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Der Lilienpakt

Der Lilienpakt

Titel: Der Lilienpakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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Sein Gesicht war kreidebleich, um seine Brust hatte er einen Verband. Doch dieser war schon wieder durchgeblutet. Sein Haar klebte an Stirn und Wangen, seine Augen waren geschlossen.
    War er doch schon tot?
    Ich trat an sein Bett. Mein Herz krampfte sich zusammen, und noch immer konnte ich nicht glauben, was ich sah. Der große Athos, der beste Fechter der Musketiere, durchbohrt vom Stahl eines Feindes.
    »Christine?«, fragte er plötzlich und öffnete leicht die Augen.
    Ich hockte mich neben ihn. Der Blutgeruch bereitete mir Übelkeit, trotzdem griff ich nach seiner Hand. »Ich bin hier.«
    Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. »Es hätte alles anders kommen sollen. Aber ich fürchte, meine Zeit ist um.«
    »Sagt so etwas nicht!«
    Zitternd umklammerte er meine Hand.
    »Henri wird ab sofort für dich sorgen. Versprich mir, am Leben zu bleiben. Unser Tun soll nicht umsonst gewesen sein.«
    Tränen schossen mir in die Augen, und die Trauer drückte mir die Kehle zu. »Ich verspreche es«, sagte ich schließlich. »Und ich werde die Männer finden, die meine Familie getötet haben.«
    Erneut versuchte er zu lächeln, doch der Ausdruck auf seinem Gesicht wirkte ein wenig gequält. »Überlass das besser dem Lilienpakt. Er wird dir Genugtuung verschaffen.«
    »Lilienpakt?«, fragte ich, worauf er etwas murmelte, das ich nicht verstehen konnte.
    »Versprich es mir«, kam es schließlich schwach über seine Lippen. Seine Lider schlossen sich langsam und der Druck seiner Hand ließ nach.
    »Ich verspreche es«, sagte ich schluchzend, denn ich spürte, dass das Leben aus ihm wich.
    Seine Lippen bewegten sich noch kurz, dann erschlaffte sein Körper. Seine Hand entglitt meinen Fingern. Der Blick zwischen den halb geschlossenen Lidern erlosch.
    »Nein!«, schluchzte ich auf, dann griff ich nach seinen Schultern und rüttelte ihn. »Ihr dürft nicht sterben, Athos! Wacht wieder auf!«
    Ich zitterte am ganzen Körper. Tränen liefen mir über die Wangen, und einen Augenblick lang gab ich mich der Illusion hin, dass er wieder aufwachen würde. Doch dann spürte ich zwei Hände auf meinen Schultern und wusste, dass das nicht geschehen würde. Athos war tot. Hingemetzelt von einer Bande Wahnsinniger.
    Das Bild des toten Musketiers verschwamm vor meinen Augen. Der Arzt trat an seine Seite, fühlte seinen Puls und schüttelte den Kopf. Henri d’Aramitz drückte ihm die Augen zu und sank dann auf der Bettkante zusammen.
    Ich stand da wie gelähmt. Wider besseres Wissen hoffte ich, dass er die Augen wieder aufschlagen würde. Dass er mir sagen würde, dass alles nur ein Scherz war. Doch Athos hatte nur selten gescherzt.
    Obwohl er mich als sein Diener nicht gerade mit Samthandschuhen angefasst hatte, war er mir doch ans Herz gewachsen. Und jetzt, da sich herausgestellt hatte, dass zwischen ihm und meinem Vater eine Verbindung bestand, hätten wir vielleicht Freunde werden können.
    Ich hörte Aramitz schluchzen. Der Arzt trat betreten schweigend vor die Tür. Ich selbst fühlte mich, als würde in meinem Innern etwas zerreißen. Ich konnte nur an Rache denken. Jetzt hatte ich die Schwarze Lilie gefunden. Zeit, ihrem mörderischen Treiben endlich Einhalt zu gebieten.
    Wie lange ich neben dem Bett kniete, wusste ich nicht.
    Ich hörte, wie Aramitz’ Schluchzen schließlich verebbte und er sich an den Arzt wandte.
    »Ich werde Ihnen Madame Gervais schicken, sie wird ihn bereit machen«, erklärte dieser. »Da Monsieur Le Clerk selbst verschieden ist, werde ich einen anderen Totengräber benachrichtigen. Das wird allerdings eine Weile dauern.«
    »Vielen Dank, Docteur.«
    Der Arzt ging zu ihm und klopfte ihm auf die Schulter. Dann spürte ich seinen Blick auf mir. Doch weder berührte er mich noch richtete er das Wort an mich. Seine Schritte hallten durch den Raum, dann fiel eine Tür ins Schloss.
    Schließlich spürte ich Aramitz’ Hand auf meiner Schulter.
    »Fühlt Ihr Euch in der Lage, mit mir zu kommen?«
    Was war das für eine seltsame Frage? Wohin sollte ich denn?
    Ich blickte auf und sah, dass seine Wangen tränenverschmiert waren. Sein Blick war ernst.
    »Wohin?«, fragte ich, während ich mich aufrappelte. Meine Seite stach und pochte noch immer furchtbar, aber sonst fühlte ich mich wie betäubt.
    »Zu meinem Vater.«
    »Aus welchem Grund?« Ich blickte zu Athos. Im Tod wirkte sein Gesicht friedlich und wesentlich jünger.
    Der Musketier seufzte auf und lächelte dann bitter. »Mein Vater hat Euch einiges zu erzählen.

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