sie ihm etwas bieten kann, was ich nicht kann. Zunächst einmal Sicherheit. Ansehen (das hat sie in höchstem Maße, auch wenn sie sich dessen nicht bewusst ist). Und vielleicht eine Beförderung.
Sie scheint eine würdige Rivalin zu sein. An der Art, wie sie darauf wartete, dass mein Polizist ihr die Tür des Cafés aufhielt, und wie sie ihn genau beobachtete, wenn er sprach, als versuchte sie dahinterzukommen, was er wirklich meinte, konnte ich ihre Standhaftigkeit ablesen – oder war es Sturheit? Miss Taylor ist eine entschlossene junge Frau, daran habe ich keinen Zweifel. Und eine sehr ernsthafte.
Als wir zum Museum zurückgingen, hielt sie den Arm meines Polizisten fest und steuerte ihn vorwärts.
»Nächsten Dienstagabend«, sagte ich zu ihm, »wie immer?«
Sie starrte ihn an, ihr großer Mund zu einer geraden Linie zusammengepresst, als er sagte: »Klar.«
Ich legte eine Hand auf die Schulter meines Polizisten. »Und ich will mit euch beiden im neuen Jahr in die Oper gehen. ›Carmen‹ in Covent Garden. Ich lade euch ein.«
Er strahlte. Aber Miss Taylor wandte ein. »Wir können unmöglich. Das ist zu viel …«
»Natürlich können Sie. Sag ihr, sie kann.«
Mit einem Nicken in ihre Richtung sagte er: »Das ist schon in Ordnung, Marion. Wir können einen Teil bezahlen.«
»Davon will ich nichts hören.« Ich wandte ihr den Rücken zu und sah ihn direkt an. »Ich sag dir am Dienstag Näheres.«
Ich verabschiedete mich und ging die Bond Street hinunter, hoffte, sie bemerkte, wie ich mit den Armen schlenkerte.
16. DEZEMBER 1957
GESTERN ABEND KAM ER spät in meine Wohnung.
»Sie hat dir doch gefallen, oder?«
Ich war benommen vom Schlaf aus dem Bett gestolpert, im Schlafanzug, halb träumend noch von ihm, und da stand er auf der Schwelle: angespanntes Gesicht, die Haare feucht von der Nacht. Fragte mich nach meiner Meinung.
»Um Himmels willen komm rein«, zischte ich. »Du weckst die Nachbarn.«
Ich führte ihn nach oben ins Wohnzimmer. Als ich eine Tischlampe anknipste, sah ich die Uhrzeit: viertel vor zwei morgens.
»Was zu trinken?«, fragte ich und deutete zum Barschrank. »Oder vielleicht Tee?«
Er
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