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Der Lilienpakt

Der Lilienpakt

Titel: Der Lilienpakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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eingenommen. Ja, manches Mal hatte er sich gewünscht, dreißig Jahre jünger zu sein. Obwohl er nicht von edler Geburt war, hätte er sich dazu hinreißen lassen, um ihre Hand anzuhalten.
    Doch das war nun alles vergangen. Zusammen mit ihrer Familie ruhte sie in der kalten Gruft auf dem Dorffriedhof. Das Schloss war ein dunkler Ort, an den sich niemand wagte. Im Dorf erzählte man sich, ein Fluch würde darauf liegen. Ein Blutfluch, der die Familien all jener, die sich am Eigentum der d’Autrevilles vergriffen, ins Unglück stürzen würde.
    Der Fechtmeister gab nichts auf das Gerede. Er war der Einzige, der sich noch an diesen Ort wagte. Da die Türen nicht verschlossen waren, schlich er einmal in der Woche in den Fechtsaal. Im Sommer hatte er stets eine Rose auf den Boden niedergelegt. Eine Rose für Christine, seine einzige Schülerin und gleichzeitig seine letzte. Seit dem Tod der d’Autrevilles hatte er keinen Unterricht mehr gegeben. Und er würde es wahrscheinlich auch nie wieder tun.
    Als er sein eigenes Gesicht im Fenster nicht mehr ertragen konnte, wandte er sich um und griff nach der Karaffe, die er neben seinem Stuhl stehen hatte. Er zog den Korken heraus, goss den Wein in einen Becher und trank.
    Mittendrin stockte er und lauschte. Jemand kam die Straße herauf. Zwei Reiter. Nichts Ungewöhnliches. Hin und wieder kamen Reisende durch das Dorf. Sie würden vorbeiziehen und ihn in seiner Grübelei nicht stören.
    Der Fechtmeister lehnte sich zurück und hob den Becher wieder an seine Lippen. In dem Augenblick verklang das Hufgetrappel.
    Was war los? Hatten es sich die Männer anders überlegt?
    Alarmiert stellte Nancy den Becher beiseite und erhob sich.
    Da hämmerte es auch schon an seine Tür.
    Augenblicklich erstarrte er. »Wer ist da?«
    Niemand antwortete, doch er konnte deutlich hören, dass jemand vor der Tür war. Wollte sich jemand einen Scher? mit ihm erlauben? Oder kamen die Mörder des Comte nun auch zu ihm?
    Der Fechtmeister fuhr herum. Der Wein benebelte seinen Verstand, aber er war noch klar genug, nach seinem Degen zu greifen.
    »Euch werde ich zeigen …«
    Er riss die Tür auf und brachte seine Waffe in Kampfhaltung.
    Doch niemand war vor der Tür. Nur der Schnee wehte leise über die Schwelle.
    Vorsichtig machte er zwei Schritte nach vorn und sah sich um. Rechts von sich erblickte er das Haus der Witwe Marchet, die sich zeitweise um die arme Madame Poussier gekümmert hatte. Jene hatte nach der Todesnachricht einen Nervenzusammenbruch erlitten und das Bett nicht mehr verlassen können.
    Nancy hatte mit dem Gedanken gespielt, sie zu besuchen, doch welchen Trost hätte er ihr schon bringen können? Als er sich nach links wenden wollte, hörte er neben sich ein Knirschen. Blitzschnell wirbelte er herum, sah aber nur noch einen Knüppel niedersausen. Er traf ihn an der Stirn, worauf unzählige Sterne vor seinen Augen aufflammten. Dann wurde es dunkel und er fiel zu Boden.
    Hufgetrappel riss mich aus dem Schlaf. Benommen öffnete ich die Augen und stellte fest, dass ich mich nicht mehr im Salon befand, sondern in einem gut beheizten Zimmer. Voll bekleidet lag ich auf einer seidenen Bettdecke. Neben mir lag ein Nachthemd.
    Da die Hufschläge näher kamen und schließlich über den Vorplatz polterten, sprang ich aus dem Bett und lief zum Fenster.
    Wer wollte da zu uns? Die Erinnerung an den Abend des Überfalls schnürte mir die Kehle zu. Doch es war keine Reiterhorde, die auf dem Hof haltmachte. Nur drei Männer, die einen dunklen Sack trugen. War das ein Gefangener? Hatte die Schwarze Lilie hier spioniert?
    Auf Zehenspitzen schlich ich aus meinem Gemach. Alles war ruhig. Noch. An der Treppe angekommen erblickte ich Aramitz, der sich vor der Tür aufbaute. Wenig später brachten Pascal und Sebastian den Gefangenen in die Halle.
    Aramitz gab ihnen das Zeichen, loszulassen, dann zog er dem Mann den Sack vom Kopf. »Bitte verzeiht die Unannehmlichkeiten, Monsieur.«
    Unter dem zotteligen grau melierten Haarschopf war sein Gesicht zunächst nicht zu erkennen. Als er die Strähnen mit einer entschlossenen Kopfbewegung zurückwarf, erstarrte ich. Diese Nase und den spitzen Kinnbart, der an eine Ziege erinnerte, kannte ich nur zu gut!
    Maître Nancy! Er wirkte, als hätte man ihn gerade aus dem Bett geholt. Ein roter Fleck leuchtete auf seiner Stirn.
    »Wer zum Teufel seid Ihr?«, brauste er auf. »Was wollt Ihr von mir?«
    »Mein Name ist Henri d’Aramitz. Ich bin Musketier des Königs und für

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