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Der Lilienpakt

Der Lilienpakt

Titel: Der Lilienpakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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zu gehen. Dabei nahm er das Band seines Kragens zwischen die Lippen, kaute darauf herum und schüttelte immer wieder den Kopf. »Das ist nicht möglich. Das kann nicht sein.«
    Ich lehnte mich zurück. Ich hatte noch nicht die Kraft, ihm zu widersprechen. Zu welchem Schluss er auch kam, die Wahrheit blieb die Wahrheit.
    Schließlich lachte Athos auf. Hatte er den Verstand verloren?
    »Charles d’Autreville hat seiner Tochter das Fechten beigebracht«, sagte der Musketier, mehr zu sich selbst als zu mir. »Diese Verrücktheit traue ich ihm zwar zu, aber …«
    »Es ist die Wahrheit. Ich bin Christine d’Autreville. Meine Brüder waren Bernard, Antoine und Roland.« Beim Aussprechen ihrer Namen hatte ich einen dicken Kloß im Hals. Die Trauer griff wieder nach mir, aber diesmal kamen mir keine Tränen. »Sagt, Monsieur d’Athos, kanntet Ihr meinen Vater?«
    »Ob ich ihn kannte?« Die Falte zwischen seinen Augen vertiefte sich, dann wischte er sich hastig übers Gesicht. »Natürlich kannte ich ihn! Ich …« Er stockte plötzlich, betrachtete mich prüfend, dann fuhr er fort: »Er war eines meiner Vorbilder. Vor drei Jahren haben wir uns kennengelernt.«
    Ich schnappte überrascht nach Luft. »Davon hat er mir nie erzählt. Auch seid Ihr nie bei uns gewesen.«
    »Er sollte auch nichts von mir erzählen«, gab Athos zurück. »Wir haben uns versprochen, einander nur bei Gefahr aufzusuchen.«
    Der Besuch von Monsieur Blanchet kam mir in den Sinn. Auch er war nur ein-oder zweimal bei uns gewesen.
    Athos lachte bitter auf. »Was für grausame Scherze sich das Leben doch erlaubt!«
    »Was meint Ihr damit?«, wollte ich wissen.
    »Ihr wusstet nicht, wer ich bin, doch Ihr seid zu mir gekommen! Warum habe ich nicht genauer hingesehen?«
    Warum redete er mich jetzt so förmlich an? Er hatte mich doch sonst immer geduzt.
    »Hättet Ihr mich denn bei Euch aufgenommen, wenn Ihr gewusst hättet, dass ich ein Mädchen bin?«
    »Ich hätte Euch bei mir aufgenommen, weil Ihr die Tochter Eures Vaters seid!« Auf einmal wurde seine Miene todernst. »Ihr habt keine Ahnung, nicht wahr?«
    Wovon sollte ich Ahnung habe? Und woher sollte ich wissen, dass er mich aufgenommen hätte, wenn er gewusst hätte, wer ich bin?
    Das verwirrte mich so sehr, dass meine Schläfen zu schmerzen begannen. Seufzend lehnte ich mich zurück.
    »Sagt mir, warum wolltet Ihr unbedingt in meine Dienste treten?«, fragte Athos, während er mir den Zettel zurückgab.
    Matt barg ich ihn in meiner Hand. »Weil ich glaubte, bei Euch Hinweise zu finden. Und auf dem Zettel stand, dass ich Hilfe bei den Musketieren suchen sollte.«
    »Dieser Zettel ist uralt, und Euer Vater hat euch damit keine Anweisung geben wollen. Die Anweisung war vielmehr für …«
    »Für wen?« Es war zwecklos. Athos war im Augenblick zwar recht redselig, aber meine Fragen schienen ihn nicht zu erreichen. Kurz verfiel er in Schweigen, dann streckte er die Hand nach meinem Haar aus, zog sie aber gleich wieder zurück und senkte den Blick.
    »Könnt Ihr mir mehr von meinem Vater erzählen?«, fragte ich nach einer Weile. »Was könnte die Schwarze Lilie von ihm gewollt haben?«
    Athos hob den Kopf. »Ihr wisst also, dass es die Schwarze Lilie war?«
    Ich langte neben mich zum Kleiderstapel, was mir alle Kraft, die ich momentan besaß, abverlangte. Aus der Hose zog ich nun auch den roten Stofffetzen mit der schwarzen Lilie und zeigte ihn Athos.
    »Das hatte meine Mutter in der Hand, als sie gefunden wurde.«
    Der Musketier betrachtete die aufgestickte Lilie voller Abscheu. »Verdammte Hurensöhne!«
    Ich dachte zunächst, er würde das Erkennungszeichen anspucken, doch dann hieb er mit der Faust auf den Balken neben sich.
    »Ihr hättet nicht nach Paris kommen sollen, Comtesse«, sagte er nun.
    »Bitte nennt mich nicht so«, wandte ich ein. »Und redet auch nicht so förmlich mit mir, das habt Ihr die ganze Zeit über nicht getan. Die Comtesse d’Autreville ist auf dem Schloss geblieben. Sie ist nicht viel mehr als ein Geist. Geblieben ist nur Euer Diener, der eigentlich ein Mädchen ist.«
    »Für die Schwarze Lilie ist die Comtesse kein Geist«, gab Athos zurück. »Sie wissen mittlerweile, dass Ihr … ich meine, dass du noch am Leben bist.«
    Offenbar hatte ich mich doch in einen anderen Menschen verwandelt, so schwer, wie es Athos fiel, mich anzusprechen.
    »Dann galt der Anschlag also mir und nicht Blanchet.«
    »Das würde ich nicht so sagen, Blanchet hat einiges getan, um sich den Zorn

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