Der Lilith Code - Thriller
wegen ihres Hangs zur Esoterik nicht verlängert. Daraufhin hatte sie in Linz und Umgebung Plakate mit der Aufschrift »Archäologie korrupt« geklebt und sich dann auf eine Reise in den Orient gemacht. Zuletzt hatte es Hinweise auf ihren Verbleib in dersüdanatolischen Stadt Harran gegeben. Dort verloren sich Almuts Spuren.
Ein Zufall hatte Regina zu einem prähistorischen Mondkultplatz nahe der syrischen Grenze geführt. Bei der Befragung der Nomaden, die sich in der Nähe dieses Kultplatzes aufhielten, war sie immer wieder an dem beharrlichen Schweigen der Männer gescheitert. Bei den offiziellen Stellen war sie erst recht auf eine Mauer des Schweigens gestoßen. Eines Morgens hatte sie einen Teil des Tagebuchs von Almut in ihrem Zimmer gefunden. Das Buch war in der Mitte auseinandergerissen worden. Jemand, dessen Identität sie bis heute nicht kannte, wollte ihr einen Hinweis geben. Der letzte Eintrag des Tagebuchs war in Sematar verfasst worden, einer Siedlung in der Ebene nahe der syrischen Grenze. Ein Touristenführer, dessen Namen sie im Tagebuch fand, hatte sie dann auf den italienischen Guru gebracht, der in Aleppo lebte und von dort Jünger für die Kraft des Mondes zu gewinnen versuchte. Oder besser gesagt: Jüngerinnen.
Bei diesem Guru hatte Regina auch ein Amulett Almuts am Hals entdeckt. Doch sie hatte nichts von der Verbindung zwischen ihm und Almut vor seinem tödlichen Sturz aus dem Hotelfenster in Erfahrung bringen können.
Die Reise nach Syrien war eine Tortur gewesen. Die Grenzer, sonst schon recht unfreundlich, waren fürchterlich angespannt, Militär war in großer Stärke aufgefahren.
Regina schrak aus ihren Gedanken auf, als eine Schwester mit einem schwarzen Tschador ihren Namen rief und sie anwies, ihr zu folgen. Beinahe stieß sie mit zwei Typen zusammen, Männer aus dem Westen, die hier auch nicht hingehörten; der eine war blond und stämmig, der andere groß und hager.
Man röntgte ihre Hand. Der Arzt, ein schöner Mann, wie Regina fand, rieb sich vor dem Leuchtkasten, auf dem ihre malträtierten Handwurzelknochen zu sehen waren, den Dreitagebart.
»Wir müssen eine Schiene anlegen«, konnte er noch sagen, dann zerplatzte das Licht vor ihm in Millionen kleiner Glassplitter und veränderte seine feinen und jungen Gesichtszüge in eine blutige Masse aus nacktem Fleisch.
Es war 16.25 Uhr, als die Druckwellen der Bomben auch diesen Teil des Gebäudes erfassten.
Aleppo, 14. 06., 16.30 Uhr
Die primären Verletzungen werden durch die bei der Explosion entstehenden Druckwellen erzeugt. Betroffen sind davon meist Körperteile, die selbst Luft enthalten und die durch den erhöhten Druck komprimiert werden. Typische Verletzungen sind … Thoraxverletzungen, Ruptur der Aleveolen mit nachfolgender Luftembolie, Verbrennungen verschiedenster Grade.
Merke: Es ist möglich, dass der Patient keinerlei äußerlich sichtbaren Verletzungen hat, aber vital be- droht ist.
Rettungsdienst heute, 2007
Nach einem Augenblick der gespenstischen Stille brach das Chaos in dem St. Louis Hospital in der Shal al Bahturi aus. Der Vorplatz des Krankenhauses war überfüllt mit Schwerverletzten. Wimmern und Schreie schallten von Mauer zu Mauer. Insgesamt sechs Bomben waren in kurzer Abfolge explodiert. Die ersten detonierten auf der »Hauptstraße« des Souk, die sich vom Antiochia-Tor bis zur Zitadelle zieht, dem Goldsouk, dem beliebtesten Basar der Touristen, danach im Hauptgebetsraum der Umayyaden-Moschee und in deren Vorraum. Es waren Splitterbomben mit einer so ungeheuren Wucht, die vor allem in der Moschee die für das Nachmittagsgebet versammelten Gläubigen mit unvorstellbarer Grausamkeit traf. Die Bombe am Krankenhaus, in einem Eselkarren unter Altmetall versteckt, hatte noch eineverhältnismäßig geringe Sprengkraft, aber die umherfliegenden Splitter kosteten in der engen Gasse des Souks vielen Menschen das Leben. In Panik liefen Touristen, Händler, Kinder und Alte vom ersten Explosionsort, dem Goldsouk, blutend und schreiend weg. Ihre Panik führte sie zu einem größeren Platz in der Medina. Dort aber wartete die eigentliche Falle. Drei Bomben wurden nacheinander gezündet, die letzte, als sich die ersten Rettungskräfte der Feuerwehr und des Roten Halbmondes schon durch die engen Gassen zu den Verletzten vorgearbeitet hatten.
In der Al Rais-Moschee in der Neustadt sowie in der kleinen Moschee neben dem Krankenhaus verlief es nach einem ähnlichen Muster. Im Gebetsraum zündete die erste
Weitere Kostenlose Bücher