Der Lilienpakt
Richtung Saint-Augustin, bog um eine Hausecke und kam dann zu einem freien Platz. Drei Kämpfer fochten dort gegen einen einzelnen Mann.
Trotz der schlechten Lichtverhältnisse erkannte ich, dass die Angreifer vermummt waren. Der Angegriffene trug die Tunika der Musketiere. Und hatte Mühe, sich zu verteidigen.
Obwohl mir Maître Nancy stets geraten hatte, nachzudenken, bevor ich mich in einen Kampf einmische, zog ich meinen Degen und stürmte voran.
Die Angreifer waren so mit dem Musketier beschäftigt, dass sie mich zunächst nicht bemerkten. Nacheinander hieben sie auf den Musketier ein und versuchten ihn zu treffen. Ein reißendes Geräusch ertönte, als eine der Klingen seine Tunika aufschlitzte.
Plötzlich sah ich meine Chance, einzugreifen!
Ich fing die Rapierklinge des Angreifers mit meinem Degen auf und parierte. Der Räuber hielt verdutzt inne, dann griff er mich an. Seine Art zu fechten glich der von Jules. Er war nur darauf aus, seinen Gegner schnell zu treffen. Bei der ersten Gelegenheit band ich seine Klinge und versuchte ihn zu entwaffnen.
Der Mann sah mich verwundert an und wich zurück. Den Degen konnte ich ihm nicht aus der Hand schlagen, aber durch seinen Rückzug gewann ich wertvollen Raum.
»Verdammt, Junge, das ist nicht deine Sache!«, rief mir der Musketier zu.
Ich hatte keine Zeit, mich nach ihm umzusehen, doch die Stimme kam mir bekannt vor. Wieder hieb der Räuber auf mich ein.
Ich parierte und wagte danach gleich einen Ausfallschritt. Mein Degen glitt über die Klinge meines Gegners und bohrte sich in seinen Arm. Der Mann stieß einen Wutschrei aus. Blut nässte in Windeseile sein Hemd und er war gezwungen zurückzuweichen.
Der Aufschrei lenkte einen der Angreifer ab, die noch immer auf den Musketier eindrangen. Als er den Kopf zur Seite wandte, stach der Angegriffene zu. Der Vermummte fiel stöhnend zu Boden. Der andere hieb erneut auf den Musketier ein, doch dieser wich geschickt aus.
Zeit, ihn zu bewundern, hatte ich allerdings nicht. Der verletzte Kämpfer wollte es mir heimzahlen.
Mit voller Wucht hieb er unter meine Klinge. Ein Schmerz durchzuckte mein Handgelenk, und ich glaubte schon, meine Waffe zu verlieren. Doch ich griff rasch nach und tat jetzt dasselbe wie der Musketier. Ich wich zur Seite aus und ging dann sofort zum Angriff über. Mein Degen traf den Mann in die Seite.
Mit einem Aufschrei schleuderte der Räuber seinen Mantel herum.
Ich rechnete mit einem erneuten Angriff, doch anstatt die Degenspitze auf mich zu richten, rannte er los.
Der Mann, der noch immer gegen den Musketier focht, begriff plötzlich, dass er allein war. Doch ihm gelang die Flucht nicht. Der Musketier fiel aus und stieß ihm den Degen in die Brust. Mit einem dumpfen Laut fiel der Mann zu Boden und starb.
Der Musketier blieb kurz stehen und sah sich um. Erwartete er, dass der Geflohene Verstärkung holte? Als das nicht der Fall war, beugte er vor dem Toten das Knie und riss ihm das blutbeschmierte Wams auf. Ich konnte nicht erkennen, was er dort sah, denn er raffte den Stoff rasch wieder zusammen. »Schwarze Lilie«, brummte er dann und erhob sich.
Schwarze Lilie?
Es kam noch besser. Als er sich langsam umwandte, erkannte ich sein Gesicht.
Monsieur d’Athos!
Allerdings wirkte er keineswegs erfreut, mich zu sehen. Mit finsterer Miene erhob er sich und kam auf mich zu.
»Ich hatte dir doch gesagt, dass du dich raushalten sollst!«, fuhr er mich an.
Hätte ich wirklich zusehen sollen, wie der Fremde ihn durchbohrte? Ich brachte kein Wort heraus.
»Was machst du um diese Zeit hier?«
Ich machte den Mund auf, um etwas zu erwidern, da packte er mich am Kragen. »Ich müsste dir eigentlich auf der Stelle den Hintern versohlen. Du hättest sterben können!«
»Aber ich lebe noch«, erkühnte ich mich zu sagen. »Und habe nicht einmal einen Kratzer abbekommen! Im Gegensatz zu meinem Gegner.«
Athos funkelte mich wütend an, dann ließ er mich wieder los. Plötzlich fing er zu lachen an. Hatte er den Verstand verloren?
»Komm, Kleiner, wir sollten besser von hier verschwinden.«
Er packte mich am Arm und zog mich mit sich in eine Gasse. So lang, wie er ausschritt, blieb mir keine andere Wahl, als neben ihm herzurennen.
In einer Ecke, die schwer einzusehen war, machten wir halt. »Du gefällst mir, Bursche! So ungern ich es zugebe, du hast mir das Leben gerettet.«
Ich war sprachlos. Hatte er mich tatsächlich gelobt?
»Nichtsdestotrotz wärst du besser bei deinem Meister
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