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Der Lilienpakt

Der Lilienpakt

Titel: Der Lilienpakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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sitzen habt.«
    »Ich würde für die Comtesse alles tun, allein schon wegen der Freundschaft zu ihrem Vater und dem Verlust, den sie erlitten hat.«
    »Dann seid uns willkommen!«
    Nancy nickte, dann trat ein alter Schalk in seine Augen, der die Müdigkeit für einen Augenblick verdrängte. »Gibt es denn keine Zeremonie? Keine Zusammenkunft der Brüder, um das neue Mitglied vorzustellen?«
    »Das werden wir nachholen«, entgegnete Aramitz lächelnd.
    »Was ist mit einem Erkennungszeichen? Oder zählt die Beule, die mir Eure Diener verpasst haben, dazu?«
    Der Musketier lachte auf. »Ihr gefallt mir, Monsieur Nancy! Aber um auf Eure Frage zurückzukommen: Wir haben im Gegensatz zur Schwarzen Lilie nicht die Angewohnheit, unsere Mitglieder zu brandmarken.«
    »Brandmarken?«
    Aramitz nickte. »Die Schwarze Lilie versieht ihre Mitglieder mit einem Brandmal, das die Form einer schwarzen Lilie hat.«
    »Das Brandzeichen der Verbrecher.«
    »Nicht ganz, denn während das Brandmal für ein Verbrechen vernarbt und heller wird, bleibt dieses schwarz. Das und der Schmerz des Einbrennens soll die Mitglieder auf ewig daran erinnern, wem sie Treue geschworen haben.«
    »Es ist nicht vorgesehen, dass sie den Bund verlassen, nicht wahr?«, warf ich ein.
    »Das ist richtig, Comtesse. Nur der Tod kann eine Schwarze Lilie von ihren Pflichten entbinden. Entweder sie fällt oder sie wird wegen Verrats hingerichtet.« Aramitz machte eine kurze Pause, dann fügte er hinzu: »Aber für uns sind das Brandmal und die damit verbundene Verpflichtung in zweierlei Hinsicht bequem. Zum einen erkennen wir daran die Mitglieder der Bruderschaft – und zum anderen können wir, wenn wir einen von ihnen töten, guten Gewissens sagen, dass es den Richtigen getroffen hat.«
    Ich sah wieder vor mir, wie sich Athos in der Rue Saint-Michel über den Angreifer gebeugt, an seinen Kleidern gezerrt und dann ›Schwarze Lilie‹ gemurmelt hatte. Offenbar hatte er gewusst, wo er suchen musste.
    Aramitz schwieg kurz und griff dann unter sein Wams. Als er die Hand hervorzog, blitzte etwas Silbernes auf. Ein Ring.
    »Doch wenn Ihr ein Erkennungszeichen wollt, dann nehmt dieses hier. Dieser Ring hat einst meinem Cousin Athos gehört. Er hat ihn nur selten getragen, weil er fürchtete, den Lilienpakt zu verraten.« Er legte den Ring vor Nancy auf den Tisch, dann fügte er hinzu: »Jeder von uns trägt ebenfalls eine Lilie, allerdings verborgener. Im Knauf eines Degens, an einem Ring, an einer Kette oder aufgestickt auf einem Taschentuch.«
    Ich fühlte nach dem Knauf meines Degens. Im Inneren des Steins befand sich ebenfalls eine Lilie. Wieder bewunderte ich, wie bedacht mein Vater im Angesicht der Gefahr gehandelt hatte. Die Zeit war gekommen, dass der Degen seinen alten Knauf zurückerhielt.

10
    Jules starrte finster in seine Schüssel. Immer wieder wanderten seine Gedanken zu Christine, Insgeheim hoffte er, sie würde wieder vor seinem Fenster auftauchen. Doch das war auch heute nicht geschehen. Sie war offenbar fort. Wohin? Er hatte keine Ahnung.
    Wenn ich doch nur wüsste, wo sie ist …
    »Was ist mit dir?«, fragte sein Vater. »Warum isst du nicht?«
    »Ich habe keinen Hunger«, murmelte Jules und schob den Teller von sich. Die Grütze war inzwischen bestimmt kalt geworden, und auch das Fleisch würde nicht mehr schmecken.
    »Denkst wieder an sie, nicht wahr?«, setzte seine Mutter verständnisvoll hinzu.
    Jules errötete. Ja, Christine war ständig in seinen Gedanken, nicht erst seit sie das Haus verlassen hatte. Er wusste, dass es unmöglich war, ihr näherzukommen als bei einem Kuss, doch insgeheim träumte er davon, dass sie die Frau an seiner Seite werden würde. Wenn er sie denn jemals wiederfand.
    »Vielleicht sollte er ein wenig in die Stadt gehen«, bemerkte der Waffenschmied, nachdem er den letzten Löffel Grütze in sich hineingeschaufelt hatte. »Wenn er andere Burschen trifft, kommt er vielleicht auf andere Gedanken.«
    Jules wollte schon einwenden, dass er keine Lust hatte, sich mit anderen Burschen herumzutreiben. Immerhin war er kein kleiner Junge mehr. Doch dann fiel ihm ein, dass er vielleicht zu Athos’ Haus gehen konnte. Christine war sicher nicht mehr dort, aber vielleicht fand er einen Hinweis auf ihren jetzigen Aufenthaltsort.
    »Ich gehe nur ein wenig spazieren«, sagte er, während er aufsprang und dann zur Tür lief, um sich seinen Mantel überzuhängen. »Bis zum Abend bin ich wieder zurück.«
    »Wollen wir hoffen, dass er

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