Der Lilith Code - Thriller
Armee waren diese Siedlungen immer wieder Ausgang hitziger Gefechte zwischen den verfeindeten Parteien.
Nahe des Wassertanks, der die kleine Gemeinschaft aus wenigen, hastig errichteten Containern mit dem knappen Gut Wasser versorgte, hatte Gidead schon vor Monaten sein Gepäck für diesen Tag versteckt. Leise schob er den Sand und die Steine beiseite, dann hob er die Wellblechhaube hoch, stellte sie vorsichtig an den Rand und griff in die Grube. Fast eine halbe Stunde lang belud er seinen Volvo Kombi. Über die Kisten legte er mehrere Widderhörner, Schofar genannt. Sie wurden bei Festen wie der Bar Mizwa in Jerusalem herausgeholt und, wie es die Tradition verlangte, mehr oder weniger kunstvoll geblasen. Er würde so an den Kontrollposten besser vorbeikommen. Es war noch dunkel, die Sonne lag noch hinter den rostbraunen Hügeln drüben auf der jordanischen Seite des Toten Meeres, als er mit seinem alten Wagen den Hügel hinunter fuhr, zur Straße, die nach Jerusalem führte. Dort würde Ehudwarten. Ehud hatte wie Avi Jahrzehnte seines Lebens südlich von hier in der Stadt Dimona gearbeitet. Dort hat der israelische Staat 1958 mit französischer Hilfe ein ziviles und ein militärisches Atomprogramm in die karge, baumlose und trockene Region bauen lassen. Die beiden Forscher hatten nie über ihre Arbeit sprechen dürfen, nicht einmal mit ihren Familien. Aber ihre Beziehung zueinander wuchs über die Jahre und auch ihre Hinwendung zum Orthodoxen, zum, wie sie sagten, »wahren Judentum«. Waren sie noch auf der Universität eher glaubensfern gewesen, sie studierten schließlich Chemie, änderte sich ihre Haltung in den Jahren der Forschung stetig und extrem. Sie zogen mit ihren Familien aus Dimona in den Norden des Landes.
Nie wurden ihre Arbeit noch ihre Verdienste gewürdigt. Sie hatten mit den Südafrikanern 1979 diesen großartigen Test mit einer Atombombe im Atlantik vorbereitet und durchgeführt. Aber so wie ihre Freunde am Kap das Land verloren hatten, so mussten auch sie jeden Tag zusehen, wie immer mehr Araber auf ihrem Gelobten Land heranwuchsen. Jeden Tag wurden zwanzig Araberkinder und lediglich zwei jüdische Kinder geboren. Für einen Naturwissenschaftler wie Avi war es nur eine Frage der Zeit, bis ihr kleines wehrhaftes Land von außen, aber vor allem von innen zerstört werden würde.
Das Westjordanland umschloss das alte biblische Land Judäa und Samaria. So bezeichneten die Siedler es und verbanden damit immer auch einen Anspruch auf das Land. Denn so stand es in der Bibel geschrieben. Es war ihr Land, von ihrem Gott gegeben. Aber in den letzten Jahren war der Hass der säkularen Israelis auf sie, die Siedler, kaum zu ertragen gewesen. Sogar ehemalige Kameraden aus dem Militär machten sich stark für eine Räumung ihrer Siedlungen. Es war Zeit zurückzuschlagen. Es war Zeit für die endgültige Schlacht.
Vor Jerusalem scherten von Seitenstraßen zwei Pick-ups vor und hinter ihnen ein. Es waren ihre engsten Freunde.Drei Kontrollposten passierten sie ohne Probleme. Ihre Ausweise wiesen sie als Mitarbeiter des Militär-Geheimdienstes aus. Gegen neun Uhr erreichte die Gruppe das Tor zum Tempelberg.
Der Berg Moriah ist der umstrittenste Platz der Welt. Die meist selbsternannten Verteidiger der drei großen Religionen kämpfen seit Jahrhunderten um die Vorherrschaft. Hier stand der Tempel Salomo, wie wohl auch der des Herodes, in dem Jesus gepredigt haben soll. Geblieben von all dem ist im Westen nur die Klagemauer.
Aber hier ist auch der Platz, von dem die Umma, die Gemeinschaft aller Muslime, glaubt, dass Mohammed seine Nachtreise auf einem Schimmel in den Himmel begonnen hat. Der Felsendom mit seiner weithin sichtbaren goldenen Kuppel beherbergt den Opferstein, für die Muslime ein besonderer Ort. Hier soll, so der islamische Glaube, Abraham bereit gewesen sein, seinen Sohn Ismael Gott zu opfern. Die Juden wiederum glauben, dass es Isaak war, der geopfert werden sollte. Für die Muslime ist es ihr drittheiligster Platz nach Mekka und Medina. Hundert Meter südlich des Felsendoms liegt die Al-Aksa-Moschee. Immer wieder kam es hier in der Vergangenheit zu Zusammenstößen zwischen israelischen Extremisten und muslimischen Gläubigen. Orthodoxe Juden kämpfen nach wie vor dafür, dass die Moscheen beseitigt werden und sie den Wiederaufbau des zweiten jüdischen Tempels in Angriff nehmen können.
Avi führte die Truppe an. Sie parkten für eine kurze Pause ihre Autos am Dungtor, eines von acht, die in
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