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Der Lilith Code - Thriller

Der Lilith Code - Thriller

Titel: Der Lilith Code - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Calsow
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Miteinander, die Verbindung der Religion, nicht das Trennende. Wir alle leben auf dem ältesten und gleichzeitig heiligsten Flecken der Menschheit. Hier entstanden die Sprache, das Alphabet, die ersten Städte und, wichtig für Sie als Deutschen, das erste Bier.«
    Alle drei lachten. Jan schaute auf seine Uhr. Er hatte für heute genug von Politik. Er stemmte sich aus seinem Stuhl, verabschiedete sich. Eduard trank den Rest aus Jans Glas.
    Als Jan endlich auf seinem Bett lag, merkte er, dass keiner von ihnen eine Antwort auf die Frage gefunden hatte, die sie sich alle stellten: Warum hatte Yussef sterben sollen?

Mar Musa Ehad, 14. 06., 7.10 Uhr
    Wenn wir vor dem Jüngsten Gericht stehen, geblendet von seiner Herrlichkeit und dem Schrecken, bewundern wir auf der einen Seite die glorifizierten Körper und auf der anderen die ewig Verdammten.
    Aus: Homilie des Heiligen Vaters Johannes Paul II. am 8. April 1994
     
    Jan öffnete die Augen und blickte in das Jüngste Gericht.
    Das Deckenfresko war alt, aber immer noch farbenklar. Es zeigte das Paradies mit einem Thron, darunter Adam und Eva, und auf verschiedenen Ebenen ging es im wahrsten Sinne heilsmäßig bergab. Falsche Mönche und lasterhafte Bischöfe, die Feuerqualen erleiden und bitterlich weinen, und angekettete Frauen und Männer, denen Schlangen durch ihre Sinnesorgane in den Körper eindringen. Jan hatte diese Mischung aus Horror und Heilsversprechen schon immer an den Katholiken geliebt. Er schwang sich aus dem Bett, tapste zu Yussef auf der anderen Seite und fühlte ihm den Puls und die Stirn. Der Junge hatte noch immer Fieber. Kein gutesZeichen. Jan selbst fror. Draußen hörte er leise Schritte. Er zog sich an und lief den Gang hinunter. In der Halle saß Ed und las. Jan gähnte laut.
    »Dir auch einen schönen Morgen, mein Freund«, sagte Ed, ohne aufzublicken.
    »Was liest du denn?«
    »Komm mal her.«
    Jan rieb sich die Augen. »Gibt’s hier Kaffee?«
    »Steht schon da.«
    Jan nahm eine Kanne und goss sich Kaffee in eine auf dem Tisch stehende Tasse. Er bemerkte, dass Ed sich an seinen Sachen zu schaffen gemacht hatte. Aber er kommentierte es vorerst nicht.
    »Das hier befand sich in der Tasche von Yussef«, sagte Ed und schob Jan den ziemlich malträtierten Teil einer Kladde zu, die einen feuerroten Einband besaß, auf dem ein Halbmond gedruckt war. »Und das lag da auch drin. Ist wohl Papyrus.« Jan hielt ein sehr kleines vergilbtes Stück mit arabischen Schriftzeichen vorsichtig in seinen Händen. »Außerdem war da noch dieser Zylinder.«
    Ein vierzig Zentimeter langer Tonbehälter mit Schriftzeichen wippte auf dem Tisch hin und her. Jan hatte so etwas schon einmal gesehen. Aber er konnte sich nicht erinnern wo. »Sieht so aus, als ob unser Freund eine archäologische Sammlung besessen hat.«
    »Aber warum haben die Jungs sie zu ihm in das Loch geworfen? Wenn das Zeug echt ist, kannst du damit auf dem Kunstmarkt eine Menge Geld machen«, meinte Jan. »Die Rolle ist aus Babylonien, glaube ich.«
    Hinter ihm hustete jemand. »Das ist ein Kyros- oder Nabonid-Zylinder.« Alistair war fast lautlos hinter die beiden getreten. »Kyros und Nabonid waren Könige großer Reiche im Zweistromland. Die Babylonier schrieben ihre Regierungserklärungen auf solche Rollen. Auch der Nachfolger des letzten babylonischen Königs Nabonid, der Perser Kyros II., hatte diese Sitte so übernommen. Der Text des Kyros-Zylindersberichtet aus Sicht des Perserkönigs über die Gründe des Sturzes Nabonids. Für die Juden ist der Text extrem wichtig. Weist er doch auf die Gründung eines Tempels in Jerusalem hin. Allerdings glaube ich nicht, dass diese Rolle echt ist.« Alistair nahm sie vom Tisch. »Ich kann es nicht entziffern. Da gibt es Experten. Ist sie echt, ist sie sehr wertvoll. Genau so eine Rolle steht im Britischen Museum in London.«
    Jan war beeindruckt. Der kleine Mönch kannte sich nicht nur mit dem interreligiösen Dialog gut aus. »Zeig mir mal die Kladde.« Eduard schob Jan das Büchlein zu.
    Während Jan den wieder einmal mit Kardamom versetzten Kaffee trank, hob er erstaunt die Augenbrauen. »Das ist ja alles in deutscher Sprache verfasst.« Er blätterte vorsichtig die Seiten durch: extrem eng beschriebene Zeilen, von Zeichnungen und Zahlenkolonnen durchsetzt. Die Schrift wirkte irgendwie gehetzt. »Bevor wir hier in Yussefs Privatschatz weiter herumschnüffeln, möchte ich das weitere Vorgehen mit meinem holländischen James Bond erörtern – gern mit

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