Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Lilienpakt

Der Lilienpakt

Titel: Der Lilienpakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
Vom Netzwerk:
Steinen, bis sie zu einer Treppe kamen. Diese erklommen sie und bogen in einen weiteren, fackelbeleuchteten Gang ein, der sie zu einer schwarzen Tür führte. Dahinter lag eine weitläufige Halle. Das Podest in der Mitte war mit einem schwarzen Tuch bedeckt.
    Der Capitan beachtete es nicht. Wenn kein Ritual stattfand, wirkte dieser Raum glanzlos. Die Banner, die sonst die Wände schmückten, waren emporgezogen, auf den hohen Leuchtern standen keine Kerzen. Das einzige Licht kam von zwei Fackeln.
    Im nächsten Raum wurden ihre Schritte von Teppichen gedämpft. Die groben Steine verschwanden unter Wandteppichen, hohe Kandelaber beleuchteten den Weg. Schließlich erreichten sie das Studierzimmer.
    Der Begleiter des Capitans kratzte kurz an der Tür, dann wurden sie hineingebeten. Doch nur der Capitan trat ein.
    Nicht viele Menschen sahen den Großmeister im Morgenmantel. Er saß hinter seinem Schreibpult und ließ seine Feder über ein Stück Pergament gleiten. Die kahle Stelle auf seinem Kopf war unbedeckt.
    Ohne aufzublicken, sagte er: »Selbst wenn ich blind wäre, würde ich wissen, dass Ihr es seid, der mich aufsucht. Ihr poltert die Gänge entlang wie ein Ochse und stinkt wie ein Misthaufen.«
    Der Capitan verzog missmutig das Gesicht. »Verzeiht, Exzellenz, aber in der Eile achte ich nicht auf die Lautstärke. Und auf dem vorgeschriebenen Weg bleiben einige Gerüche hängen.«
    Der Großmeister stellte seine Feder zurück ins Tintenfass und lehnte sich zurück. »Da Ihr schon meine Ohren und meine Nase beleidigt, habt Ihr wenigstens Neuigkeiten für mich?«
    Der Capitan nickte. »Der Comte und seine Familie wurden ausgelöscht.«
    »Und das Subjekt, das Ihr mir bringen solltet?«
    »Wir haben es nicht gefunden.«
    Die zur Stirn hin spitz zulaufenden Augenbrauen des Großmeisters schnellten nach oben.
    »Ihr habt es nicht?«
    »Wir haben das ganze Haus abgesucht.« Der Capitan zog entschuldigend die Schultern hoch. »Nichts. Wahrscheinlich hat es der Comte schon außer Landes geschafft.«
    Der Großmeister schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Weder meine Spione in Calais noch in Spanien oder Italien haben etwas gemeldet.«
    »Und wie steht es mit der Levante?«
    »Dazu wäre die Zeit zu knapp gewesen. Ich bin davon überzeugt, dass das Subjekt noch in Frankreich ist. Einige Männer sollen die Gegend durchkämmen, und gebt auch unseren Freunden in anderen Städten Nachricht.«
    Der Capitan verneigte sich. »Wie Ihr befehlt, Exzellenz –«
    »Dann geht jetzt. Wenn der König stirbt, müssen wir bereit sein!«
    Erneut verneigte sich der Capitan, dann verließ er rückwärts die Studierstube. Niemand drehte dem Großmeister den Rücken zu, selbst seine engsten Vertrauten nicht.
    Die ganze Nacht waren wir unterwegs. Obwohl meine Glieder bleischwer vor Müdigkeit waren, fand ich keine Ruhe. Das Rumpeln des Wagens störte mich gar nicht so sehr, mich hielten eher die Bilder wach, die immer dann auftauchten, wenn ich die Augen schloss.
    Auch Jules schlief nicht. Er tat zwar so, doch unter seinen halb offenen Lidern glitzerte es unruhig. Er beobachtete mich.
    Gegen Morgen befanden wir uns auf freiem Feld. Neben uns erklang Vogelgezwitscher, und der Duft von Erde und grünen Halmen wehte heran. Das Schloss und mein Dorf lagen weit hinter uns. Ein paar Holzfäller kamen uns entgegen. Monsieur Garos grüßte sie freundlich, fuhr dann aber rasch weiter.
    Ich spürte deutlich seine Anspannung. Wahrscheinlich fürchtete er trotz allem, dass die Schwarze Lilie uns verfolgte.
    Gegen Mittag tauchte Paris vor uns auf. Bevor ich die Stadt sah, roch ich sie. Ein süßlicher Gestank kitzelte mich in der Nase und brachte mich zum Niesen, als wir durch eines der Stadttore fuhren.
    »Riecht es hier immer so?«
    Jules lachte auf. »Das ist der Duft einer großen Stadt! Ihr gewöhnt Euch besser daran, andere Luft werdet Ihr hier nicht kriegen.«
    »Sag ruhig Du zu mir. Ich bin jetzt euer Lehrling, schon vergessen?«
    »Wie könnte ich!« Jules zwinkerte mir verschmitzt zu.
    Ehrlich gesagt, hatte ich mir Paris ein wenig anders vorgestellt: als einen Ort voller angenehmer Düfte, wehender Seidenbänder und leuchtender Sommerblumen. Nichts an meiner Vision entsprach der Wirklichkeit.
    Die Gassen, durch die unser Fuhrwerk rumpelte, waren eng und schlammig. Das Einzige, was im Wind flatterte, waren vergraute Wäschestücke. Hunde und Schweine kreuzten unseren Weg. Mir wurde übel, als ich auf einem Misthaufen zwischen zwei Häusern

Weitere Kostenlose Bücher