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Der Lilienpakt

Der Lilienpakt

Titel: Der Lilienpakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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erwischte!
    Doch Jules interessierte sich nur für den Zettel. Ich trat neben die Kerze, zeigte ihm den rätselhaften ersten Satz und drehte das Zettelchen dann um. In der Nähe der Kerzenflamme zeigten sich die Buchstaben, nur mehr schwach, aber lesbar.
    Suche Hilfe bei Musketieren.
    »Die Botschaft könnte für den Empfänger des Degens bestimmt gewesen sein.« Jules unterdrückte ein Gähnen.
    »Richtig. Und der Empfänger des Degens war ich!«
    »Sie könnte aber auch aus der Zeit stammen, in der dein Vater bei den Musketieren war«, entgegnete Jules. »Die Schrift ist schon ziemlich alt.«
    »Sie ist verblasst, weil ich sie wieder und wieder erwärmt habe.« Vorsichtig strich ich das Papierstück glatt, auf dem die Buchstaben schon wieder verschwanden. Dann steckte ich es in die Tasche.
    Jules seufzte. Ich hatte ihn noch immer nicht überzeugt.
    »Und was machst du, wenn es schiefgeht?«, fragte er. »Wenn er herausfindet, dass du ein Mädchen bist?«
    Darüber hatte ich mir bereits Gedanken gemacht.
    »Wenn das passiert, werde ich ihm diesen Zettel zeigen – und den Degenknauf, der eigentlich an meine Waffe gehört. Ich werde ihm die Geschichte meiner Familie erzählen und ihn bitten, mich zu Monsieur de Troisville zu bringen.«
    »Und warum machst du das nicht jetzt schon?«
    »Weil ich nicht weiß, wie weit der Arm der Schwarzen Lilie reicht. Vielleicht haben sie sogar schon bei den Musketieren Spione.«
    »Und wenn auch Athos dazugehört?«
    »Willst du euren besten Kunden beschuldigen, ein Verbrecher zu sein?«
    »Nein, aber du kannst in niemanden hineinsehen.«
    »Wenn ich sein Diener bin, schon!«
    Jules schüttelte seufzend den Kopf. »Warum bist du nur so dickköpfig?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Das ist meine Natur. Und was ich dir vor ein paar Tagen gesagt habe, gilt. Ich möchte dich wiedersehen und weiter mit dir üben. Nicht nur wegen meines Vorhabens, sondern weil ich dich mag.«
    Jules starrte mich mit großen Augen an und wich zurück. Hatte ich ihn erschreckt?
    »Du magst mich?« Seine Wangen wurden feuerrot, als hätte er ins Schmiedefeuer geschaut.
    »Ja, und deshalb hoffe ich auch, dass du mir weiterhin helfen wirst. Bitte sage mir Athos’ Adresse!«
    »Er wohnt in der Rue Saint-Michel, Richtung Seine-Ufer.«
    Ich beugte mich zu ihm und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
    »Danke. Wünsch mir Glück, dass Monsieur d’Athos mich in seine Dienste nimmt. Ansonsten bin ich morgen früh wieder hier.«
    Jules lächelte beklommen. Plötzlich packte mich das Verlangen, ihn in meine Arme zu schließen.
    Doch ich hielt mich zurück. Wenn ich das tat, würde ich vielleicht doch nicht mehr fortwollen. »In zwei Tagen unter der Ulme auf dem Hügel?«, fragte ich.
    Er nickte, worauf ich mich umwandte und die Kammer verließ.
    Im Haus war noch immer alles still. Die Garos’ hatten meinen Besuch bei Jules nicht bemerkt. Den Degen fest an mich gepresst huschte ich am Küchentisch vorbei zur Haustür. Die alte Minou schlummerte auf dem Fensterbrett.
    Auf Zehenspitzen schlich ich über den leeren Hof. Grillenzirpen tönte mir entgegen. Auf dem Weg zum Tor warf ich einen letzten Blick zur Schmiede. Etwas Wehmut überkam mich, denn das Wickeln der Waffengriffe hatte mir Freude bereitet. Plötzlich schoss eine Hand aus dem Dunkel, packte mich und drückte mich gegen die Mauer.
    »Wer will denn hier auf Reisen gehen?«
    Weingeschwängerter Atem schlug mir ins Gesicht.
    Jacques!
    Angst schoss mir in die Glieder. »Lass mich los!«, zischte ich, denn ich wollte Monsieur Garos nicht wecken. Panisch blickte ich über die Schulter des Schmiedegesellen. Doch Jules würde mich hier nicht sehen.
    Also trommelte ich wütend gegen die Schulter des Mannes, der sich so dicht an mich drängte, dass ich meinen Degen nicht ziehen konnte.
    »Na, was hast du denn in der Kammer deines Freundes getrieben?«, raunte Jacques in einem Tonfall, der mir gar nicht gefiel. »Glaub nicht, dass ich nicht wüsste, dass du ein Weib bist!«
    Meine Erwiderung blieb mir im Hals stecken. Er hatte sich also doch nicht täuschen lassen. Meine Furcht vergrößerte sich. Ich versuchte ihn zu treten.
    Jacques wich lachend aus. »Ah, du weißt also schon, wie man sich einen Kerl vom Leib hält. Doch weißt du auch, wie es ist, das nicht zu tun? Treibst du es mit dem kleinen Jules?«
    Speichel troff von seiner Unterlippe. Mein Magen revoltierte.
    Ich wollte schreien, doch kein Laut kam aus meinem Mund. Wo zum Teufel war die mutige Christine

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